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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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sichtlich adeliger Güter den bürgerlichen Rittern MeklenburgS hin¬
sichtlich politischer Bestrebungen noch viel weiter nach. Sie bilden
eigentlich nur ein Apendir der adeligen Besitzer, der eigentlichen
"Schleswig-Holsteinischen Ritterschaft" und folgen dieser mehren-
theils ganz gutwillig.

Die Adeligen haben hier ein förmliches Corps der Ritterschaft
gebildet und die bürgerlichen haben nicht nur keine Einsprache ge¬
than wie die Meklenburgschen, sondern lassen sich ganz geduldig
als die Außenstehenden "Um, reccpti" bezeichnen. Es gibt hier
auch Jungfrauenkloster wie in Meklenburg und zwar 4 an der
Zahl. Das Klosterrecht haftet ohne Zweifel an den großen privi-
legirten Grundbesitz, aber der Adel hat es an sich gezogen und die
bürgerlichen Ritter haben die Frage nach der Berechtigung zur
Theilnahme noch nie ernstlich in Anregring gebracht, wie die Mek-
lenburger es nicht ohne Erfolg gethan haben. Nur in unbedeu¬
tenden Nebensachen, als bei der Wahl für Aemter in gemeinschaft¬
lichen Angelegenheiten haben die bürgerlichen von der Mehrheit
der Stimme, welche sie auch hier besitzen, Gebrauch gemacht; da¬
gegen haben sie in den Ständeversammlungen wenig geleistet, haben
aber auch wenige einigermaßen befähigte und von einem freien
Geiste beseelte Mitglieder aufzuweisen. Noch weniger freilich habe"
die Adeligen aufzuweisen; sie haben eigentlich nur einen tüchtigen
Charakter, den Prälaten von Preetz, der auch eigentlich alle die
Bürgerlichen aufwiegt und alle leitet. Derselbe ist Aristokrat und
von aristokratischem Stolz beseelt, aber ein Mann von Geist und
bedeutender Bildung, der auch den iwthwendigen Aufforderun-'
gen des Zeitgeistes zur rechten Zeit nachzugeben weiß. Eins
müßten wir aber von unfern adeligen und bürgerlichen Rittern lo¬
ben. Sie haben die Entschädigung, die der Staat ihnen für den
Verlust ihrer Zollfreiheit bewilligte, ungefähr eine halbe Million
Thlr. Preußisch Courant nicht unter sich vertheilt, sondern zu el-,
nem Fonds bestimmt, dessen Revenüen alljährlich zu gemeinnützigen
Zwecken im Lande vertheilt werden sollen. Auch davon ist der
Prälat von Preetz der Urheber und nach seiner Ansicht und An¬
gabe wird gewöhnlich die Verwendung bestimmt. Mail hat in
dieser Hinsicht auszusetzen, daß bis jetzt fast nur materielle Zwecke
Berücksichtigung gefunden haben, hinsichtlich der intellektuellen die


sichtlich adeliger Güter den bürgerlichen Rittern MeklenburgS hin¬
sichtlich politischer Bestrebungen noch viel weiter nach. Sie bilden
eigentlich nur ein Apendir der adeligen Besitzer, der eigentlichen
„Schleswig-Holsteinischen Ritterschaft" und folgen dieser mehren-
theils ganz gutwillig.

