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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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wie Banquiers-, wie Privatiers-Cassen höchst wohlthatige Weise der
Credit, der öffentlichen Fonds gewissermaßen anticipirt, oder, nach fran¬
zösischen Ausdrucke -- escomptirt wurde. -- Wodurch? durch den
kaufmännischen Credit und die Latitüde, womit die Bank hinsichtlich
desselben verfuhr. Freilich mochte damals wie heute Einer oder der
Andere kupferroth vor Aerger werden, wenn er gewahr wurde, daß
sich einige Hauser durch Zusammenstellung ihrer Unterschriften Raum
zu großartigen Operationen zu verschaffen wußten, und dadurch ebenso
vortheilhaft auf den Cours der öffentlichen Effecten, als auch auf den
Stand ihrer eigenen Finanzen zu wirken, gleichzeitig aber die Umtriebe
eines verderblichen Gegenspieles, einer sogenannten Contremine, nieder¬
zuschlagen verstanden. Freilich wurde über Schwindel und Agiotage
ein Zetergeschrei erhoben; allein dessenungeacheet schlugen Handel und
Industrie, welche hierdurch gänzlich untergraben werden sollten, einen
besseren Gang ein, und die StaatSanlehen kamen sicherlich dabei nicht
zu kurz. notorisch ist es, daß die Bank nicht um einen Kreuzer dabei
kam, ungeachtet sich ihr Einkommen so sehr hob. Und ebenso wenig
ward hierdurch irgend ein kaufmännisches Falliment von Bedeutung
herbeigezogen.

Daraus sott nun aber ans weiter nichts gefolgert werden, als
daß das Imi""";-/. l'lui'v! sich damals in seinem Zenith ohne üble Folgen
befand, während -- man gestatte es, rund herauszusagen -- es jetzt
in seinem Nadir mit sehr üblen Wirkungen und noch bedrohlicheren
Folgen steht. Wir können kühn behaupten, es gibt jetzt fast gar keine
flottauteu Staatspapiere und Bankaetien mehr, und diejenigen,
welche es von den der Privatindustrie überlassenen Eisenb a h nunter-
nehmungen sind, bilden in ihrem Geldbetrage ein sehr unbedeutendes
Verhältniß gegen die damalige Spekulation des Wiener Platzes.

Dennoch ist der gegenwärtige der Bank vorgezeichnete Weg ein
solcher, daß dadurch selbst solide Besitzer von Eisenbahnactien sich ge¬
zwungen sehen, trotz sicherer Aussicht ans bedeutende Rentabilität ihrer;
Besitz mit großem Verluste aufzugeben, indem die Bank, ihrer über¬
flüssigen Mittel ungeachtet, nicht nur nicht ans DarlehnSgeschäfte in
Eisenbahnactien eingeht, sondern sogar veranlaßt wird, sich der Escomp-
tirung derjenigen Wechsel zu enthalten, von welchen man vermuthen
könnte, daß sie den Besitzern von Eisenbahnactien förderlich seien. Da¬
durch wird es erklärlich, wie die Actien der verschiedenen österreichischen
Eisenbahnen so tief unter ihren" reellen Werthe stehen können, wobei
jedoch der geringere Uebelstand in den Verlusten der Besitzer zu suchen


wie Banquiers-, wie Privatiers-Cassen höchst wohlthatige Weise der
Credit, der öffentlichen Fonds gewissermaßen anticipirt, oder, nach fran¬
zösischen Ausdrucke — escomptirt wurde. — Wodurch? durch den
kaufmännischen Credit und die Latitüde, womit die Bank hinsichtlich
desselben verfuhr. Freilich mochte damals wie heute Einer oder der
Andere kupferroth vor Aerger werden, wenn er gewahr wurde, daß
sich einige Hauser durch Zusammenstellung ihrer Unterschriften Raum
zu großartigen Operationen zu verschaffen wußten, und dadurch ebenso
vortheilhaft auf den Cours der öffentlichen Effecten, als auch auf den
Stand ihrer eigenen Finanzen zu wirken, gleichzeitig aber die Umtriebe
eines verderblichen Gegenspieles, einer sogenannten Contremine, nieder¬
zuschlagen verstanden. Freilich wurde über Schwindel und Agiotage
ein Zetergeschrei erhoben; allein dessenungeacheet schlugen Handel und
Industrie, welche hierdurch gänzlich untergraben werden sollten, einen
besseren Gang ein, und die StaatSanlehen kamen sicherlich dabei nicht
zu kurz. notorisch ist es, daß die Bank nicht um einen Kreuzer dabei
kam, ungeachtet sich ihr Einkommen so sehr hob. Und ebenso wenig
ward hierdurch irgend ein kaufmännisches Falliment von Bedeutung
herbeigezogen.

