Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

amtlichen Wirksamkeit und Launenhaftigkeit empfinden zu müssen, wahrend
sich ihre ephemere Existenz fast ausschließend auf dasselbe gründet.

Es haben sich im Schooße dieser jungfräulichen Rechnungsbranche
einige Individuen durch die Unterweisung eines, aus dem Staatsdienste
übergetretenen Rechnungsbeamten ausgebildet, die nun die Träger der
Gesammtthätigkeit derselben bilden und die in ihrem Eigendünkel die
Lehrmeister der ältern, im Rechnungssache erprobten Beamten sein wollen,
während sie kaum vor einem Lustrum eine Idee vom Rechnungswesen
gehabt haben. Ihre Elaborate strotzen von eitlen Redensarten und hoch¬
trabenden Worten über ganz bedeutungslose Dinge und nehmen den Ton
des Schulmeisters gegen seine Schulbcngel an, wodurch eine wirkliche
Landplage von nutzlosen Schreibereien hervorgerufen wird. Freilich ge¬
schieht es größtentheils aus der Absicht, um ein Lebenszeichen zu geben
und um zu zeigen, man esse das Brod nicht umsonst; nun diese
harmlose Freude könnte ihnen wohl gegönnt werden, wenn es nicht in
Verdächtigungen ausartete, wodurch der Credit Anderer beeinträchtigt
wird, denn die nichtssagenden Antrage und kleinlichen Denunciationen
fördern keineswegs die Geschäfte, sondern sind nur darauf berechnet, um
persönliches Ansehen und Vortheil zu gewinnen.

Es ist wirklich beklagenswerth oder vielmehr lächerlich, daß die obere
Behörde auf jeden der Anschläge dieser, in ihrem Fache der Reife noch
entbehrenden Menschen eingeht und ihre Gutachten zur Basis von Re¬
solutionen annimmt, wenn solche auch unpraktisch und zum Theil abge¬
schmackt sind. Die nothwendige Folge davon ist, daß die übrigen Organe
der ständischen Verwaltung descustirt und in ihrem Eifer erkalten gemacht
werden, was üble Wirkungen für den ständischen Dienst nach sich ziehen
-j- * muß.




Verlag von Fr. Ludw. Herbig. -- Redacteur I. Auranda"
Druck von Friedrich Andrä.

amtlichen Wirksamkeit und Launenhaftigkeit empfinden zu müssen, wahrend
sich ihre ephemere Existenz fast ausschließend auf dasselbe gründet.

Es haben sich im Schooße dieser jungfräulichen Rechnungsbranche
einige Individuen durch die Unterweisung eines, aus dem Staatsdienste
übergetretenen Rechnungsbeamten ausgebildet, die nun die Träger der
Gesammtthätigkeit derselben bilden und die in ihrem Eigendünkel die
Lehrmeister der ältern, im Rechnungssache erprobten Beamten sein wollen,
während sie kaum vor einem Lustrum eine Idee vom Rechnungswesen
gehabt haben. Ihre Elaborate strotzen von eitlen Redensarten und hoch¬
trabenden Worten über ganz bedeutungslose Dinge und nehmen den Ton
des Schulmeisters gegen seine Schulbcngel an, wodurch eine wirkliche
Landplage von nutzlosen Schreibereien hervorgerufen wird. Freilich ge¬
schieht es größtentheils aus der Absicht, um ein Lebenszeichen zu geben
und um zu zeigen, man esse das Brod nicht umsonst; nun diese
harmlose Freude könnte ihnen wohl gegönnt werden, wenn es nicht in
Verdächtigungen ausartete, wodurch der Credit Anderer beeinträchtigt
wird, denn die nichtssagenden Antrage und kleinlichen Denunciationen
fördern keineswegs die Geschäfte, sondern sind nur darauf berechnet, um
persönliches Ansehen und Vortheil zu gewinnen.

Es ist wirklich beklagenswerth oder vielmehr lächerlich, daß die obere
Behörde auf jeden der Anschläge dieser, in ihrem Fache der Reife noch
entbehrenden Menschen eingeht und ihre Gutachten zur Basis von Re¬
solutionen annimmt, wenn solche auch unpraktisch und zum Theil abge¬
schmackt sind. Die nothwendige Folge davon ist, daß die übrigen Organe
der ständischen Verwaltung descustirt und in ihrem Eifer erkalten gemacht
werden, was üble Wirkungen für den ständischen Dienst nach sich ziehen
-j- * muß.




