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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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Aus Paris.

Die Mordversuche. -- Fortsetzung des Prozesse Beauvallon. -- Literarische
Neuigkeiten. -- Ein in"t. -- Succeß der Epoche.

Eine Dame aus der Umgebung der Herzogin "ein Orleans erzählte
mir dieser Tage, Louis Philipp habe sich, als er nach dem Attentat in
die Tuilerien zurückkam, sogleich in die Gemächer der Herzogin Helene
begeben. Diese küßte ihm weinend beide Hände. Der König, der sie zu
beruhigen suchte, sagte tröstend und auf ihr Lutherthum anspielend in
deutscher Sprache- Eine feste Burg ist unser Gott! -- Uebrigens
herrschte schon einige Tage vor dem Attentat eine gewisse Aufregung im
Schlosse, weil Louis Philipp im Essen eine Stecknadel gesunden hat.
Das ganze Küchenpersonalc wurde vernommen; aber es fanden sich lau¬
ter Schuldlose und die Stecknadel schien durchaus eine unpolitische zu-
dringliche. Nun aber kam das Attentat dazu und es gibt der kleinen
Nadel eine viel größere Bedeutung. Dies ist die Hauptursache, warum
die Regierungsblätter hinter dem halbwahnsinnigen und liederlichen Le-
comte durchaus einen politischen Zusammenhang suchen. --

Der Prozeß Beauvallon ist noch nicht zu Ende, indem es sich jetzt
herausstellt, daß ein Zeuge zu Gunsten des Angeklagten falsch ausgesagt
hat. ^ Es ist das ein als Spieler und Zuschicker berüchtigter Mensch, der
vorzuglich davon lebt, daß er den herrenlosen Schauspielerinnen Engage¬
ments verschafft -- aber nicht bei den Theatern. Sie sehen, welche Leute
in diesem Prozesse eine Stelle spielten ^- neben Herrn Dumas, über
dessen Pathos vor der Jury man hier lächelt. Der falsche Zeuge wird
wahrscheinlich zu mehrjähriger Galeerenstrafe verurtheilt, während man
die Freisprechung Beauvallons auf sich beruhen lassen wird, obwohl jetzt
wieder ein Marineoffizier auftritt, der da behauptet, er habe mit ange¬
sehen, wie Herr Beauvallon in Gesellschaft seines Sekundanten sich stun¬
denlang im Schießen auf Eier geübt habe. -- Die schöne Colla Doko-


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Aus Paris.

Die Mordversuche. — Fortsetzung des Prozesse Beauvallon. — Literarische
Neuigkeiten. — Ein in«t. — Succeß der Epoche.

Eine Dame aus der Umgebung der Herzogin »ein Orleans erzählte
mir dieser Tage, Louis Philipp habe sich, als er nach dem Attentat in
die Tuilerien zurückkam, sogleich in die Gemächer der Herzogin Helene
begeben. Diese küßte ihm weinend beide Hände. Der König, der sie zu
beruhigen suchte, sagte tröstend und auf ihr Lutherthum anspielend in
deutscher Sprache- Eine feste Burg ist unser Gott! — Uebrigens
herrschte schon einige Tage vor dem Attentat eine gewisse Aufregung im
Schlosse, weil Louis Philipp im Essen eine Stecknadel gesunden hat.
Das ganze Küchenpersonalc wurde vernommen; aber es fanden sich lau¬
ter Schuldlose und die Stecknadel schien durchaus eine unpolitische zu-
dringliche. Nun aber kam das Attentat dazu und es gibt der kleinen
Nadel eine viel größere Bedeutung. Dies ist die Hauptursache, warum
die Regierungsblätter hinter dem halbwahnsinnigen und liederlichen Le-
comte durchaus einen politischen Zusammenhang suchen. —

Der Prozeß Beauvallon ist noch nicht zu Ende, indem es sich jetzt
herausstellt, daß ein Zeuge zu Gunsten des Angeklagten falsch ausgesagt
hat. ^ Es ist das ein als Spieler und Zuschicker berüchtigter Mensch, der
vorzuglich davon lebt, daß er den herrenlosen Schauspielerinnen Engage¬
ments verschafft — aber nicht bei den Theatern. Sie sehen, welche Leute
in diesem Prozesse eine Stelle spielten ^- neben Herrn Dumas, über
dessen Pathos vor der Jury man hier lächelt. Der falsche Zeuge wird
wahrscheinlich zu mehrjähriger Galeerenstrafe verurtheilt, während man
die Freisprechung Beauvallons auf sich beruhen lassen wird, obwohl jetzt
wieder ein Marineoffizier auftritt, der da behauptet, er habe mit ange¬
sehen, wie Herr Beauvallon in Gesellschaft seines Sekundanten sich stun¬
denlang im Schießen auf Eier geübt habe. — Die schöne Colla Doko-


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[0225] T l! g e b u et>. l. Aus Paris. Die Mordversuche. — Fortsetzung des Prozesse Beauvallon. — Literarische Neuigkeiten. — Ein in«t. — Succeß der Epoche. Eine Dame aus der Umgebung der Herzogin »ein Orleans erzählte mir dieser Tage, Louis Philipp habe sich, als er nach dem Attentat in die Tuilerien zurückkam, sogleich in die Gemächer der Herzogin Helene begeben. Diese küßte ihm weinend beide Hände. Der König, der sie zu beruhigen suchte, sagte tröstend und auf ihr Lutherthum anspielend in deutscher Sprache- Eine feste Burg ist unser Gott! — Uebrigens herrschte schon einige Tage vor dem Attentat eine gewisse Aufregung im Schlosse, weil Louis Philipp im Essen eine Stecknadel gesunden hat. Das ganze Küchenpersonalc wurde vernommen; aber es fanden sich lau¬ ter Schuldlose und die Stecknadel schien durchaus eine unpolitische zu- dringliche. Nun aber kam das Attentat dazu und es gibt der kleinen Nadel eine viel größere Bedeutung. Dies ist die Hauptursache, warum die Regierungsblätter hinter dem halbwahnsinnigen und liederlichen Le- comte durchaus einen politischen Zusammenhang suchen. — Der Prozeß Beauvallon ist noch nicht zu Ende, indem es sich jetzt herausstellt, daß ein Zeuge zu Gunsten des Angeklagten falsch ausgesagt hat. ^ Es ist das ein als Spieler und Zuschicker berüchtigter Mensch, der vorzuglich davon lebt, daß er den herrenlosen Schauspielerinnen Engage¬ ments verschafft — aber nicht bei den Theatern. Sie sehen, welche Leute in diesem Prozesse eine Stelle spielten ^- neben Herrn Dumas, über dessen Pathos vor der Jury man hier lächelt. Der falsche Zeuge wird wahrscheinlich zu mehrjähriger Galeerenstrafe verurtheilt, während man die Freisprechung Beauvallons auf sich beruhen lassen wird, obwohl jetzt wieder ein Marineoffizier auftritt, der da behauptet, er habe mit ange¬ sehen, wie Herr Beauvallon in Gesellschaft seines Sekundanten sich stun¬ denlang im Schießen auf Eier geübt habe. — Die schöne Colla Doko-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/225>, abgerufen am 24.11.2024.