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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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gewinnbringender sind, als die edelsten Metalle. Während oben der
Landmann seine reichen Saaten einerntet, arbeiten unter der Erde
Tausende von Bergleuten; alle Wege ringsum sind von Kohlenfuhren
bedeckt, welche den Fabriken und Hämmern der Umgegend den Brenn¬
stoff zuführen. Wie diese Bergwerke die Landstraßen beleben und
bevölkern, kann man daraus abnehmen, daß eine einzige Meile
Chaussee in dieser Gegend oft 50 -- 60,000 Thlr. an Chausseegeld
einträgt. Der Fiscus kann sich keine bessere Provinz wünschen, als
die Grafschaft Mark, welche an Bergwerkszehnten, an Gewerbe- und
Grundsteuern bedeutende Summen in die herrschaftlichen Cassen liefert.

Der König von Preußen betrachret daher auch seine Mark, die
außer großen Revenüen sich auch noch durch Loyalität und Treue
auszeichnet, mit sichtbarer Vorliebe, und hat deshalb auch bei seiner
ersten Königsreise durch die Provinz im Jahre 1842 den braven
Markanern gelobt, sie nie wieder, wie sein Vater im tilsiter Frieden,
an andere Regenten abzutreten, noch sie umzutauschen oder zu ver¬
kaufen! --

Wenn wir unsere Reise durch die Provinz in derselben Richtung,
die wir bisher eingeschlagen haben, verfolgen, so kommen wir jetzt auf
den sogenannten "Hellweg". Dies ist die fruchtbarste Gegend der
ganzen Provinz, und soll ihren Namen daher führen, daß schon zu
Römerzeiten eine große Heer- und Handelsstraße, ein "Heller Weg"
durch diesen Strich Landes geführt habe, welcher sich die römischen
Feldherren beim Vorrücken in die teutoburger Gebirge bedient hätten.
Diese Gegend, in welcher die Städte Unna, Soest, Hamm und andere
liegen, ist die Kornkammer, nicht nur für ganz Westphalen, sondern
auch für die angrenzenden gebirgigen Länder. Meilenlange Korn- und
Weizenfelder, hier und da durch ein eichenbeschattetes Dorf unter¬
brochen, erfreuen und ermüden das Auge zur selben Zeit; die dichten
Saaten wogen im Sommer wie ein Meer, aus dem die einzelnen
Schlösser, Dörfer und Städte wie Inseln emportauchen. Dieser "Hell¬
weg" producirt zunächst für die gewerbreichen Theile der Grafschaft
Mark das Getreide; Herdicke und sein Fruchtmarkt ist der Vermittler
zwischen der Industrie und dem Ackerbau Westphalens. Zu dieser
Stadt kommen die Bergbewohner 7 -- 8 Meilenweit her, um sich mit
dem nöthigen Getreide zu versehen, so daß die Preise des Getreides
zu Herdicke, die Verschiedenheit des Fuhrlohns abgerechnet, für ganz
Westphalen maßgebend sind.


gewinnbringender sind, als die edelsten Metalle. Während oben der
Landmann seine reichen Saaten einerntet, arbeiten unter der Erde
Tausende von Bergleuten; alle Wege ringsum sind von Kohlenfuhren
bedeckt, welche den Fabriken und Hämmern der Umgegend den Brenn¬
stoff zuführen. Wie diese Bergwerke die Landstraßen beleben und
bevölkern, kann man daraus abnehmen, daß eine einzige Meile
Chaussee in dieser Gegend oft 50 — 60,000 Thlr. an Chausseegeld
einträgt. Der Fiscus kann sich keine bessere Provinz wünschen, als
die Grafschaft Mark, welche an Bergwerkszehnten, an Gewerbe- und
Grundsteuern bedeutende Summen in die herrschaftlichen Cassen liefert.

