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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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green-Ussing, wie es ersichtlich war und sich später klar herausgestellt
hat, nach Verabredung mit der Regierung die Motion machte: die
Regierung möge erklären, daß die Herzogthümer Schleswig, Holstein
und Lauenburg mit dem Königreiche Dänemark eine Staatseinheit bil¬
deten und möge zugleich die weitere Discussion dieser Angelegenheiten
in den Herzogthümern verbieten. Da die dänische Ständeversamm-
lung darauf einging, und der königliche Commissarius sich beifällig
äußerte, so entstand eine starke Bewegung in den Herzogthümern, die
Bevölkerung Schleswig-Holsteins richtete Petitionen und Adressen an
die uoch in Itzehoe tagende holsteinische Ständeversammlung, da die
Diät der schleswigschen schon zu Ende war, und die holsteinische
Ständeversammlung gab auch eine umständliche und sehr energische
Rechtsverwahrung ein, indem sie auf das staatsrechtliche Verhältniß
aller drei Herzogthümer Rücksicht nahm und als Grundlage des hie¬
sigen Staatörechtes folgende drei Sätze aufstellte und begründete:
Die Herzogthümer sind selbstständige Staaten. Der
Mannesstamm herrscht in den Herzogthümern. Die Her¬
zogthümer Schleswig und Holstein sind fest mit einan¬
der verbundene Staaten. Ritter- lind Landschaft des Herzog-
thums Lauenburg reichten gleichfalls eine Adresse ein, worin sie die
Selbstständigkeit des Herzogthums zu bewahren suchten, aber eine viel
schwächere. Von Seiten der Negierung, die man wohl ganz richtig
eine dänische nennt, sowohl wegen der Personen, woraus sie besteht,
als wegen der Tendenz, welche in ihr herrscht, wie sie sich denn auch
selbst als solche bezeichnet, wurde ein Theil des ussing'schen Antrages
sofort erfüllt. Sie verhinderte nämlich die Discussion dieser nationa¬
len und staatsrechtlichen Fragen mittelst der Presse der deutschen Her¬
zogthümer, indem sie den (Zensoren dahin gerichtete Jnstructionen er¬
theilte. Während nun hier die Sprache ganz verstummte, fuhr die dä¬
nische Presse fort, Recht und Nationalität der Herzogthümer anzugrei¬
fen, und zugleich die Negierung zu Gewaltmaßregeln aufzufordern.
Diese setzte eine Commission nieder, um die Successionsfrage zu un¬
tersuchen und wirkte durch ordentliche und außerordentliche Gesandt¬
schaften bei auswärtigen Höfen dahin, daß dieselben die Staatsein¬
heit und die agnatisch-cognatische Erbfolge des dänischen Königsge¬
setzes anerkennen möchten. Nachdem sie auf diesem Wege nun so viel
erlangt hatte, das ihr für's Erste erforderlich schien, edirte sie folgen^
den offenen Brief:

Wir Christian der Achte, von Gottes Gnaden König zu Däne-


green-Ussing, wie es ersichtlich war und sich später klar herausgestellt
hat, nach Verabredung mit der Regierung die Motion machte: die
Regierung möge erklären, daß die Herzogthümer Schleswig, Holstein
und Lauenburg mit dem Königreiche Dänemark eine Staatseinheit bil¬
deten und möge zugleich die weitere Discussion dieser Angelegenheiten
in den Herzogthümern verbieten. Da die dänische Ständeversamm-
lung darauf einging, und der königliche Commissarius sich beifällig
äußerte, so entstand eine starke Bewegung in den Herzogthümern, die
Bevölkerung Schleswig-Holsteins richtete Petitionen und Adressen an
die uoch in Itzehoe tagende holsteinische Ständeversammlung, da die
Diät der schleswigschen schon zu Ende war, und die holsteinische
Ständeversammlung gab auch eine umständliche und sehr energische
Rechtsverwahrung ein, indem sie auf das staatsrechtliche Verhältniß
aller drei Herzogthümer Rücksicht nahm und als Grundlage des hie¬
sigen Staatörechtes folgende drei Sätze aufstellte und begründete:
Die Herzogthümer sind selbstständige Staaten. Der
Mannesstamm herrscht in den Herzogthümern. Die Her¬
zogthümer Schleswig und Holstein sind fest mit einan¬
der verbundene Staaten. Ritter- lind Landschaft des Herzog-
thums Lauenburg reichten gleichfalls eine Adresse ein, worin sie die
Selbstständigkeit des Herzogthums zu bewahren suchten, aber eine viel
schwächere. Von Seiten der Negierung, die man wohl ganz richtig
eine dänische nennt, sowohl wegen der Personen, woraus sie besteht,
als wegen der Tendenz, welche in ihr herrscht, wie sie sich denn auch
selbst als solche bezeichnet, wurde ein Theil des ussing'schen Antrages
sofort erfüllt. Sie verhinderte nämlich die Discussion dieser nationa¬
len und staatsrechtlichen Fragen mittelst der Presse der deutschen Her¬
zogthümer, indem sie den (Zensoren dahin gerichtete Jnstructionen er¬
theilte. Während nun hier die Sprache ganz verstummte, fuhr die dä¬
nische Presse fort, Recht und Nationalität der Herzogthümer anzugrei¬
fen, und zugleich die Negierung zu Gewaltmaßregeln aufzufordern.
Diese setzte eine Commission nieder, um die Successionsfrage zu un¬
tersuchen und wirkte durch ordentliche und außerordentliche Gesandt¬
schaften bei auswärtigen Höfen dahin, daß dieselben die Staatsein¬
heit und die agnatisch-cognatische Erbfolge des dänischen Königsge¬
setzes anerkennen möchten. Nachdem sie auf diesem Wege nun so viel
erlangt hatte, das ihr für's Erste erforderlich schien, edirte sie folgen^
den offenen Brief:

