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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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Mein Lied sagt: Abends zeig' ich mich auf Erden,
Landsleuten schlag' ich erst, den Brüdern Wunden, Wo meine Kräik'" der Seele Weg gefunden
Bei Einem, muß, wie ich, er Vampvr werden. Ja, Nach' am Feinde, Rache, Rand' und Tod
Mit Gott, mit Gott, und wär's auch gegen Gott. Dann trinken wir mit Lust des Feindes Blut,
Laßt seinen Leib uns mit dem Beil zerhau'n: In Hand und Fuß einschlagen uns're Klau'n,
Nie lehr' er wieder, wie der Vampvr thut. Zur Hölle laßt uns seine Seele tragen,
Auf diese Seel' uns sammeln all' vereint,
' So lang ihr die Unsterblichkeit entschlagen
Sie martern, als sie nur zu fühlen scheint.
Ja Rand' am Feinde, Rache, :c.


Pr. Lwowicz.

Konrad, halt ein, bei Gott, so thun die Heiden.


Corp oral.

Wie schrecklich blickt er, 's ist ein Satanslied.

(Man hört aus zu singen.)

Konrad
(mit Begleitung der Flöte).

Auf schwing' ich mich! Entschweb' auf Bergeshöh'n --
Weit über sterblichen Geschlecht,
Mit den Propheten.
Der Zukunft dust're Wolken seh' ich steh'n
Mein Auge theilet, gleich dem Schwerte, sie,
Mein Arm zerreißt die Nebel, wie der Sturm --
Schon tagt's -- von droben schau' ich an die Völker --^
Sieh' das verschloss'ne Buch vom Weltenschicksal
Dort unten!
Sieh', sieh' der Zukunft Thaten, späte Jahre
Sie flieh'n, wie Vögel, die den Adler sah'n,
Mich Himmelsadler!
Zur Erde fallen sie, sie laufen,
Im Sande bergen sich die Haufen:
Hei, jagt sie, jagt sie, meine Falkenaugen,
Ihr Augen, Blitzen gleich!
Auf sie, ihr Kräik'n! -- Sie seh' ich, fasse sie.
Ha, welch' ein Vogel streckt dort sein Gefieder,
Bedeckt sie all', sein Auge fordert mich;
Die schwarzen Flügel droh'n wie Wetterwolken,
Und breiten sich dem Regenbogen gleich,
Sie decken ganz des Himmels Reich.
Der Riesenrad' ist's -- wer? -- wer bist du, Rabe?
Wer? Sieh' mich, Adler! Er verwirrt mein Denken!
Wer bist du? Sieh' mich Donnermacht'gen! --


Mein Lied sagt: Abends zeig' ich mich auf Erden,
Landsleuten schlag' ich erst, den Brüdern Wunden, Wo meine Kräik'« der Seele Weg gefunden
Bei Einem, muß, wie ich, er Vampvr werden. Ja, Nach' am Feinde, Rache, Rand' und Tod
Mit Gott, mit Gott, und wär's auch gegen Gott. Dann trinken wir mit Lust des Feindes Blut,
Laßt seinen Leib uns mit dem Beil zerhau'n: In Hand und Fuß einschlagen uns're Klau'n,
Nie lehr' er wieder, wie der Vampvr thut. Zur Hölle laßt uns seine Seele tragen,
Auf diese Seel' uns sammeln all' vereint,
' So lang ihr die Unsterblichkeit entschlagen
Sie martern, als sie nur zu fühlen scheint.
Ja Rand' am Feinde, Rache, :c.


Pr. Lwowicz.

Konrad, halt ein, bei Gott, so thun die Heiden.


Corp oral.

Wie schrecklich blickt er, 's ist ein Satanslied.

(Man hört aus zu singen.)

Konrad
(mit Begleitung der Flöte).

Auf schwing' ich mich! Entschweb' auf Bergeshöh'n —
Weit über sterblichen Geschlecht,
Mit den Propheten.
Der Zukunft dust're Wolken seh' ich steh'n
Mein Auge theilet, gleich dem Schwerte, sie,
Mein Arm zerreißt die Nebel, wie der Sturm —
Schon tagt's — von droben schau' ich an die Völker —^
Sieh' das verschloss'ne Buch vom Weltenschicksal
Dort unten!
Sieh', sieh' der Zukunft Thaten, späte Jahre
Sie flieh'n, wie Vögel, die den Adler sah'n,
Mich Himmelsadler!
Zur Erde fallen sie, sie laufen,
Im Sande bergen sich die Haufen:
Hei, jagt sie, jagt sie, meine Falkenaugen,
Ihr Augen, Blitzen gleich!
Auf sie, ihr Kräik'n! — Sie seh' ich, fasse sie.
Ha, welch' ein Vogel streckt dort sein Gefieder,
Bedeckt sie all', sein Auge fordert mich;
Die schwarzen Flügel droh'n wie Wetterwolken,
Und breiten sich dem Regenbogen gleich,
Sie decken ganz des Himmels Reich.
Der Riesenrad' ist's — wer? — wer bist du, Rabe?
Wer? Sieh' mich, Adler! Er verwirrt mein Denken!
Wer bist du? Sieh' mich Donnermacht'gen! —


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/262>, abgerufen am 05.07.2024.