Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.Herr Jesus! Sie schlagen schon an die Thüren, ich habe aus Vor¬ Baltz konnte nicht antworten, ein furchtbares Hurrah! das wie "Sie müssen sich, weiß Gott, zeigen!" sagte Baltz und lief, den Da faßte der Fabrikherr den Muth der Verzweiflung und trat "Ihr guten Leute," begann Masser mit zitternder Stimme ^ "Bist Du's," rief sie mit so gellender Stimme, daß die Andern Und ohne auf die schwachen Versuche des Fabrikherrn zu achten, Wrenzbotw, !8i0. II. 27
Herr Jesus! Sie schlagen schon an die Thüren, ich habe aus Vor¬ Baltz konnte nicht antworten, ein furchtbares Hurrah! das wie „Sie müssen sich, weiß Gott, zeigen!" sagte Baltz und lief, den Da faßte der Fabrikherr den Muth der Verzweiflung und trat „Ihr guten Leute," begann Masser mit zitternder Stimme ^ „Bist Du's," rief sie mit so gellender Stimme, daß die Andern Und ohne auf die schwachen Versuche des Fabrikherrn zu achten, Wrenzbotw, !8i0. II. 27
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Herr Jesus! Sie schlagen schon an die Thüren, ich habe aus Vor¬
sicht den Riegel vorgeworfen." — „Nur gleich Polizei und Militär!"
rief der geängstigte Masser. „So lange halten wir sie hin, verspre¬
chen ihnen Alles, was sie wollen wer kann uns zwingen, das
abgetrotzte Versprechen zu halten? Ach Gott! wie sie an der Thüre
toben! Liebster Baltz, gehen Sie doch um Gotteswillen!" — „Kom¬
men Sie mit, Herr Masser. Vor Ihnen haben sie noch Respect." —
„Ich werde mich hüten. Das ist Ihre Sache! Thun Sie, was ich
Ihnen befehle, Herr!"
Baltz konnte nicht antworten, ein furchtbares Hurrah! das wie
ein wildjauchzcnder Zuruf draußen erscholl, machte ihn erblassend ver¬
stummen — aber noch tödtlicher war seines Principals Schreck, als
er seinen eigenen Namen hörte, der von hundert Stimmen draußen
gebrüllt wurde.
„Sie müssen sich, weiß Gott, zeigen!" sagte Baltz und lief, den
Boten durch die Hinterthür nach der Stadt zu schicken. Die ent¬
schlossene Haushälterin hatte ihn aber beim ersten Beginn des Tumults
abgefertigt und kam nun selbst, ihren Herrn zu ermuthigen, daß er wie
ein Mann heraustreten solle, den Sturm zu beschwören. Steine flogen
schon in die Fenster, daß die Scheiben klirrend auf die Dielen stürzten.
Da faßte der Fabrikherr den Muth der Verzweiflung und trat
zu der Thüre, welche die Arbeiter mit heftigen Schlägen erschütterten.
Als sie die Riegel klirren hörten, wichen sie zurück und bei Masser'S
Erscheinung verbreitete sich eine momentane Stille.
„Ihr guten Leute," begann Masser mit zitternder Stimme ^
Aber ein wildes Geschrei unterbrach ihn gleich, Flüche mischten
sich unter die ausschweifendsten Forderungen und ein altes Weib —
Masser erkannte die Wittwe Greschel — sprang ans der Menge her¬
vor, ihm dicht vor das Angesicht, daß er zurückbebte.
„Bist Du's," rief sie mit so gellender Stimme, daß die Andern
allmälig verstummten, um sie zu hören, „bist Du's, der meinen Martin
um sein Geld gebracht hat, der ihn zum Mörder gelogen, auf's Zucht¬
haus gebracht hat und endlich zum Stricke? Heute wollen wir Recht
kriegen! Halloh, Kinder, hier drinnen ist unser Geld, wir Haben's
verdient, wir nehmen's!"
Und ohne auf die schwachen Versuche des Fabrikherrn zu achten,
stürmte die tobende Menge das Halts, während Masser nur durch die
Wrenzbotw, !8i0. II. 27
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