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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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Büky bis auf den letzten Augenblick sich auf den Luchesischen Hof beruft, und
immer sagt, daß, wenn der Prinz von Lucca nach Wien kommen werde,
sich Alles aufklären würde, bedenkt man ferner, daß der hiesige französische Ge¬
sandte das Diplom der Ehrenlegion -- merkwürdigerweise ist dieses in dem
obigen Ordensverzeichnisse ausgelassen -- für acht erklärte, so kommt man
unwillkürlich auf die Vermuthung, daß Büky in eine Intrigue ver¬
C. C. C. wickelt ist, deren Opfer er geworden*).



*) Gleichzeitig kommt uns von einer andern Seite folgende Berichtigung zu:
Der Bericht, den Ihre geschätzten Grenzboten in No. 31 über or. Wiesner's Ver-
urtheilung brachten, bedarf der Berichtigung, indem bei aller gesinnungsvollen
Wohlmeinung Ihr ehrenwerther Korrespondent die Sache so auffaßt, wie sie nickt
aufgefaßt werden darf, wenn unsere Preßzustände, an deren Richtung Ihnen selbst
so viel gelegen ist, nicht in einem falschen Lichte erscheinen sollen. Jener Corresp.
fragt mit Beziehung auf die Wiesner zuerkannte Strafe: "Warum nicht die
"ganze Wucht, die ganze Consequenz Eures Gesetzes? Weil Ihr selbst einsehe,
"daß dieses veraltet ist, weil sogar Euer eigenes Aeitbcwußtsein so weit gediehen
"ist, daß Ihr die Absurdität dieser alten Norm anerkennt. So ändert sie! Geht
"grade aus.... Nicht Milde, nicht Großmuth, Gerechtigkeit übt! u. s. w. --"
Ihr Corresp. ist demnach der Ansicht, daß man um Großmuth zu üben, hier das
Gesetz gebeugt habe. Diese Ansicht fordert eine Widerlegung. Abgesehen, daß bei
den ganz eigenthümlichen Umständen, welche ein solches Verfahren in Oesterreich
charakterisiren -- denken Sie nur an die bis in die Wohnung des Schriftstellers
dringenden Agenten der Geheimpolizei, die ihn durch ihre ungeschickten zudringli-
chen Fragen beim "Hausmeister" in den Verdacht bringen, daß es sich hier um
ein gemeines Verbrechen handle -- von Großmuth gar keine Rede sein kann, ab-'
gesehen ferner, daß Wiesner schon dadurch, daß er in keinem inländischen oder im
Inlande verbreiteten auswärtigen Blatte seinen Leumund gegen die maßlosen An¬
griffe einer weitverbreiteten Zeitung vertheidigen durfte, über alles Maß der
strafenden Gerechtigkeit gebüßt worden; so strafte man hier nicht, um wenigstens
die gesetzliche Form zu retten, wie der Corresp. meint, sondern die Strafe ward
geradezu gegen die Vorschrift des Gesetzes verhängt, und dies wäre auch der Fall
gewesen, wenn sich die Berurtheilung statt auf 24 Stunden, nur auf ebenso viele
Secunden erstreckt hätte. Der Contravenient wurde nämlich zur Untersuchung gezogen, als bereits sein
Ccnsurvergehon durch die Verjährung, die gesetzlich Untersuchung und Strafe auf¬
hebt, erloschen war. Die mehr als hinlänglich erwiesene Einwendung der Verjäh¬
rung würdigte der inquirirende Magiftratsrath so vollkommen, daß er, so oft der
Beschuldigte das Wort Untersuchung in seiner Aussage zu Protocoll dictirte, diesen
Ausdruck durch c o in miss lo n el le Verhandlung ersetzen ließ. Als nichts¬
destoweniger der Magistrat den Schriftsteller schuldig erklärt, und zu einer Geld¬
buße von fünf Ducaten verurtheilt hatte -- ein Erkenntniß, das die Landesstellc
bestätigte -- meldete er den Recurs an, und bat zugleich um Herausgabe der
Beweggründe des Urtheils. Diese erfolgte. Das betreffende Aktenstück enthielt
aber keine Entkräftung, ja nicht einmal eine Erwähnung der gemachten Einwen¬
dung der Verjährung, so wichtig sie auch war, sondern gab als einzigen Beweg¬
grund an, daß der Verurtheilte gestanden hahe, ohne österreichische Censur zwei
Schriften in Druck gelegt zu haben, und daher nach dem betreffenden Hofvecrete
eines Censurvergehens schuldig sei. In der Nccursschrift an die politische Hof¬
stelle gab Wiesner wiederholt zu, daß er gegen das Gesetz gehandelt habe, beklagte
sich jedoch, daß auf die Verjährung, durch die gesetzlich Untersuchung und Strafe
erlischt, und die er abermals sehr genau berechnete, keine Rücksicht genommen wor¬
den, weshalb er um Lossprechung oder doch Aufhebung der gegen die Vorschrift
des Gesetzes verhängten Untersuchung ansuchte. Dieser Recurs wurde verworfen,
und die so wichtige Einwendung der Verjährung abermals weder e,"er Erdkraft

