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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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ohne Herderfeier sei etwas ganz Anderes und bedürfe jedenfalls einer
genauen Anzeige ihrer Art und Weise und einer speciellen Erlaubniß.

Trotz dieser Nachrichten und trotz der nun zum ersten Male aus¬
gesprochenen Ueberzeugung der Comite-Majorität: es scheine ihr unter
solchen Umständen rathsamer, eine in jedem Betracht unsicher und hoff¬
nungslos gewordene Versammlung zu vertagen, bestand der Literaten-
verein hartnäckig darauf, die Versammlung müsse gehalten werden.

Nun war zwar der Literatenverein nicht derjenige, von dem das
Conn" beauftragt und abhängig war, sondern die erste Schriftsteller¬
versammlung hatte das Comite erwählt und beauftragt, es war ferner
der Literatenverein bei all diesen Berathungen immer nur durch eine
sehr geringe Anzahl seiner Mitglieder, die gewöhnlich nicht die Zahl
von Zehn erreichte, vertreten, es lag also für die Comite-Majorität
keine Nothwendigkeit vor, die Meinung und das Verlangen des also
schwach vertretenen Vereins zu befolgen, im Gegentheile mußte ihr
die an Zahl so geringe Betheiligung des Literatenvereins bei so hoch¬
wichtiger Frage ein neues schlagendes Merkmal sein, wie auffallend
schwach selbst hier der Antheil für die Schriftsteller-Versammlung sich
erweise -- dennoch hielt sie es für angemessen, solch eine Verneinung
zu beachten, da sie doch immer von einer Anzahl derjenigen ausginge,
welche an der ersten allgemeinen Versammlung Theil genommen.
Sie wartete mit Ungeduld auf die Rückkehr des Dr. Kühne, welche
zum 14. September in Aussicht gestellt und nicht erfolgt war. Sie
wollte nicht ohne das dritte Mitglied einen entscheidenden Entschluß
fassen, und doch drängte die Zeit nun außerordentlich. Denn es waren
nur noch etwa vierzehn Tage übrig bis zum 2. October, auf welchen
die Einladungen lauteten, und falls abgesagt werden sollte durch
Zeitungsanzeigen, so war große Eile von Nöthen, da doch im Stillen
ein fern Wohnender andrer Meinung sein konnte, als hundert An¬
dere, an welche man geschrieben hatte und die zum Theil positiv ab¬
geschrieben hatten, znmTheil mit Sicherheit nicht zu erwarten waren.

So lagen die zum Abschluß drängenden Verhältnisse, da kam ein
Brief von zuverlässiger Hand aus Weimar, welcher alle früheren un¬
günstigen Nachrichten nicht nur bestätigte, sondern in den Hauptpunkten
sie als bereits eingetretene Thatsachen meldete: die Herderfeier na¬
mentlich dürfe nicht stattfinden, und die Auspicien für jegliche Art
literarischer Zusammenkunft seien ungünstig und unfreundlich. Man
möchte sich über die Stellung derer, welche sich der Schriftsteller-Ver¬
sammlung wohlwollend gezeigt, nicht Illusionen hingeben. Diese seien


<Srenzb-ten. III. Is4V.

ohne Herderfeier sei etwas ganz Anderes und bedürfe jedenfalls einer
genauen Anzeige ihrer Art und Weise und einer speciellen Erlaubniß.

Trotz dieser Nachrichten und trotz der nun zum ersten Male aus¬
gesprochenen Ueberzeugung der Comite-Majorität: es scheine ihr unter
solchen Umständen rathsamer, eine in jedem Betracht unsicher und hoff¬
nungslos gewordene Versammlung zu vertagen, bestand der Literaten-
verein hartnäckig darauf, die Versammlung müsse gehalten werden.

Nun war zwar der Literatenverein nicht derjenige, von dem das
Conn« beauftragt und abhängig war, sondern die erste Schriftsteller¬
versammlung hatte das Comite erwählt und beauftragt, es war ferner
der Literatenverein bei all diesen Berathungen immer nur durch eine
sehr geringe Anzahl seiner Mitglieder, die gewöhnlich nicht die Zahl
von Zehn erreichte, vertreten, es lag also für die Comite-Majorität
keine Nothwendigkeit vor, die Meinung und das Verlangen des also
schwach vertretenen Vereins zu befolgen, im Gegentheile mußte ihr
die an Zahl so geringe Betheiligung des Literatenvereins bei so hoch¬
wichtiger Frage ein neues schlagendes Merkmal sein, wie auffallend
schwach selbst hier der Antheil für die Schriftsteller-Versammlung sich
erweise — dennoch hielt sie es für angemessen, solch eine Verneinung
zu beachten, da sie doch immer von einer Anzahl derjenigen ausginge,
welche an der ersten allgemeinen Versammlung Theil genommen.
Sie wartete mit Ungeduld auf die Rückkehr des Dr. Kühne, welche
zum 14. September in Aussicht gestellt und nicht erfolgt war. Sie
wollte nicht ohne das dritte Mitglied einen entscheidenden Entschluß
fassen, und doch drängte die Zeit nun außerordentlich. Denn es waren
nur noch etwa vierzehn Tage übrig bis zum 2. October, auf welchen
die Einladungen lauteten, und falls abgesagt werden sollte durch
Zeitungsanzeigen, so war große Eile von Nöthen, da doch im Stillen
ein fern Wohnender andrer Meinung sein konnte, als hundert An¬
dere, an welche man geschrieben hatte und die zum Theil positiv ab¬
geschrieben hatten, znmTheil mit Sicherheit nicht zu erwarten waren.

