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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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gegeben werden kann. In den Werkstätten sollen Industriezweige be¬
trieben werden, von deren Betrieb kein Nachtheil für die Interessen¬
ten desselben Gewerbes in der Provinz, in welcher die Besserungsan¬
stalt liegt, zu besorgen wäre. Ein Theil der Gefangenen soll zum
Ackerbau, Wege-, Canalbau u. tgi. verwendet werden. Den Gefan¬
genen soll es verboten sein, die Ursache ihrer Bestrafung einander zu
erzählen; unsittliches oder sonst gefährliches Geschwätz soll strenge be¬
straft werden. Aber körperliche Strafen sollen von der Anstalt gänz¬
lich ausgeschlossen, die Strafen vielmehr auf das Ehrgefühl berechnet
sein. Die erwähnten zehn Klassen sind folgende: Letzte Klasse -- Ein¬
zeleinsperrung bei Tag und Nacht, wobei keine Briefe geschrieben, noch
empfangen werden dürfen lind ein dunkelfarbiges Sträflingshabit ge¬
tragen wird. Neunte Klasse: Einzeleinsperrung Nachts, harte Arbeit,
Stillschweigen außerhalb der Zelle, Kleidung wie bei Klasse 10. Achte
Klasse: Einzeleinsperrung Nachts, gemeinschaftliche Arbeit im Freien
oder in einer Werkstatt, Stillschweigen und Kleidung wie bei den
vorigen. Siebente Klasse: Einzeleinsperrung Nachts, minder harte Arbeit,
eine Stunde Spaziergang, Erlaubniß mit den Gefangenwärtern zu re¬
den, Sonntags an die Angehörigen zu schreiben (doch wird der Sonn¬
tag in der Zelle zugebracht), Kleidung wie bisher, aber mit dunkel¬
blauem Kragen. Sechste Klasse: Schlafen im Schlafsaal, gemein¬
schaftliche Arbeit, Kleider von anderer Farbe als die vorigen Klassen,
Erlaubniß Briefe zu schreiben und zu empfangen, in Gegenwart der
Gefangenwärter auch unter einander zu sprechen, vier Erholungsstun¬
den Sonntags. Fünfte Klasse: Schlaf und Arbeit gemeinschaftlich,
Freiheit zu sprechen, Briefe zu schreiben und zu empfangen, Sonntag
frei, Kleidung wie Klasse 6, aber mit himmelblauem Kragen. Vierte
Klasse: Zu den Vergünstigungen der fünften kommen Musikstunden,
Turnstunden, Befreiung von grober körperlicher Arbeit hinzu, Kleidung
mit hellgrünem Kragen, Knöpfe mit der Inschrift "Hoffnung". Dritte
Klasse: Noch größere Erleichterungen, Inschrift "Besserung", Erlaub¬
niß Sonntags aus der Sparkasse zwei Groschen zu verwenden. Zweite
Klasse: Zu den Vortheilen der Vorigen tritt das Recht hinzu, aus der
Sparkasse die Familie zu unterstützen und sich die Arbeit selber zu
wählen, Kleidung mit rothem Kragen, Inschrift der Knöpfe "Gute
Führung". Erste Klasse: Blaue Kleidung mit weißem Kragen, In¬
schrift der Knöpfe: "Die Gegenwart verwischt das Vergangene". --
Diese Auszüge werden genügen, um das Appert'sche System zu charak-
teristren. Es ist, wie man steht, ein Erziehungssystem. Wie bet aller