Büky bis auf den letzten Augenblick sich auf den Luchesischen Hof beruft, und
immer sagt, daß, wenn der Prinz von Lucca nach Wien kommen werde,
sich Alles aufklären würde, bedenkt man ferner, daß der hiesige französische Ge¬
sandte das Diplom der Ehrenlegion — merkwürdigerweise ist dieses in dem
obigen Ordensverzeichnisse ausgelassen — für acht erklärte, so kommt man
unwillkürlich auf die Vermuthung, daß Büky in eine Intrigue ver¬
C. C. C. wickelt ist, deren Opfer er geworden*).



*) Gleichzeitig kommt uns von einer andern Seite folgende Berichtigung zu:
Der Bericht, den Ihre geschätzten Grenzboten in No. 31 über or. Wiesner's Ver-
urtheilung brachten, bedarf der Berichtigung, indem bei aller gesinnungsvollen
Wohlmeinung Ihr ehrenwerther Korrespondent die Sache so auffaßt, wie sie nickt
aufgefaßt werden darf, wenn unsere Preßzustände, an deren Richtung Ihnen selbst
so viel gelegen ist, nicht in einem falschen Lichte erscheinen sollen. Jener Corresp.
fragt mit Beziehung auf die Wiesner zuerkannte Strafe: „Warum nicht die
„ganze Wucht, die ganze Consequenz Eures Gesetzes? Weil Ihr selbst einsehe,
„daß dieses veraltet ist, weil sogar Euer eigenes Aeitbcwußtsein so weit gediehen
„ist, daß Ihr die Absurdität dieser alten Norm anerkennt. So ändert sie! Geht
„grade aus.... Nicht Milde, nicht Großmuth, Gerechtigkeit übt! u. s. w. —"
Ihr Corresp. ist demnach der Ansicht, daß man um Großmuth zu üben, hier das
Gesetz gebeugt habe. Diese Ansicht fordert eine Widerlegung. Abgesehen, daß bei
den ganz eigenthümlichen Umständen, welche ein solches Verfahren in Oesterreich
charakterisiren — denken Sie nur an die bis in die Wohnung des Schriftstellers
dringenden Agenten der Geheimpolizei, die ihn durch ihre ungeschickten zudringli-
chen Fragen beim „Hausmeister" in den Verdacht bringen, daß es sich hier um
ein gemeines Verbrechen handle — von Großmuth gar keine Rede sein kann, ab-'
gesehen ferner, daß Wiesner schon dadurch, daß er in keinem inländischen oder im
Inlande verbreiteten auswärtigen Blatte seinen Leumund gegen die maßlosen An¬
griffe einer weitverbreiteten Zeitung vertheidigen durfte, über alles Maß der
strafenden Gerechtigkeit gebüßt worden; so strafte man hier nicht, um wenigstens
die gesetzliche Form zu retten, wie der Corresp. meint, sondern die Strafe ward
geradezu gegen die Vorschrift des Gesetzes verhängt, und dies wäre auch der Fall
gewesen, wenn sich die Berurtheilung statt auf 24 Stunden, nur auf ebenso viele
Secunden erstreckt hätte. Der Contravenient wurde nämlich zur Untersuchung gezogen, als bereits sein
Ccnsurvergehon durch die Verjährung, die gesetzlich Untersuchung und Strafe auf¬
hebt, erloschen war. Die mehr als hinlänglich erwiesene Einwendung der Verjäh¬
rung würdigte der inquirirende Magiftratsrath so vollkommen, daß er, so oft der
Beschuldigte das Wort Untersuchung in seiner Aussage zu Protocoll dictirte, diesen
Ausdruck durch c o in miss lo n el le Verhandlung ersetzen ließ. Als nichts¬
destoweniger der Magistrat den Schriftsteller schuldig erklärt, und zu einer Geld¬
buße von fünf Ducaten verurtheilt hatte — ein Erkenntniß, das die Landesstellc
bestätigte — meldete er den Recurs an, und bat zugleich um Herausgabe der
Beweggründe des Urtheils. Diese erfolgte. Das betreffende Aktenstück enthielt
aber keine Entkräftung, ja nicht einmal eine Erwähnung der gemachten Einwen¬
dung der Verjährung, so wichtig sie auch war, sondern gab als einzigen Beweg¬
grund an, daß der Verurtheilte gestanden hahe, ohne österreichische Censur zwei
Schriften in Druck gelegt zu haben, und daher nach dem betreffenden Hofvecrete
eines Censurvergehens schuldig sei. In der Nccursschrift an die politische Hof¬
stelle gab Wiesner wiederholt zu, daß er gegen das Gesetz gehandelt habe, beklagte
sich jedoch, daß auf die Verjährung, durch die gesetzlich Untersuchung und Strafe
erlischt, und die er abermals sehr genau berechnete, keine Rücksicht genommen wor¬
den, weshalb er um Lossprechung oder doch Aufhebung der gegen die Vorschrift
des Gesetzes verhängten Untersuchung ansuchte. Dieser Recurs wurde verworfen,
