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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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lang, 'und ich setzte in zwei Jahren mehr als tausend Thaler dabei
zu. Dies verdroß mich aber noch nicht; ich schloß mit dem Redacteur
abermals einen Contract auf zwei Jahre, in der festen Hoffnung, daß
die gute Sache siegen würde.

Aehnlich wie mit dieser Zeitschrift erging es mir bei einem ande¬
ren belletristischen Verlags-Unternehmen. Ein junger Dichter über¬
gab mir vertrauungsvoll sein Manuskript, mit welchem er schon von
verschiedenen meiner Collegen abgewiesen worden war. Es bestand
aus lyrischen Gedichten. Ich las sie durch, und fand, daß man sie
den besten poetischen Erscheinungen unserer Tage an die Seite stellen
konnte. Ich wies deshalb den Dichter nicht nur nicht zurück, sondern
zahlte ihm sogar ein anständiges Honorar, wofür ich von vielen Col¬
legen für verrückt verschrieen wurde. Der junge Dichter hatte sich
noch nicht durch Beiträge für belletristische Zeitschriften einen Namen
gemacht. Liebte er auch sein Volk und sein Vaterland mit glühender
Seele, so blieb er doch weit davon entfernt, auf eine grelle Weise die
Stichwörter der Zeit anzuwenden, um sich Popularität zu verschaffen.
Ich sandte einige gedruckte Exemplare an einige der ersten Dichter der
Gegenwart mit der Bitte, einige empfehlende Worte darüber zu schrei¬
ben, doch mein Gesuch blieb ohne Erfolg -- die großen Geister moch¬
ten sich zu erhaben fühlen, um sich eines jungen Collegen anzuneh¬
men. Zur Ostermesse erhielt ich denn auch richtig von eintausend
Eremplaren, die ich versandt hatte, neunhundert zurück.

Doch einen Beweis, wie groß meine Ausdauer und meine Zu¬
versicht aus den Sieg der guten Sache damals war, gibt der Muth,
mit dem ich unter so traurigen Erfahrungen dennoch mehrere andere
Werke verlegte, die kein Anderer zu verlegen wagte, namentlich einige
gute Romane. Mehrere Leihbivliothekare schafften sie sich an, und
von da wanderten sie in die Hände von Tausenden eifriger Leser. Der
Absatz war jedoch im Ganzen so gering, daß ich mich endlich ge¬
nöthigt sah, um nicht über die Hälfte der Eremplare auf dem Lager
zu behalten, den Preis derselben auf die Hälfte herabzusetzen. So
erhielt ich wenigstens die Druckkosten, wenn anch nicht das Honorar,
womit ich freigebig war, wieder erstattet.

Doch wozu soll ich all' die Werke herzählen, welche ich in dem
Zeitraum von fünf Jahren verlegte! Kurz, nach dieser Zeit hatte ich
von meinem Vermögen von zehntausend Thalern noch den zehnten
Theil übrig, und die Flügel der Begeisterung waren mir doch endlich
etwas gelähmt. Während dieser Zeit hatte mir nun noch die Liebe


lang, 'und ich setzte in zwei Jahren mehr als tausend Thaler dabei
zu. Dies verdroß mich aber noch nicht; ich schloß mit dem Redacteur
abermals einen Contract auf zwei Jahre, in der festen Hoffnung, daß
die gute Sache siegen würde.

Aehnlich wie mit dieser Zeitschrift erging es mir bei einem ande¬
ren belletristischen Verlags-Unternehmen. Ein junger Dichter über¬
gab mir vertrauungsvoll sein Manuskript, mit welchem er schon von
verschiedenen meiner Collegen abgewiesen worden war. Es bestand
aus lyrischen Gedichten. Ich las sie durch, und fand, daß man sie
den besten poetischen Erscheinungen unserer Tage an die Seite stellen
konnte. Ich wies deshalb den Dichter nicht nur nicht zurück, sondern
zahlte ihm sogar ein anständiges Honorar, wofür ich von vielen Col¬
legen für verrückt verschrieen wurde. Der junge Dichter hatte sich
noch nicht durch Beiträge für belletristische Zeitschriften einen Namen
gemacht. Liebte er auch sein Volk und sein Vaterland mit glühender
Seele, so blieb er doch weit davon entfernt, auf eine grelle Weise die
Stichwörter der Zeit anzuwenden, um sich Popularität zu verschaffen.
Ich sandte einige gedruckte Exemplare an einige der ersten Dichter der
Gegenwart mit der Bitte, einige empfehlende Worte darüber zu schrei¬
ben, doch mein Gesuch blieb ohne Erfolg — die großen Geister moch¬
ten sich zu erhaben fühlen, um sich eines jungen Collegen anzuneh¬
men. Zur Ostermesse erhielt ich denn auch richtig von eintausend
Eremplaren, die ich versandt hatte, neunhundert zurück.

Doch einen Beweis, wie groß meine Ausdauer und meine Zu¬
versicht aus den Sieg der guten Sache damals war, gibt der Muth,
mit dem ich unter so traurigen Erfahrungen dennoch mehrere andere
Werke verlegte, die kein Anderer zu verlegen wagte, namentlich einige
gute Romane. Mehrere Leihbivliothekare schafften sie sich an, und
von da wanderten sie in die Hände von Tausenden eifriger Leser. Der
Absatz war jedoch im Ganzen so gering, daß ich mich endlich ge¬
nöthigt sah, um nicht über die Hälfte der Eremplare auf dem Lager
zu behalten, den Preis derselben auf die Hälfte herabzusetzen. So
erhielt ich wenigstens die Druckkosten, wenn anch nicht das Honorar,
womit ich freigebig war, wieder erstattet.

Doch wozu soll ich all' die Werke herzählen, welche ich in dem
Zeitraum von fünf Jahren verlegte! Kurz, nach dieser Zeit hatte ich
von meinem Vermögen von zehntausend Thalern noch den zehnten
Theil übrig, und die Flügel der Begeisterung waren mir doch endlich
etwas gelähmt. Während dieser Zeit hatte mir nun noch die Liebe


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/538>, abgerufen am 24.07.2024.