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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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Ware. Schwerlich möchte indeß das freie Schalten irgendwo bedenk¬
licher in seinen Folgen werden, als im Waldwesen und was darauf
Bezug nimmt. Unsere Hochgebirge waren noch vor ein Paar Jahr¬
zehnten vielfältig mir Urwäldern bedeckt und geschirmt; die Wildbäche,
wenn gleich ihrer Natur nach gefährlich, brachten nur in außerordent¬
lichen Fällen den Thalgeländen verderbliche Ueberschüttungen; die
größern Flusse hielten sich ruhiger in ihrem Bette; den bebauten
Gründen und Wohnungen, den Straßen und Wegen drohten nicht so
häufige ausgebreitete Schneestürze, Murren und Steinfälle, weil Berg¬
gipfel und Abhänge bestockt und gebunden waren von starken Leg¬
föhren, Fichten, Tannen und Lärchen. Dieser günstige Zustand und
mit ihm die Sicherheit unseres bepflanzten Bodens, unserer Wohnsitze,
der Straßen- und Flußbauten ist der zerstörenden Holzart im Solde
gewinnsüchtiger Speculanten zum Opfer gefallen! Diejenigen, welche
zum Schuhe der Wälder gesetzt worden, haben im falschen Streben
nach Vermehrung des .ttammergefällö aller Orten schlagbare mit un¬
reifen Hölzern verkauft. Die Gemeinden und Einzelne machten es nicht
besser. Nun ist in den waldreichsten Thälern gutes Bauholz zur
Seltenheit und allenthalben das Brennholz theuer geworden. Wir
müssen bei der Noth, die uns in Herstellung unserer Wohnungen, in
Verarchung der plötzlich anstürmenden Wildbäche, in Heizung und Küche
bedrängt, den kargen Trost hinnehmen, daß es bei zweckmäßiger Vor¬
sorge unsern Enkeln und Urenkeln wohl leichter werden wird- In¬
zwischen reicht freilich das Capital vom verschleuderten Wald nicht
hin, den Schaden an Haus, Feld, Weg und Steg auch nur zum
geringern Theil zu ersetzen.

In weiser Voraussicht dessen lag seit den ältesten Zeiten der
landesväterlichen Verwaltung ausnehmend viel daran, durch Festhal¬
tung und kluge Ausübung des oberstenWaldreglungsrechtes die Wuth
der Elemente zu bändigen, den Bewohnern Holz zur Wirthschaft nebst
unschädlicher Weidetrift, aber auch für Gewinnung und Ausbeutung
des BergsegenS nachhaltigen Brennstoff zu bewahren. Beinchen diente
der Forst den Landesfürsten und mächtigen Herren der Burgen, sich
den Freuden der Jagd hinzugeben. Daran erschienen im Laufe der
Zeit viele Waldordnungen und Forstmandate, worin der Gesetzgeber in
Vermengung des öffentlichen und Privatrechtes, welche seit dem Ein¬
dringen der römischen Rechtsbegriffe zum bleibenden Unheil in Deutsch¬
land geworden, die ihm als Landesherrn, als Besitzer des Krongutes
und als obersten Lehen- und Grundeigenthümer zuständigen Negg--


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Ware. Schwerlich möchte indeß das freie Schalten irgendwo bedenk¬
licher in seinen Folgen werden, als im Waldwesen und was darauf
Bezug nimmt. Unsere Hochgebirge waren noch vor ein Paar Jahr¬
zehnten vielfältig mir Urwäldern bedeckt und geschirmt; die Wildbäche,
wenn gleich ihrer Natur nach gefährlich, brachten nur in außerordent¬
lichen Fällen den Thalgeländen verderbliche Ueberschüttungen; die
größern Flusse hielten sich ruhiger in ihrem Bette; den bebauten
Gründen und Wohnungen, den Straßen und Wegen drohten nicht so
häufige ausgebreitete Schneestürze, Murren und Steinfälle, weil Berg¬
gipfel und Abhänge bestockt und gebunden waren von starken Leg¬
föhren, Fichten, Tannen und Lärchen. Dieser günstige Zustand und
mit ihm die Sicherheit unseres bepflanzten Bodens, unserer Wohnsitze,
der Straßen- und Flußbauten ist der zerstörenden Holzart im Solde
gewinnsüchtiger Speculanten zum Opfer gefallen! Diejenigen, welche
zum Schuhe der Wälder gesetzt worden, haben im falschen Streben
nach Vermehrung des .ttammergefällö aller Orten schlagbare mit un¬
reifen Hölzern verkauft. Die Gemeinden und Einzelne machten es nicht
besser. Nun ist in den waldreichsten Thälern gutes Bauholz zur
Seltenheit und allenthalben das Brennholz theuer geworden. Wir
müssen bei der Noth, die uns in Herstellung unserer Wohnungen, in
Verarchung der plötzlich anstürmenden Wildbäche, in Heizung und Küche
bedrängt, den kargen Trost hinnehmen, daß es bei zweckmäßiger Vor¬
sorge unsern Enkeln und Urenkeln wohl leichter werden wird- In¬
zwischen reicht freilich das Capital vom verschleuderten Wald nicht
hin, den Schaden an Haus, Feld, Weg und Steg auch nur zum
geringern Theil zu ersetzen.

