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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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die Geschäfte der den ständischen Beamten zugewiesenen Sparkassen zu
besorgen, wofür solche ansehnlich, einige selbst mit mehr als 1000 Fi.
E.-M. remunerirt wurden. In Erwägung, daß hierdurch der ständische
Dienst beeinträchtigt werde, ein Argument, das nicht ganz ungegründet
war, da sich zur Bestreitung dieses Geschäfts dermal 21 Individuen als
nothwendig erwiesen, haben die Stände durch einen Beschluß diese An¬
stalt zur Entfernung aus dem ständischen Amthause bestimmt und sie
ist bereits seit Neujahr 1846 unter Wehklagen und Jammer von einer,
und unter Frohlocken von der andern Seite geschieden, indem dieselbe in
einem zu diesem Zwecke eigends um 60,000 Fi. E.-M. angekauften
Hause untergebracht und sehr splendid eingerichtet wurde. Es ist in der
That unbegreiflich, wie die ahnenstolzen Stände einer rcichbemittelten
Provinz dulden, daß die Amtslocalitäten der ständischen Departements
so schofel bestellt sind, daß sie weit zurückbleiben hinter dem Comptoir
des armseligsten Krämers. Die Hauptsteucrcafse der Provinz, die mit
vielen fremden Parteien verkehrt, ist in dieser Beziehung das n<>n i>Ius
indi", denn ihr Mobiliar ist so schlecht und die ganze Räumlichkeit der¬
maßen schmuzig, daß sie dem Eintretenden das Aussehen einer ordinären
Branntweinboutique gewährt, und es dürste eine Ehrensache der Stände
sein, diesen Zustand aufhören zu lassen.

Das in's Leben getretene Departement der Fondsabtheilung ist das
verhätschelte Kind des Tages, dem man ein Relief der Gediegenheit und
Nothwendigkeit zu geben sucht, deren es ohne Zweifel entbehrt und man
ist in einer gewissen Sphäre bemüht, den Ständen gegenüber und dem
Publicum begreiflich zu machen, daß sie es ist, die die Interessen der
Stande eigentlich wahrt, indem diese einer gehörigen Ueberwachung bisher
entbehrten und daß sie zugleich die Providenz ist, unter der sich die Quellen
des Reichthums entwickeln und die Erträgnisse der Fonds mehren, ob¬
wohl diesem ähnliches seither nichts ersichtlich wurde. In dieser Hinsicht
äußert sich somit das Bestreben, diese einfache Revision mit allen Attri¬
buten einer selbstständigen Rechnungsbehörde auszustatten und ihr einen
Wirkungskreis einzuräumen, womit sich kaum die großartige Anstalt des
Staates ähnlicher Art ausgerüstet sieht.

Possierlich ist es anzusehen, wie diese sogenannte censirende Behörde
unter der Aegide ihres Pflegers den andern ständischen Departements
feindlich entgegentritt und bei jeder Gelegenheit den Fehdehandschuh hin¬
wirft, indem sie vor dem Forum ihres Gönners stets Recht behalt, wenn
solches auch offenbar auf Seite der erstem liegt. Absonderlich eines unter
diesen Departements hat das schmähliche Geschick, die ganze Wucht ihrer


die Geschäfte der den ständischen Beamten zugewiesenen Sparkassen zu
besorgen, wofür solche ansehnlich, einige selbst mit mehr als 1000 Fi.
E.-M. remunerirt wurden. In Erwägung, daß hierdurch der ständische
Dienst beeinträchtigt werde, ein Argument, das nicht ganz ungegründet
war, da sich zur Bestreitung dieses Geschäfts dermal 21 Individuen als
nothwendig erwiesen, haben die Stände durch einen Beschluß diese An¬
stalt zur Entfernung aus dem ständischen Amthause bestimmt und sie
ist bereits seit Neujahr 1846 unter Wehklagen und Jammer von einer,
und unter Frohlocken von der andern Seite geschieden, indem dieselbe in
einem zu diesem Zwecke eigends um 60,000 Fi. E.-M. angekauften
Hause untergebracht und sehr splendid eingerichtet wurde. Es ist in der
That unbegreiflich, wie die ahnenstolzen Stände einer rcichbemittelten
Provinz dulden, daß die Amtslocalitäten der ständischen Departements
so schofel bestellt sind, daß sie weit zurückbleiben hinter dem Comptoir
des armseligsten Krämers. Die Hauptsteucrcafse der Provinz, die mit
vielen fremden Parteien verkehrt, ist in dieser Beziehung das n<>n i>Ius
indi», denn ihr Mobiliar ist so schlecht und die ganze Räumlichkeit der¬
maßen schmuzig, daß sie dem Eintretenden das Aussehen einer ordinären
Branntweinboutique gewährt, und es dürste eine Ehrensache der Stände
sein, diesen Zustand aufhören zu lassen.

