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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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das allergeringste städtische oder Staatsamt ihm geöffnet werden darf,
(mit Ausnahme einiger Angebcrstellen bei der geheimen Polizei)!

Viel Gutes erwartet man von einer Hofcommission, welcher im
Vereine mit dem Magistrate die Hauptaufgabe wurde, nach dem Wun¬
sche des Finanzpräsidentcn von Kübeck, den Entwurf zu einer Creditan¬
stalt für die bürgerlichen Klassen auszuarbeiten, für jene Gewerbsleute
welche bei der Nationalbank auf keinen Credit Anspruch machen können.
Nach dem vorläufigen Plane sollen die Vorstande der Gewerbe und Fa¬
briken, die Controlle über den Credit der Betheiligten übernehmen. Einen
der eifrigsten Beförderer für das Jnslebentreten dieser Idee ist der Bür¬
germeister Czapka, der überhaupt Alles thun will, um das etwas wan¬
kend gewordene Vertrauen der Bürgerschaft zu ihm wieder mehr zu be¬
festigen. Er ist es auch, der sich mit für die Herausgabe eines neuen
periodischen Unternehmens interessier, welches im Interesse des Mittel¬
standes unter dem Namen "Bürgerblatt" von Neujahr an hier erschei¬
nen soll. Was es enthalten soll, ist bisher noch schwer zu sagen, denn
man nennt so viel und wieder den Preis so beschränkt, es ist am besten,
man macht sich dabei gar keine Hoffnung -- die Censur thut schon
dann das ihre dabei. Wahrhaft widerwärtig hat sich ein Ccnsurbeamter
gegen den 11,-. Schmidt, den Redacteur der Musikzcitung, benommen,
wegen der Rede, die er am Grabe Glucks bei der Monuments - Enthül¬
lung sprach. Diese Rede sollte in den österreichischen "Blattern für Li¬
teratur und Kunst" erscheinen, aber statt die Rede einfach zu streichen
und zu verbieten, fand ein Individuum der Censurbehörde es für gera¬
thener, die Rede als höchst anstößig und verdächtig der höhern Stelle
vorzulegen. Man sollte nun glauben, daß diese Rede, Gott weiß wie
fulminant gewesen, aber man kann einem ruhigen, besonnenen Manne,
wie Schmidt ist, es wohl zutrauen, daß er keinen Augenblick ver?
gessen hat, wo er sich befindet -- doch jener Unterbeamter hoffte sich
"beliebt" zu machen, und that mehr, als seine Pflicht war. Solcher
Auvielthuer besitzen wir leider in allen unsern Bureaux, und es steigen
dergleichen Leute nach ein paar Jahren hinauf und haben es dann für
sich: "daß sie die Augen überall haben." -- -- Vor einigen Tagen ist
Amerling, den man in Rom todt gesagt, frisch und gesund hier ange¬
kommen, er gedenkt nun wieder einige Zeit hier zu verweilen, geht aber
dann wieder nach Rom zurück. -- Von norddeutschen Künstlernotabili¬
täten nimmt nun Marschner hier die Aufmerksamkeit sehr in Anspruch;
aber trotz der Zuvorkommenheit, mit der man ihm hier überall begegnet,
ist er doch nicht im Stande, seinen Templer und Jüdin hier zur Auf¬
führung zu bringen. Dieselben Personen, die für Beethoven und Glück
keine öffentlichen Trauermessen gestatten wollen, werden noch viel we¬
niger einen solchen Text auf die Bühne kommen lassen!


C. C. C.

das allergeringste städtische oder Staatsamt ihm geöffnet werden darf,
(mit Ausnahme einiger Angebcrstellen bei der geheimen Polizei)!