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[0442] Büky bis auf den letzten Augenblick sich auf den Luchesischen Hof beruft, und immer sagt, daß, wenn der Prinz von Lucca nach Wien kommen werde, sich Alles aufklären würde, bedenkt man ferner, daß der hiesige französische Ge¬ sandte das Diplom der Ehrenlegion — merkwürdigerweise ist dieses in dem obigen Ordensverzeichnisse ausgelassen — für acht erklärte, so kommt man unwillkürlich auf die Vermuthung, daß Büky in eine Intrigue ver¬ C. C. C. wickelt ist, deren Opfer er geworden*). *) Gleichzeitig kommt uns von einer andern Seite folgende Berichtigung zu: Der Bericht, den Ihre geschätzten Grenzboten in No. 31 über or. Wiesner's Ver- urtheilung brachten, bedarf der Berichtigung, indem bei aller gesinnungsvollen Wohlmeinung Ihr ehrenwerther Korrespondent die Sache so auffaßt, wie sie nickt aufgefaßt werden darf, wenn unsere Preßzustände, an deren Richtung Ihnen selbst so viel gelegen ist, nicht in einem falschen Lichte erscheinen sollen. Jener Corresp. fragt mit Beziehung auf die Wiesner zuerkannte Strafe: „Warum nicht die „ganze Wucht, die ganze Consequenz Eures Gesetzes? Weil Ihr selbst einsehe, „daß dieses veraltet ist, weil sogar Euer eigenes Aeitbcwußtsein so weit gediehen „ist, daß Ihr die Absurdität dieser alten Norm anerkennt. So ändert sie! Geht „grade aus.... Nicht Milde, nicht Großmuth, Gerechtigkeit übt! u. s. w. —" Ihr Corresp. ist demnach der Ansicht, daß man um Großmuth zu üben, hier das Gesetz gebeugt habe. Diese Ansicht fordert eine Widerlegung. Abgesehen, daß bei den ganz eigenthümlichen Umständen, welche ein solches Verfahren in Oesterreich charakterisiren — denken Sie nur an die bis in die Wohnung des Schriftstellers dringenden Agenten der Geheimpolizei, die ihn durch ihre ungeschickten zudringli- chen Fragen beim „Hausmeister" in den Verdacht bringen, daß es sich hier um ein gemeines Verbrechen handle — von Großmuth gar keine Rede sein kann, ab-' gesehen ferner, daß Wiesner schon dadurch, daß er in keinem inländischen oder im Inlande verbreiteten auswärtigen Blatte seinen Leumund gegen die maßlosen An¬ griffe einer weitverbreiteten Zeitung vertheidigen durfte, über alles Maß der strafenden Gerechtigkeit gebüßt worden; so strafte man hier nicht, um wenigstens die gesetzliche Form zu retten, wie der Corresp. meint, sondern die Strafe ward geradezu gegen die Vorschrift des Gesetzes verhängt, und dies wäre auch der Fall gewesen, wenn sich die Berurtheilung statt auf 24 Stunden, nur auf ebenso viele Secunden erstreckt hätte. Der Contravenient wurde nämlich zur Untersuchung gezogen, als bereits sein Ccnsurvergehon durch die Verjährung, die gesetzlich Untersuchung und Strafe auf¬ hebt, erloschen war. Die mehr als hinlänglich erwiesene Einwendung der Verjäh¬ rung würdigte der inquirirende Magiftratsrath so vollkommen, daß er, so oft der Beschuldigte das Wort Untersuchung in seiner Aussage zu Protocoll dictirte, diesen Ausdruck durch c o in miss lo n el le Verhandlung ersetzen ließ. Als nichts¬ destoweniger der Magistrat den Schriftsteller schuldig erklärt, und zu einer Geld¬ buße von fünf Ducaten verurtheilt hatte — ein Erkenntniß, das die Landesstellc bestätigte — meldete er den Recurs an, und bat zugleich um Herausgabe der Beweggründe des Urtheils. Diese erfolgte. Das betreffende Aktenstück enthielt aber keine Entkräftung, ja nicht einmal eine Erwähnung der gemachten Einwen¬ dung der Verjährung, so wichtig sie auch war, sondern gab als einzigen Beweg¬ grund an, daß der Verurtheilte gestanden hahe, ohne österreichische Censur zwei Schriften in Druck gelegt zu haben, und daher nach dem betreffenden Hofvecrete eines Censurvergehens schuldig sei. In der Nccursschrift an die politische Hof¬ stelle gab Wiesner wiederholt zu, daß er gegen das Gesetz gehandelt habe, beklagte sich jedoch, daß auf die Verjährung, durch die gesetzlich Untersuchung und Strafe erlischt, und die er abermals sehr genau berechnete, keine Rücksicht genommen wor¬ den, weshalb er um Lossprechung oder doch Aufhebung der gegen die Vorschrift des Gesetzes verhängten Untersuchung ansuchte. Dieser Recurs wurde verworfen, und die so wichtige Einwendung der Verjährung abermals weder e,»er Erdkraft

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/442>, abgerufen am 24.07.2024.