Die Adeligen haben hier ein förmliches Corps der Ritterschaft
gebildet und die bürgerlichen haben nicht nur keine Einsprache ge¬
than wie die Meklenburgschen, sondern lassen sich ganz geduldig
als die Außenstehenden „Um, reccpti" bezeichnen. Es gibt hier
auch Jungfrauenkloster wie in Meklenburg und zwar 4 an der
Zahl. Das Klosterrecht haftet ohne Zweifel an den großen privi-
legirten Grundbesitz, aber der Adel hat es an sich gezogen und die
bürgerlichen Ritter haben die Frage nach der Berechtigung zur
Theilnahme noch nie ernstlich in Anregring gebracht, wie die Mek-
lenburger es nicht ohne Erfolg gethan haben. Nur in unbedeu¬
tenden Nebensachen, als bei der Wahl für Aemter in gemeinschaft¬
lichen Angelegenheiten haben die bürgerlichen von der Mehrheit
der Stimme, welche sie auch hier besitzen, Gebrauch gemacht; da¬
gegen haben sie in den Ständeversammlungen wenig geleistet, haben
aber auch wenige einigermaßen befähigte und von einem freien
Geiste beseelte Mitglieder aufzuweisen. Noch weniger freilich habe»
die Adeligen aufzuweisen; sie haben eigentlich nur einen tüchtigen
Charakter, den Prälaten von Preetz, der auch eigentlich alle die
Bürgerlichen aufwiegt und alle leitet. Derselbe ist Aristokrat und
von aristokratischem Stolz beseelt, aber ein Mann von Geist und
bedeutender Bildung, der auch den iwthwendigen Aufforderun-'
gen des Zeitgeistes zur rechten Zeit nachzugeben weiß. Eins
müßten wir aber von unfern adeligen und bürgerlichen Rittern lo¬
ben. Sie haben die Entschädigung, die der Staat ihnen für den
Verlust ihrer Zollfreiheit bewilligte, ungefähr eine halbe Million
Thlr. Preußisch Courant nicht unter sich vertheilt, sondern zu el-,
nem Fonds bestimmt, dessen Revenüen alljährlich zu gemeinnützigen
Zwecken im Lande vertheilt werden sollen. Auch davon ist der
Prälat von Preetz der Urheber und nach seiner Ansicht und An¬
gabe wird gewöhnlich die Verwendung bestimmt. Mail hat in
dieser Hinsicht auszusetzen, daß bis jetzt fast nur materielle Zwecke
Berücksichtigung gefunden haben, hinsichtlich der intellektuellen die


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[0018] sichtlich adeliger Güter den bürgerlichen Rittern MeklenburgS hin¬ sichtlich politischer Bestrebungen noch viel weiter nach. Sie bilden eigentlich nur ein Apendir der adeligen Besitzer, der eigentlichen „Schleswig-Holsteinischen Ritterschaft" und folgen dieser mehren- theils ganz gutwillig. Die Adeligen haben hier ein förmliches Corps der Ritterschaft gebildet und die bürgerlichen haben nicht nur keine Einsprache ge¬ than wie die Meklenburgschen, sondern lassen sich ganz geduldig als die Außenstehenden „Um, reccpti" bezeichnen. Es gibt hier auch Jungfrauenkloster wie in Meklenburg und zwar 4 an der Zahl. Das Klosterrecht haftet ohne Zweifel an den großen privi- legirten Grundbesitz, aber der Adel hat es an sich gezogen und die bürgerlichen Ritter haben die Frage nach der Berechtigung zur Theilnahme noch nie ernstlich in Anregring gebracht, wie die Mek- lenburger es nicht ohne Erfolg gethan haben. Nur in unbedeu¬ tenden Nebensachen, als bei der Wahl für Aemter in gemeinschaft¬ lichen Angelegenheiten haben die bürgerlichen von der Mehrheit der Stimme, welche sie auch hier besitzen, Gebrauch gemacht; da¬ gegen haben sie in den Ständeversammlungen wenig geleistet, haben aber auch wenige einigermaßen befähigte und von einem freien Geiste beseelte Mitglieder aufzuweisen. Noch weniger freilich habe» die Adeligen aufzuweisen; sie haben eigentlich nur einen tüchtigen Charakter, den Prälaten von Preetz, der auch eigentlich alle die Bürgerlichen aufwiegt und alle leitet. Derselbe ist Aristokrat und von aristokratischem Stolz beseelt, aber ein Mann von Geist und bedeutender Bildung, der auch den iwthwendigen Aufforderun-' gen des Zeitgeistes zur rechten Zeit nachzugeben weiß. Eins müßten wir aber von unfern adeligen und bürgerlichen Rittern lo¬ ben. Sie haben die Entschädigung, die der Staat ihnen für den Verlust ihrer Zollfreiheit bewilligte, ungefähr eine halbe Million Thlr. Preußisch Courant nicht unter sich vertheilt, sondern zu el-, nem Fonds bestimmt, dessen Revenüen alljährlich zu gemeinnützigen Zwecken im Lande vertheilt werden sollen. Auch davon ist der Prälat von Preetz der Urheber und nach seiner Ansicht und An¬ gabe wird gewöhnlich die Verwendung bestimmt. Mail hat in dieser Hinsicht auszusetzen, daß bis jetzt fast nur materielle Zwecke Berücksichtigung gefunden haben, hinsichtlich der intellektuellen die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/18>, abgerufen am 24.11.2024.