Der König von Preußen betrachret daher auch seine Mark, die
außer großen Revenüen sich auch noch durch Loyalität und Treue
auszeichnet, mit sichtbarer Vorliebe, und hat deshalb auch bei seiner
ersten Königsreise durch die Provinz im Jahre 1842 den braven
Markanern gelobt, sie nie wieder, wie sein Vater im tilsiter Frieden,
an andere Regenten abzutreten, noch sie umzutauschen oder zu ver¬
kaufen! —

Wenn wir unsere Reise durch die Provinz in derselben Richtung,
die wir bisher eingeschlagen haben, verfolgen, so kommen wir jetzt auf
den sogenannten „Hellweg". Dies ist die fruchtbarste Gegend der
ganzen Provinz, und soll ihren Namen daher führen, daß schon zu
Römerzeiten eine große Heer- und Handelsstraße, ein „Heller Weg"
durch diesen Strich Landes geführt habe, welcher sich die römischen
Feldherren beim Vorrücken in die teutoburger Gebirge bedient hätten.
Diese Gegend, in welcher die Städte Unna, Soest, Hamm und andere
liegen, ist die Kornkammer, nicht nur für ganz Westphalen, sondern
auch für die angrenzenden gebirgigen Länder. Meilenlange Korn- und
Weizenfelder, hier und da durch ein eichenbeschattetes Dorf unter¬
brochen, erfreuen und ermüden das Auge zur selben Zeit; die dichten
Saaten wogen im Sommer wie ein Meer, aus dem die einzelnen
Schlösser, Dörfer und Städte wie Inseln emportauchen. Dieser „Hell¬
weg" producirt zunächst für die gewerbreichen Theile der Grafschaft
Mark das Getreide; Herdicke und sein Fruchtmarkt ist der Vermittler
zwischen der Industrie und dem Ackerbau Westphalens. Zu dieser
Stadt kommen die Bergbewohner 7 — 8 Meilenweit her, um sich mit
dem nöthigen Getreide zu versehen, so daß die Preise des Getreides
zu Herdicke, die Verschiedenheit des Fuhrlohns abgerechnet, für ganz
Westphalen maßgebend sind.


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[0466] gewinnbringender sind, als die edelsten Metalle. Während oben der Landmann seine reichen Saaten einerntet, arbeiten unter der Erde Tausende von Bergleuten; alle Wege ringsum sind von Kohlenfuhren bedeckt, welche den Fabriken und Hämmern der Umgegend den Brenn¬ stoff zuführen. Wie diese Bergwerke die Landstraßen beleben und bevölkern, kann man daraus abnehmen, daß eine einzige Meile Chaussee in dieser Gegend oft 50 — 60,000 Thlr. an Chausseegeld einträgt. Der Fiscus kann sich keine bessere Provinz wünschen, als die Grafschaft Mark, welche an Bergwerkszehnten, an Gewerbe- und Grundsteuern bedeutende Summen in die herrschaftlichen Cassen liefert. Der König von Preußen betrachret daher auch seine Mark, die außer großen Revenüen sich auch noch durch Loyalität und Treue auszeichnet, mit sichtbarer Vorliebe, und hat deshalb auch bei seiner ersten Königsreise durch die Provinz im Jahre 1842 den braven Markanern gelobt, sie nie wieder, wie sein Vater im tilsiter Frieden, an andere Regenten abzutreten, noch sie umzutauschen oder zu ver¬ kaufen! — Wenn wir unsere Reise durch die Provinz in derselben Richtung, die wir bisher eingeschlagen haben, verfolgen, so kommen wir jetzt auf den sogenannten „Hellweg". Dies ist die fruchtbarste Gegend der ganzen Provinz, und soll ihren Namen daher führen, daß schon zu Römerzeiten eine große Heer- und Handelsstraße, ein „Heller Weg" durch diesen Strich Landes geführt habe, welcher sich die römischen Feldherren beim Vorrücken in die teutoburger Gebirge bedient hätten. Diese Gegend, in welcher die Städte Unna, Soest, Hamm und andere liegen, ist die Kornkammer, nicht nur für ganz Westphalen, sondern auch für die angrenzenden gebirgigen Länder. Meilenlange Korn- und Weizenfelder, hier und da durch ein eichenbeschattetes Dorf unter¬ brochen, erfreuen und ermüden das Auge zur selben Zeit; die dichten Saaten wogen im Sommer wie ein Meer, aus dem die einzelnen Schlösser, Dörfer und Städte wie Inseln emportauchen. Dieser „Hell¬ weg" producirt zunächst für die gewerbreichen Theile der Grafschaft Mark das Getreide; Herdicke und sein Fruchtmarkt ist der Vermittler zwischen der Industrie und dem Ackerbau Westphalens. Zu dieser Stadt kommen die Bergbewohner 7 — 8 Meilenweit her, um sich mit dem nöthigen Getreide zu versehen, so daß die Preise des Getreides zu Herdicke, die Verschiedenheit des Fuhrlohns abgerechnet, für ganz Westphalen maßgebend sind.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/466>, abgerufen am 24.07.2024.