gegeben werden kann. In den Werkstätten sollen Industriezweige be¬
trieben werden, von deren Betrieb kein Nachtheil für die Interessen¬
ten desselben Gewerbes in der Provinz, in welcher die Besserungsan¬
stalt liegt, zu besorgen wäre. Ein Theil der Gefangenen soll zum
Ackerbau, Wege-, Canalbau u. tgi. verwendet werden. Den Gefan¬
genen soll es verboten sein, die Ursache ihrer Bestrafung einander zu
erzählen; unsittliches oder sonst gefährliches Geschwätz soll strenge be¬
straft werden. Aber körperliche Strafen sollen von der Anstalt gänz¬
lich ausgeschlossen, die Strafen vielmehr auf das Ehrgefühl berechnet
sein. Die erwähnten zehn Klassen sind folgende: Letzte Klasse — Ein¬
zeleinsperrung bei Tag und Nacht, wobei keine Briefe geschrieben, noch
empfangen werden dürfen lind ein dunkelfarbiges Sträflingshabit ge¬
tragen wird. Neunte Klasse: Einzeleinsperrung Nachts, harte Arbeit,
Stillschweigen außerhalb der Zelle, Kleidung wie bei Klasse 10. Achte
Klasse: Einzeleinsperrung Nachts, gemeinschaftliche Arbeit im Freien
oder in einer Werkstatt, Stillschweigen und Kleidung wie bei den
vorigen. Siebente Klasse: Einzeleinsperrung Nachts, minder harte Arbeit,
eine Stunde Spaziergang, Erlaubniß mit den Gefangenwärtern zu re¬
den, Sonntags an die Angehörigen zu schreiben (doch wird der Sonn¬
tag in der Zelle zugebracht), Kleidung wie bisher, aber mit dunkel¬
blauem Kragen. Sechste Klasse: Schlafen im Schlafsaal, gemein¬
schaftliche Arbeit, Kleider von anderer Farbe als die vorigen Klassen,
Erlaubniß Briefe zu schreiben und zu empfangen, in Gegenwart der
Gefangenwärter auch unter einander zu sprechen, vier Erholungsstun¬
den Sonntags. Fünfte Klasse: Schlaf und Arbeit gemeinschaftlich,
Freiheit zu sprechen, Briefe zu schreiben und zu empfangen, Sonntag
frei, Kleidung wie Klasse 6, aber mit himmelblauem Kragen. Vierte
Klasse: Zu den Vergünstigungen der fünften kommen Musikstunden,
Turnstunden, Befreiung von grober körperlicher Arbeit hinzu, Kleidung
mit hellgrünem Kragen, Knöpfe mit der Inschrift „Hoffnung". Dritte
Klasse: Noch größere Erleichterungen, Inschrift „Besserung", Erlaub¬
niß Sonntags aus der Sparkasse zwei Groschen zu verwenden. Zweite
Klasse: Zu den Vortheilen der Vorigen tritt das Recht hinzu, aus der
Sparkasse die Familie zu unterstützen und sich die Arbeit selber zu
wählen, Kleidung mit rothem Kragen, Inschrift der Knöpfe „Gute
Führung". Erste Klasse: Blaue Kleidung mit weißem Kragen, In¬
schrift der Knöpfe: „Die Gegenwart verwischt das Vergangene". —
Diese Auszüge werden genügen, um das Appert'sche System zu charak-
teristren. Es ist, wie man steht, ein Erziehungssystem. Wie bet aller


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[0170] gegeben werden kann. In den Werkstätten sollen Industriezweige be¬ trieben werden, von deren Betrieb kein Nachtheil für die Interessen¬ ten desselben Gewerbes in der Provinz, in welcher die Besserungsan¬ stalt liegt, zu besorgen wäre. Ein Theil der Gefangenen soll zum Ackerbau, Wege-, Canalbau u. tgi. verwendet werden. Den Gefan¬ genen soll es verboten sein, die Ursache ihrer Bestrafung einander zu erzählen; unsittliches oder sonst gefährliches Geschwätz soll strenge be¬ straft werden. Aber körperliche Strafen sollen von der Anstalt gänz¬ lich ausgeschlossen, die Strafen vielmehr auf das Ehrgefühl berechnet sein. Die erwähnten zehn Klassen sind folgende: Letzte Klasse — Ein¬ zeleinsperrung bei Tag und Nacht, wobei keine Briefe geschrieben, noch empfangen werden dürfen lind ein dunkelfarbiges Sträflingshabit ge¬ tragen wird. Neunte Klasse: Einzeleinsperrung Nachts, harte Arbeit, Stillschweigen außerhalb der Zelle, Kleidung wie bei Klasse 10. Achte Klasse: Einzeleinsperrung Nachts, gemeinschaftliche Arbeit im Freien oder in einer Werkstatt, Stillschweigen und Kleidung wie bei den vorigen. Siebente Klasse: Einzeleinsperrung Nachts, minder harte Arbeit, eine Stunde Spaziergang, Erlaubniß mit den Gefangenwärtern zu re¬ den, Sonntags an die Angehörigen zu schreiben (doch wird der Sonn¬ tag in der Zelle zugebracht), Kleidung wie bisher, aber mit dunkel¬ blauem Kragen. Sechste Klasse: Schlafen im Schlafsaal, gemein¬ schaftliche Arbeit, Kleider von anderer Farbe als die vorigen Klassen, Erlaubniß Briefe zu schreiben und zu empfangen, in Gegenwart der Gefangenwärter auch unter einander zu sprechen, vier Erholungsstun¬ den Sonntags. Fünfte Klasse: Schlaf und Arbeit gemeinschaftlich, Freiheit zu sprechen, Briefe zu schreiben und zu empfangen, Sonntag frei, Kleidung wie Klasse 6, aber mit himmelblauem Kragen. Vierte Klasse: Zu den Vergünstigungen der fünften kommen Musikstunden, Turnstunden, Befreiung von grober körperlicher Arbeit hinzu, Kleidung mit hellgrünem Kragen, Knöpfe mit der Inschrift „Hoffnung". Dritte Klasse: Noch größere Erleichterungen, Inschrift „Besserung", Erlaub¬ niß Sonntags aus der Sparkasse zwei Groschen zu verwenden. Zweite Klasse: Zu den Vortheilen der Vorigen tritt das Recht hinzu, aus der Sparkasse die Familie zu unterstützen und sich die Arbeit selber zu wählen, Kleidung mit rothem Kragen, Inschrift der Knöpfe „Gute Führung". Erste Klasse: Blaue Kleidung mit weißem Kragen, In¬ schrift der Knöpfe: „Die Gegenwart verwischt das Vergangene". — Diese Auszüge werden genügen, um das Appert'sche System zu charak- teristren. Es ist, wie man steht, ein Erziehungssystem. Wie bet aller

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/170>, abgerufen am 24.11.2024.