So lagen die zum Abschluß drängenden Verhältnisse, da kam ein
Brief von zuverlässiger Hand aus Weimar, welcher alle früheren un¬
günstigen Nachrichten nicht nur bestätigte, sondern in den Hauptpunkten
sie als bereits eingetretene Thatsachen meldete: die Herderfeier na¬
mentlich dürfe nicht stattfinden, und die Auspicien für jegliche Art
literarischer Zusammenkunft seien ungünstig und unfreundlich. Man
möchte sich über die Stellung derer, welche sich der Schriftsteller-Ver¬
sammlung wohlwollend gezeigt, nicht Illusionen hingeben. Diese seien


<Srenzb-ten. III. Is4V.
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[0525] ohne Herderfeier sei etwas ganz Anderes und bedürfe jedenfalls einer genauen Anzeige ihrer Art und Weise und einer speciellen Erlaubniß. Trotz dieser Nachrichten und trotz der nun zum ersten Male aus¬ gesprochenen Ueberzeugung der Comite-Majorität: es scheine ihr unter solchen Umständen rathsamer, eine in jedem Betracht unsicher und hoff¬ nungslos gewordene Versammlung zu vertagen, bestand der Literaten- verein hartnäckig darauf, die Versammlung müsse gehalten werden. Nun war zwar der Literatenverein nicht derjenige, von dem das Conn« beauftragt und abhängig war, sondern die erste Schriftsteller¬ versammlung hatte das Comite erwählt und beauftragt, es war ferner der Literatenverein bei all diesen Berathungen immer nur durch eine sehr geringe Anzahl seiner Mitglieder, die gewöhnlich nicht die Zahl von Zehn erreichte, vertreten, es lag also für die Comite-Majorität keine Nothwendigkeit vor, die Meinung und das Verlangen des also schwach vertretenen Vereins zu befolgen, im Gegentheile mußte ihr die an Zahl so geringe Betheiligung des Literatenvereins bei so hoch¬ wichtiger Frage ein neues schlagendes Merkmal sein, wie auffallend schwach selbst hier der Antheil für die Schriftsteller-Versammlung sich erweise — dennoch hielt sie es für angemessen, solch eine Verneinung zu beachten, da sie doch immer von einer Anzahl derjenigen ausginge, welche an der ersten allgemeinen Versammlung Theil genommen. Sie wartete mit Ungeduld auf die Rückkehr des Dr. Kühne, welche zum 14. September in Aussicht gestellt und nicht erfolgt war. Sie wollte nicht ohne das dritte Mitglied einen entscheidenden Entschluß fassen, und doch drängte die Zeit nun außerordentlich. Denn es waren nur noch etwa vierzehn Tage übrig bis zum 2. October, auf welchen die Einladungen lauteten, und falls abgesagt werden sollte durch Zeitungsanzeigen, so war große Eile von Nöthen, da doch im Stillen ein fern Wohnender andrer Meinung sein konnte, als hundert An¬ dere, an welche man geschrieben hatte und die zum Theil positiv ab¬ geschrieben hatten, znmTheil mit Sicherheit nicht zu erwarten waren. So lagen die zum Abschluß drängenden Verhältnisse, da kam ein Brief von zuverlässiger Hand aus Weimar, welcher alle früheren un¬ günstigen Nachrichten nicht nur bestätigte, sondern in den Hauptpunkten sie als bereits eingetretene Thatsachen meldete: die Herderfeier na¬ mentlich dürfe nicht stattfinden, und die Auspicien für jegliche Art literarischer Zusammenkunft seien ungünstig und unfreundlich. Man möchte sich über die Stellung derer, welche sich der Schriftsteller-Ver¬ sammlung wohlwollend gezeigt, nicht Illusionen hingeben. Diese seien <Srenzb-ten. III. Is4V.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/525>, abgerufen am 24.07.2024.