Daraus sott nun aber ans weiter nichts gefolgert werden, als
daß das Imi«««;-/. l'lui'v! sich damals in seinem Zenith ohne üble Folgen
befand, während — man gestatte es, rund herauszusagen — es jetzt
in seinem Nadir mit sehr üblen Wirkungen und noch bedrohlicheren
Folgen steht. Wir können kühn behaupten, es gibt jetzt fast gar keine
flottauteu Staatspapiere und Bankaetien mehr, und diejenigen,
welche es von den der Privatindustrie überlassenen Eisenb a h nunter-
nehmungen sind, bilden in ihrem Geldbetrage ein sehr unbedeutendes
Verhältniß gegen die damalige Spekulation des Wiener Platzes.

Dennoch ist der gegenwärtige der Bank vorgezeichnete Weg ein
solcher, daß dadurch selbst solide Besitzer von Eisenbahnactien sich ge¬
zwungen sehen, trotz sicherer Aussicht ans bedeutende Rentabilität ihrer;
Besitz mit großem Verluste aufzugeben, indem die Bank, ihrer über¬
flüssigen Mittel ungeachtet, nicht nur nicht ans DarlehnSgeschäfte in
Eisenbahnactien eingeht, sondern sogar veranlaßt wird, sich der Escomp-
tirung derjenigen Wechsel zu enthalten, von welchen man vermuthen
könnte, daß sie den Besitzern von Eisenbahnactien förderlich seien. Da¬
durch wird es erklärlich, wie die Actien der verschiedenen österreichischen
Eisenbahnen so tief unter ihren» reellen Werthe stehen können, wobei
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[0387] wie Banquiers-, wie Privatiers-Cassen höchst wohlthatige Weise der Credit, der öffentlichen Fonds gewissermaßen anticipirt, oder, nach fran¬ zösischen Ausdrucke — escomptirt wurde. — Wodurch? durch den kaufmännischen Credit und die Latitüde, womit die Bank hinsichtlich desselben verfuhr. Freilich mochte damals wie heute Einer oder der Andere kupferroth vor Aerger werden, wenn er gewahr wurde, daß sich einige Hauser durch Zusammenstellung ihrer Unterschriften Raum zu großartigen Operationen zu verschaffen wußten, und dadurch ebenso vortheilhaft auf den Cours der öffentlichen Effecten, als auch auf den Stand ihrer eigenen Finanzen zu wirken, gleichzeitig aber die Umtriebe eines verderblichen Gegenspieles, einer sogenannten Contremine, nieder¬ zuschlagen verstanden. Freilich wurde über Schwindel und Agiotage ein Zetergeschrei erhoben; allein dessenungeacheet schlugen Handel und Industrie, welche hierdurch gänzlich untergraben werden sollten, einen besseren Gang ein, und die StaatSanlehen kamen sicherlich dabei nicht zu kurz. notorisch ist es, daß die Bank nicht um einen Kreuzer dabei kam, ungeachtet sich ihr Einkommen so sehr hob. Und ebenso wenig ward hierdurch irgend ein kaufmännisches Falliment von Bedeutung herbeigezogen. Daraus sott nun aber ans weiter nichts gefolgert werden, als daß das Imi«««;-/. l'lui'v! sich damals in seinem Zenith ohne üble Folgen befand, während — man gestatte es, rund herauszusagen — es jetzt in seinem Nadir mit sehr üblen Wirkungen und noch bedrohlicheren Folgen steht. Wir können kühn behaupten, es gibt jetzt fast gar keine flottauteu Staatspapiere und Bankaetien mehr, und diejenigen, welche es von den der Privatindustrie überlassenen Eisenb a h nunter- nehmungen sind, bilden in ihrem Geldbetrage ein sehr unbedeutendes Verhältniß gegen die damalige Spekulation des Wiener Platzes. Dennoch ist der gegenwärtige der Bank vorgezeichnete Weg ein solcher, daß dadurch selbst solide Besitzer von Eisenbahnactien sich ge¬ zwungen sehen, trotz sicherer Aussicht ans bedeutende Rentabilität ihrer; Besitz mit großem Verluste aufzugeben, indem die Bank, ihrer über¬ flüssigen Mittel ungeachtet, nicht nur nicht ans DarlehnSgeschäfte in Eisenbahnactien eingeht, sondern sogar veranlaßt wird, sich der Escomp- tirung derjenigen Wechsel zu enthalten, von welchen man vermuthen könnte, daß sie den Besitzern von Eisenbahnactien förderlich seien. Da¬ durch wird es erklärlich, wie die Actien der verschiedenen österreichischen Eisenbahnen so tief unter ihren» reellen Werthe stehen können, wobei jedoch der geringere Uebelstand in den Verlusten der Besitzer zu suchen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/387>, abgerufen am 24.07.2024.