In weiser Voraussicht dessen lag seit den ältesten Zeiten der
landesväterlichen Verwaltung ausnehmend viel daran, durch Festhal¬
tung und kluge Ausübung des oberstenWaldreglungsrechtes die Wuth
der Elemente zu bändigen, den Bewohnern Holz zur Wirthschaft nebst
unschädlicher Weidetrift, aber auch für Gewinnung und Ausbeutung
des BergsegenS nachhaltigen Brennstoff zu bewahren. Beinchen diente
der Forst den Landesfürsten und mächtigen Herren der Burgen, sich
den Freuden der Jagd hinzugeben. Daran erschienen im Laufe der
Zeit viele Waldordnungen und Forstmandate, worin der Gesetzgeber in
Vermengung des öffentlichen und Privatrechtes, welche seit dem Ein¬
dringen der römischen Rechtsbegriffe zum bleibenden Unheil in Deutsch¬
land geworden, die ihm als Landesherrn, als Besitzer des Krongutes
und als obersten Lehen- und Grundeigenthümer zuständigen Negg--


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[0417] Ware. Schwerlich möchte indeß das freie Schalten irgendwo bedenk¬ licher in seinen Folgen werden, als im Waldwesen und was darauf Bezug nimmt. Unsere Hochgebirge waren noch vor ein Paar Jahr¬ zehnten vielfältig mir Urwäldern bedeckt und geschirmt; die Wildbäche, wenn gleich ihrer Natur nach gefährlich, brachten nur in außerordent¬ lichen Fällen den Thalgeländen verderbliche Ueberschüttungen; die größern Flusse hielten sich ruhiger in ihrem Bette; den bebauten Gründen und Wohnungen, den Straßen und Wegen drohten nicht so häufige ausgebreitete Schneestürze, Murren und Steinfälle, weil Berg¬ gipfel und Abhänge bestockt und gebunden waren von starken Leg¬ föhren, Fichten, Tannen und Lärchen. Dieser günstige Zustand und mit ihm die Sicherheit unseres bepflanzten Bodens, unserer Wohnsitze, der Straßen- und Flußbauten ist der zerstörenden Holzart im Solde gewinnsüchtiger Speculanten zum Opfer gefallen! Diejenigen, welche zum Schuhe der Wälder gesetzt worden, haben im falschen Streben nach Vermehrung des .ttammergefällö aller Orten schlagbare mit un¬ reifen Hölzern verkauft. Die Gemeinden und Einzelne machten es nicht besser. Nun ist in den waldreichsten Thälern gutes Bauholz zur Seltenheit und allenthalben das Brennholz theuer geworden. Wir müssen bei der Noth, die uns in Herstellung unserer Wohnungen, in Verarchung der plötzlich anstürmenden Wildbäche, in Heizung und Küche bedrängt, den kargen Trost hinnehmen, daß es bei zweckmäßiger Vor¬ sorge unsern Enkeln und Urenkeln wohl leichter werden wird- In¬ zwischen reicht freilich das Capital vom verschleuderten Wald nicht hin, den Schaden an Haus, Feld, Weg und Steg auch nur zum geringern Theil zu ersetzen. In weiser Voraussicht dessen lag seit den ältesten Zeiten der landesväterlichen Verwaltung ausnehmend viel daran, durch Festhal¬ tung und kluge Ausübung des oberstenWaldreglungsrechtes die Wuth der Elemente zu bändigen, den Bewohnern Holz zur Wirthschaft nebst unschädlicher Weidetrift, aber auch für Gewinnung und Ausbeutung des BergsegenS nachhaltigen Brennstoff zu bewahren. Beinchen diente der Forst den Landesfürsten und mächtigen Herren der Burgen, sich den Freuden der Jagd hinzugeben. Daran erschienen im Laufe der Zeit viele Waldordnungen und Forstmandate, worin der Gesetzgeber in Vermengung des öffentlichen und Privatrechtes, welche seit dem Ein¬ dringen der römischen Rechtsbegriffe zum bleibenden Unheil in Deutsch¬ land geworden, die ihm als Landesherrn, als Besitzer des Krongutes und als obersten Lehen- und Grundeigenthümer zuständigen Negg-- 55-i-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/417>, abgerufen am 24.07.2024.