Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.das erfordert neue Mittel und Kräfte, das erfordert neue Vorberei¬ Hamburg gilt in Dingen der Politik allgemein für tonlos und das erfordert neue Mittel und Kräfte, das erfordert neue Vorberei¬ Hamburg gilt in Dingen der Politik allgemein für tonlos und <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0437" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/183458"/> <p xml:id="ID_1284" prev="#ID_1283"> das erfordert neue Mittel und Kräfte, das erfordert neue Vorberei¬<lb/> tungen und Opfer, wenigstens auf einige Jahre; und darum beschützt,<lb/> begünstigt man lieber alle Vorurtheile, unterdrückt die heimischen Hand¬<lb/> werker und Arbeiter sogar, die in deutscher Concurrenz durch sich selbst<lb/> etwas geworden, aus Liebedienerei und Bereitwilligkeit gegen englische<lb/> Interessen! Hamburg's Würde und Krone, Hamburg's Verdienst und<lb/> Glanz ist der überseeische Großhandel, der Verkehr mit den fernen<lb/> Ländern alter und neuer Welt, und dieser Glanz, diese Krone soll und<lb/> muß ihm bleiben, aber die unbedingte Hingabe an England muß es<lb/> mehr und mehr fahren lassen, es muß sich wahrhaft verbrüdern und<lb/> vergeistigen zu dem Ende mit der Idee einer großen, majestätischen<lb/> deutschen Handelsflotte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1285" next="#ID_1286"> Hamburg gilt in Dingen der Politik allgemein für tonlos und<lb/> farblos; man ist oft genöthigt, ihm die politische Gleichgiltigkeit und<lb/> Indolenz nachzuweisen, allein — man schweigt aus Rücksicht gegen<lb/> die Weltstadt und die von ihr genährten Vorurtheile, welche doch bis¬<lb/> her so Manchem Glück und Segen gebracht haben. Ein deutsches<lb/> Hamburg, ein politisches Hamburg gibt es nicht. Hamburg's Politik<lb/> ist der Handel und dessen Vortheil. Wenn nun aber das kleine leben¬<lb/> dige Holstein so gesinnungstüchtig sich gegen das Dänenthum erweist<lb/> und darum die allgemeinste Anerkennung verdient, soll man an das<lb/> englisch gesinnte, Englisches beschützende Hamburg nicht endlich ähnliche<lb/> Ansprüche und Forderungen machen, soll man endlich auch nicht von<lb/> ihm verlangen können, daß es ein politisches Lebenszeichen von sich<lb/> gebe, daß es deutsch denke, fühle und handle, daß es weniger eine<lb/> partielle als objective Größe erstrebe? Als ein Zeichen, als ein Pro¬<lb/> dukt dieser subjektiven Uebermacht kann man das Moment in dem<lb/> jüngst erfolgten Bankerott von Hincke <K Comp. betrachten, wobei<lb/> die sächsischen und schlesischen Fabrikanten gegen die englischen Facto-<lb/> ren so bedeutend verloren haben. Die große Ungleichheit der Handels-<lb/> Concurrenz hat hier nothwendig den Einzelnendie Schlappe beigebracht.<lb/> Verdient Deutschland etwa die Zurücksetzung und die tausend Nach¬<lb/> theile, in die es gegenüber den englischen Interessen gestellt wird?<lb/> Vergißt man, wie das gesammte Deutschland beim Hamburger Brande<lb/> es besser als das immer bediente England unterstützt und geehrt hat<lb/> durch unerhörte Theilnahme! Was hat Hamburg gethan für solche<lb/> -Theilnahme? Nichts. Nichts? wird man hierorts fragen. Hat Ham¬<lb/> burg nicht schon so oft wieder bei Brandschäden gesteuert, hat es nicht so</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0437]
das erfordert neue Mittel und Kräfte, das erfordert neue Vorberei¬
tungen und Opfer, wenigstens auf einige Jahre; und darum beschützt,
begünstigt man lieber alle Vorurtheile, unterdrückt die heimischen Hand¬
werker und Arbeiter sogar, die in deutscher Concurrenz durch sich selbst
etwas geworden, aus Liebedienerei und Bereitwilligkeit gegen englische
Interessen! Hamburg's Würde und Krone, Hamburg's Verdienst und
Glanz ist der überseeische Großhandel, der Verkehr mit den fernen
Ländern alter und neuer Welt, und dieser Glanz, diese Krone soll und
muß ihm bleiben, aber die unbedingte Hingabe an England muß es
mehr und mehr fahren lassen, es muß sich wahrhaft verbrüdern und
vergeistigen zu dem Ende mit der Idee einer großen, majestätischen
deutschen Handelsflotte.
Hamburg gilt in Dingen der Politik allgemein für tonlos und
farblos; man ist oft genöthigt, ihm die politische Gleichgiltigkeit und
Indolenz nachzuweisen, allein — man schweigt aus Rücksicht gegen
die Weltstadt und die von ihr genährten Vorurtheile, welche doch bis¬
her so Manchem Glück und Segen gebracht haben. Ein deutsches
Hamburg, ein politisches Hamburg gibt es nicht. Hamburg's Politik
ist der Handel und dessen Vortheil. Wenn nun aber das kleine leben¬
dige Holstein so gesinnungstüchtig sich gegen das Dänenthum erweist
und darum die allgemeinste Anerkennung verdient, soll man an das
englisch gesinnte, Englisches beschützende Hamburg nicht endlich ähnliche
Ansprüche und Forderungen machen, soll man endlich auch nicht von
ihm verlangen können, daß es ein politisches Lebenszeichen von sich
gebe, daß es deutsch denke, fühle und handle, daß es weniger eine
partielle als objective Größe erstrebe? Als ein Zeichen, als ein Pro¬
dukt dieser subjektiven Uebermacht kann man das Moment in dem
jüngst erfolgten Bankerott von Hincke <K Comp. betrachten, wobei
die sächsischen und schlesischen Fabrikanten gegen die englischen Facto-
ren so bedeutend verloren haben. Die große Ungleichheit der Handels-
Concurrenz hat hier nothwendig den Einzelnendie Schlappe beigebracht.
Verdient Deutschland etwa die Zurücksetzung und die tausend Nach¬
theile, in die es gegenüber den englischen Interessen gestellt wird?
Vergißt man, wie das gesammte Deutschland beim Hamburger Brande
es besser als das immer bediente England unterstützt und geehrt hat
durch unerhörte Theilnahme! Was hat Hamburg gethan für solche
-Theilnahme? Nichts. Nichts? wird man hierorts fragen. Hat Ham¬
burg nicht schon so oft wieder bei Brandschäden gesteuert, hat es nicht so
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