Verlag von Fr. Ludw. Herbig. — Redacteur I. Auranda»
Druck von Friedrich Andrä.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0098" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/183119"/>
              <p xml:id="ID_249" prev="#ID_248"> amtlichen Wirksamkeit und Launenhaftigkeit empfinden zu müssen, wahrend<lb/>
sich ihre ephemere Existenz fast ausschließend auf dasselbe gründet.</p><lb/>
              <p xml:id="ID_250"> Es haben sich im Schooße dieser jungfräulichen Rechnungsbranche<lb/>
einige Individuen durch die Unterweisung eines, aus dem Staatsdienste<lb/>
übergetretenen Rechnungsbeamten ausgebildet, die nun die Träger der<lb/>
Gesammtthätigkeit derselben bilden und die in ihrem Eigendünkel die<lb/>
Lehrmeister der ältern, im Rechnungssache erprobten Beamten sein wollen,<lb/>
während sie kaum vor einem Lustrum eine Idee vom Rechnungswesen<lb/>
gehabt haben. Ihre Elaborate strotzen von eitlen Redensarten und hoch¬<lb/>
trabenden Worten über ganz bedeutungslose Dinge und nehmen den Ton<lb/>
des Schulmeisters gegen seine Schulbcngel an, wodurch eine wirkliche<lb/>
Landplage von nutzlosen Schreibereien hervorgerufen wird. Freilich ge¬<lb/>
schieht es größtentheils aus der Absicht, um ein Lebenszeichen zu geben<lb/>
und um zu zeigen, man esse das Brod nicht umsonst; nun diese<lb/>
harmlose Freude könnte ihnen wohl gegönnt werden, wenn es nicht in<lb/>
Verdächtigungen ausartete, wodurch der Credit Anderer beeinträchtigt<lb/>
wird, denn die nichtssagenden Antrage und kleinlichen Denunciationen<lb/>
fördern keineswegs die Geschäfte, sondern sind nur darauf berechnet, um<lb/>
persönliches Ansehen und Vortheil zu gewinnen.</p><lb/>
              <p xml:id="ID_251"> Es ist wirklich beklagenswerth oder vielmehr lächerlich, daß die obere<lb/>
Behörde auf jeden der Anschläge dieser, in ihrem Fache der Reife noch<lb/>
entbehrenden Menschen eingeht und ihre Gutachten zur Basis von Re¬<lb/>
solutionen annimmt, wenn solche auch unpraktisch und zum Theil abge¬<lb/>
schmackt sind. Die nothwendige Folge davon ist, daß die übrigen Organe<lb/>
der ständischen Verwaltung descustirt und in ihrem Eifer erkalten gemacht<lb/>
werden, was üble Wirkungen für den ständischen Dienst nach sich ziehen<lb/><note type="byline"> -j- *</note> muß. </p><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
              <note type="byline"> Verlag von Fr. Ludw. Herbig. &#x2014; Redacteur I. Auranda»<lb/>
Druck von Friedrich Andrä.</note><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0098] amtlichen Wirksamkeit und Launenhaftigkeit empfinden zu müssen, wahrend sich ihre ephemere Existenz fast ausschließend auf dasselbe gründet. Es haben sich im Schooße dieser jungfräulichen Rechnungsbranche einige Individuen durch die Unterweisung eines, aus dem Staatsdienste übergetretenen Rechnungsbeamten ausgebildet, die nun die Träger der Gesammtthätigkeit derselben bilden und die in ihrem Eigendünkel die Lehrmeister der ältern, im Rechnungssache erprobten Beamten sein wollen, während sie kaum vor einem Lustrum eine Idee vom Rechnungswesen gehabt haben. Ihre Elaborate strotzen von eitlen Redensarten und hoch¬ trabenden Worten über ganz bedeutungslose Dinge und nehmen den Ton des Schulmeisters gegen seine Schulbcngel an, wodurch eine wirkliche Landplage von nutzlosen Schreibereien hervorgerufen wird. Freilich ge¬ schieht es größtentheils aus der Absicht, um ein Lebenszeichen zu geben und um zu zeigen, man esse das Brod nicht umsonst; nun diese harmlose Freude könnte ihnen wohl gegönnt werden, wenn es nicht in Verdächtigungen ausartete, wodurch der Credit Anderer beeinträchtigt wird, denn die nichtssagenden Antrage und kleinlichen Denunciationen fördern keineswegs die Geschäfte, sondern sind nur darauf berechnet, um persönliches Ansehen und Vortheil zu gewinnen. Es ist wirklich beklagenswerth oder vielmehr lächerlich, daß die obere Behörde auf jeden der Anschläge dieser, in ihrem Fache der Reife noch entbehrenden Menschen eingeht und ihre Gutachten zur Basis von Re¬ solutionen annimmt, wenn solche auch unpraktisch und zum Theil abge¬ schmackt sind. Die nothwendige Folge davon ist, daß die übrigen Organe der ständischen Verwaltung descustirt und in ihrem Eifer erkalten gemacht werden, was üble Wirkungen für den ständischen Dienst nach sich ziehen -j- * muß. Verlag von Fr. Ludw. Herbig. — Redacteur I. Auranda» Druck von Friedrich Andrä.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/98
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/98>, abgerufen am 24.07.2024.