Das in's Leben getretene Departement der Fondsabtheilung ist das
verhätschelte Kind des Tages, dem man ein Relief der Gediegenheit und
Nothwendigkeit zu geben sucht, deren es ohne Zweifel entbehrt und man
ist in einer gewissen Sphäre bemüht, den Ständen gegenüber und dem
Publicum begreiflich zu machen, daß sie es ist, die die Interessen der
Stande eigentlich wahrt, indem diese einer gehörigen Ueberwachung bisher
entbehrten und daß sie zugleich die Providenz ist, unter der sich die Quellen
des Reichthums entwickeln und die Erträgnisse der Fonds mehren, ob¬
wohl diesem ähnliches seither nichts ersichtlich wurde. In dieser Hinsicht
äußert sich somit das Bestreben, diese einfache Revision mit allen Attri¬
buten einer selbstständigen Rechnungsbehörde auszustatten und ihr einen
Wirkungskreis einzuräumen, womit sich kaum die großartige Anstalt des
Staates ähnlicher Art ausgerüstet sieht.

Possierlich ist es anzusehen, wie diese sogenannte censirende Behörde
unter der Aegide ihres Pflegers den andern ständischen Departements
feindlich entgegentritt und bei jeder Gelegenheit den Fehdehandschuh hin¬
wirft, indem sie vor dem Forum ihres Gönners stets Recht behalt, wenn
solches auch offenbar auf Seite der erstem liegt. Absonderlich eines unter
diesen Departements hat das schmähliche Geschick, die ganze Wucht ihrer


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[0097] die Geschäfte der den ständischen Beamten zugewiesenen Sparkassen zu besorgen, wofür solche ansehnlich, einige selbst mit mehr als 1000 Fi. E.-M. remunerirt wurden. In Erwägung, daß hierdurch der ständische Dienst beeinträchtigt werde, ein Argument, das nicht ganz ungegründet war, da sich zur Bestreitung dieses Geschäfts dermal 21 Individuen als nothwendig erwiesen, haben die Stände durch einen Beschluß diese An¬ stalt zur Entfernung aus dem ständischen Amthause bestimmt und sie ist bereits seit Neujahr 1846 unter Wehklagen und Jammer von einer, und unter Frohlocken von der andern Seite geschieden, indem dieselbe in einem zu diesem Zwecke eigends um 60,000 Fi. E.-M. angekauften Hause untergebracht und sehr splendid eingerichtet wurde. Es ist in der That unbegreiflich, wie die ahnenstolzen Stände einer rcichbemittelten Provinz dulden, daß die Amtslocalitäten der ständischen Departements so schofel bestellt sind, daß sie weit zurückbleiben hinter dem Comptoir des armseligsten Krämers. Die Hauptsteucrcafse der Provinz, die mit vielen fremden Parteien verkehrt, ist in dieser Beziehung das n<>n i>Ius indi», denn ihr Mobiliar ist so schlecht und die ganze Räumlichkeit der¬ maßen schmuzig, daß sie dem Eintretenden das Aussehen einer ordinären Branntweinboutique gewährt, und es dürste eine Ehrensache der Stände sein, diesen Zustand aufhören zu lassen. Das in's Leben getretene Departement der Fondsabtheilung ist das verhätschelte Kind des Tages, dem man ein Relief der Gediegenheit und Nothwendigkeit zu geben sucht, deren es ohne Zweifel entbehrt und man ist in einer gewissen Sphäre bemüht, den Ständen gegenüber und dem Publicum begreiflich zu machen, daß sie es ist, die die Interessen der Stande eigentlich wahrt, indem diese einer gehörigen Ueberwachung bisher entbehrten und daß sie zugleich die Providenz ist, unter der sich die Quellen des Reichthums entwickeln und die Erträgnisse der Fonds mehren, ob¬ wohl diesem ähnliches seither nichts ersichtlich wurde. In dieser Hinsicht äußert sich somit das Bestreben, diese einfache Revision mit allen Attri¬ buten einer selbstständigen Rechnungsbehörde auszustatten und ihr einen Wirkungskreis einzuräumen, womit sich kaum die großartige Anstalt des Staates ähnlicher Art ausgerüstet sieht. Possierlich ist es anzusehen, wie diese sogenannte censirende Behörde unter der Aegide ihres Pflegers den andern ständischen Departements feindlich entgegentritt und bei jeder Gelegenheit den Fehdehandschuh hin¬ wirft, indem sie vor dem Forum ihres Gönners stets Recht behalt, wenn solches auch offenbar auf Seite der erstem liegt. Absonderlich eines unter diesen Departements hat das schmähliche Geschick, die ganze Wucht ihrer

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/97>, abgerufen am 24.07.2024.