Wir Christian der Achte, von Gottes Gnaden König zu Däne-


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[0210] green-Ussing, wie es ersichtlich war und sich später klar herausgestellt hat, nach Verabredung mit der Regierung die Motion machte: die Regierung möge erklären, daß die Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg mit dem Königreiche Dänemark eine Staatseinheit bil¬ deten und möge zugleich die weitere Discussion dieser Angelegenheiten in den Herzogthümern verbieten. Da die dänische Ständeversamm- lung darauf einging, und der königliche Commissarius sich beifällig äußerte, so entstand eine starke Bewegung in den Herzogthümern, die Bevölkerung Schleswig-Holsteins richtete Petitionen und Adressen an die uoch in Itzehoe tagende holsteinische Ständeversammlung, da die Diät der schleswigschen schon zu Ende war, und die holsteinische Ständeversammlung gab auch eine umständliche und sehr energische Rechtsverwahrung ein, indem sie auf das staatsrechtliche Verhältniß aller drei Herzogthümer Rücksicht nahm und als Grundlage des hie¬ sigen Staatörechtes folgende drei Sätze aufstellte und begründete: Die Herzogthümer sind selbstständige Staaten. Der Mannesstamm herrscht in den Herzogthümern. Die Her¬ zogthümer Schleswig und Holstein sind fest mit einan¬ der verbundene Staaten. Ritter- lind Landschaft des Herzog- thums Lauenburg reichten gleichfalls eine Adresse ein, worin sie die Selbstständigkeit des Herzogthums zu bewahren suchten, aber eine viel schwächere. Von Seiten der Negierung, die man wohl ganz richtig eine dänische nennt, sowohl wegen der Personen, woraus sie besteht, als wegen der Tendenz, welche in ihr herrscht, wie sie sich denn auch selbst als solche bezeichnet, wurde ein Theil des ussing'schen Antrages sofort erfüllt. Sie verhinderte nämlich die Discussion dieser nationa¬ len und staatsrechtlichen Fragen mittelst der Presse der deutschen Her¬ zogthümer, indem sie den (Zensoren dahin gerichtete Jnstructionen er¬ theilte. Während nun hier die Sprache ganz verstummte, fuhr die dä¬ nische Presse fort, Recht und Nationalität der Herzogthümer anzugrei¬ fen, und zugleich die Negierung zu Gewaltmaßregeln aufzufordern. Diese setzte eine Commission nieder, um die Successionsfrage zu un¬ tersuchen und wirkte durch ordentliche und außerordentliche Gesandt¬ schaften bei auswärtigen Höfen dahin, daß dieselben die Staatsein¬ heit und die agnatisch-cognatische Erbfolge des dänischen Königsge¬ setzes anerkennen möchten. Nachdem sie auf diesem Wege nun so viel erlangt hatte, das ihr für's Erste erforderlich schien, edirte sie folgen^ den offenen Brief: Wir Christian der Achte, von Gottes Gnaden König zu Däne-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/210>, abgerufen am 24.07.2024.