Viel Gutes erwartet man von einer Hofcommission, welcher im
Vereine mit dem Magistrate die Hauptaufgabe wurde, nach dem Wun¬
sche des Finanzpräsidentcn von Kübeck, den Entwurf zu einer Creditan¬
stalt für die bürgerlichen Klassen auszuarbeiten, für jene Gewerbsleute
welche bei der Nationalbank auf keinen Credit Anspruch machen können.
Nach dem vorläufigen Plane sollen die Vorstande der Gewerbe und Fa¬
briken, die Controlle über den Credit der Betheiligten übernehmen. Einen
der eifrigsten Beförderer für das Jnslebentreten dieser Idee ist der Bür¬
germeister Czapka, der überhaupt Alles thun will, um das etwas wan¬
kend gewordene Vertrauen der Bürgerschaft zu ihm wieder mehr zu be¬
festigen. Er ist es auch, der sich mit für die Herausgabe eines neuen
periodischen Unternehmens interessier, welches im Interesse des Mittel¬
standes unter dem Namen „Bürgerblatt" von Neujahr an hier erschei¬
nen soll. Was es enthalten soll, ist bisher noch schwer zu sagen, denn
man nennt so viel und wieder den Preis so beschränkt, es ist am besten,
man macht sich dabei gar keine Hoffnung — die Censur thut schon
dann das ihre dabei. Wahrhaft widerwärtig hat sich ein Ccnsurbeamter
gegen den 11,-. Schmidt, den Redacteur der Musikzcitung, benommen,
wegen der Rede, die er am Grabe Glucks bei der Monuments - Enthül¬
lung sprach. Diese Rede sollte in den österreichischen „Blattern für Li¬
teratur und Kunst" erscheinen, aber statt die Rede einfach zu streichen
und zu verbieten, fand ein Individuum der Censurbehörde es für gera¬
thener, die Rede als höchst anstößig und verdächtig der höhern Stelle
vorzulegen. Man sollte nun glauben, daß diese Rede, Gott weiß wie
fulminant gewesen, aber man kann einem ruhigen, besonnenen Manne,
wie Schmidt ist, es wohl zutrauen, daß er keinen Augenblick ver?
gessen hat, wo er sich befindet — doch jener Unterbeamter hoffte sich
„beliebt" zu machen, und that mehr, als seine Pflicht war. Solcher
Auvielthuer besitzen wir leider in allen unsern Bureaux, und es steigen
dergleichen Leute nach ein paar Jahren hinauf und haben es dann für
sich: „daß sie die Augen überall haben." — — Vor einigen Tagen ist
Amerling, den man in Rom todt gesagt, frisch und gesund hier ange¬
kommen, er gedenkt nun wieder einige Zeit hier zu verweilen, geht aber
dann wieder nach Rom zurück. — Von norddeutschen Künstlernotabili¬
täten nimmt nun Marschner hier die Aufmerksamkeit sehr in Anspruch;
aber trotz der Zuvorkommenheit, mit der man ihm hier überall begegnet,
ist er doch nicht im Stande, seinen Templer und Jüdin hier zur Auf¬
führung zu bringen. Dieselben Personen, die für Beethoven und Glück
keine öffentlichen Trauermessen gestatten wollen, werden noch viel we¬
niger einen solchen Text auf die Bühne kommen lassen!


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[0232] das allergeringste städtische oder Staatsamt ihm geöffnet werden darf, (mit Ausnahme einiger Angebcrstellen bei der geheimen Polizei)! Viel Gutes erwartet man von einer Hofcommission, welcher im Vereine mit dem Magistrate die Hauptaufgabe wurde, nach dem Wun¬ sche des Finanzpräsidentcn von Kübeck, den Entwurf zu einer Creditan¬ stalt für die bürgerlichen Klassen auszuarbeiten, für jene Gewerbsleute welche bei der Nationalbank auf keinen Credit Anspruch machen können. Nach dem vorläufigen Plane sollen die Vorstande der Gewerbe und Fa¬ briken, die Controlle über den Credit der Betheiligten übernehmen. Einen der eifrigsten Beförderer für das Jnslebentreten dieser Idee ist der Bür¬ germeister Czapka, der überhaupt Alles thun will, um das etwas wan¬ kend gewordene Vertrauen der Bürgerschaft zu ihm wieder mehr zu be¬ festigen. Er ist es auch, der sich mit für die Herausgabe eines neuen periodischen Unternehmens interessier, welches im Interesse des Mittel¬ standes unter dem Namen „Bürgerblatt" von Neujahr an hier erschei¬ nen soll. Was es enthalten soll, ist bisher noch schwer zu sagen, denn man nennt so viel und wieder den Preis so beschränkt, es ist am besten, man macht sich dabei gar keine Hoffnung — die Censur thut schon dann das ihre dabei. Wahrhaft widerwärtig hat sich ein Ccnsurbeamter gegen den 11,-. Schmidt, den Redacteur der Musikzcitung, benommen, wegen der Rede, die er am Grabe Glucks bei der Monuments - Enthül¬ lung sprach. Diese Rede sollte in den österreichischen „Blattern für Li¬ teratur und Kunst" erscheinen, aber statt die Rede einfach zu streichen und zu verbieten, fand ein Individuum der Censurbehörde es für gera¬ thener, die Rede als höchst anstößig und verdächtig der höhern Stelle vorzulegen. Man sollte nun glauben, daß diese Rede, Gott weiß wie fulminant gewesen, aber man kann einem ruhigen, besonnenen Manne, wie Schmidt ist, es wohl zutrauen, daß er keinen Augenblick ver? gessen hat, wo er sich befindet — doch jener Unterbeamter hoffte sich „beliebt" zu machen, und that mehr, als seine Pflicht war. Solcher Auvielthuer besitzen wir leider in allen unsern Bureaux, und es steigen dergleichen Leute nach ein paar Jahren hinauf und haben es dann für sich: „daß sie die Augen überall haben." — — Vor einigen Tagen ist Amerling, den man in Rom todt gesagt, frisch und gesund hier ange¬ kommen, er gedenkt nun wieder einige Zeit hier zu verweilen, geht aber dann wieder nach Rom zurück. — Von norddeutschen Künstlernotabili¬ täten nimmt nun Marschner hier die Aufmerksamkeit sehr in Anspruch; aber trotz der Zuvorkommenheit, mit der man ihm hier überall begegnet, ist er doch nicht im Stande, seinen Templer und Jüdin hier zur Auf¬ führung zu bringen. Dieselben Personen, die für Beethoven und Glück keine öffentlichen Trauermessen gestatten wollen, werden noch viel we¬ niger einen solchen Text auf die Bühne kommen lassen! C. C. C.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/232>, abgerufen am 05.07.2024.