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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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Bureaukratie bisher herausgebracht hatte. Auch die Statistik wollte
eine freie Wissenschaft sein und sie ist es, wenigstens theilweise, bereits
geworden. Unter den Männern, welche sich für die Förderung stati¬
stischer Zwecke ein ganz besonderes Verdienst in Preußen erworben
haben, dürfen wir -- Anderer nicht zu gedenken -- unbedingt des v>.
Freiherrn von Reden erwähnen. Er fördert nicht nur durch seine Schrif¬
ten, durch seinen großen literarischen Fleifi fortwährend daS Material
der Statistik, sondern er sucht ihr auch praktisch immer mehr Boden
zu gewinnen, vorzüglich durch seine fortgesetzte Bestrebung, einen all¬
gemeinen Verein für die deutsche Statistik über ganz Deutschland aus¬
zubreiten und zu organisiren. Es ist klar, daß die Statistik durch die
Realisation eines solchen Planes, immer mehr aufhören wird, eine blos
vureankratische Geheimwissenschaft unter uns zu sein, daß sie immer
mehr einen volksthümlichen Charakter annehmen und daß die Zeit im¬
mer näher kommen wird, wo es Jedem möglich ist, mit ihren Zahlen
zu operiren und ihre Resultate sich selber vorzulegen, "pas denn doch
weit schwieriger ist, als man sich gewöhnlich einbildet. Zahlen reden,
ist zwar ein altes, vielgebrauchtes, aber noch mehr mißverstandenes,
deutsches Sprichwort.

Unter den neuesten statistischen Arbeiten des Herrn von Reden
machen wir ganz besonders auf die "Vergleichende Culturstatistik der
Großmächte Europa's" aufmerksam. Bis jetzt liegen uns von diesem
Werke, welches auf 2 Bände oder 7 Lieferungen berechnet ist, 3 Lie¬
ferungen vor. Schon in ihnen ist ein reiches, höchst interessantes
Material vorhanden. DaS Bedürfniß einer möglichst erschöpfenden,
statistischen Behandlung, wir stimmen darin mit Reden durchaus übcr-
ern, zeigt sich am klarsten bei denjenigen Staaten Europa'S, welche
seit dreißig Jahren der politischen Geschichte dieses Erdtheils ihre Bahn
vorzeichnen, bei den Großmächten. Nicht allein ihr überwiegender poli¬
tischer Einfluß, sondern auch die besondere Aufmerksamkeit, mit welcher
alte kleinern Staaten die Verwaltungseinrichtungen der großen Reiche
beobachten und als Muster betrachten, haben eine in'S Einzelne gehende
Darlegung der Verhältnisse ihrer geistigen und materiellen Cultur schon
seit lange nothwendig gemacht. Obgleich daS Material dazu sich
allerdings schon in vielen amtlichen und Privatarbeiten zerstreut fand,
so bietet nun Reden durch sein Werk doch die erste Schrift, welche die
Verhältnisse der verschiedenen Elemente und Zweige der Cultur jedes
einzelnen Großstaates mit den entsprechenden Zuständen der andern
Staaten vergleichend zusammenstellt, sowohl für die Gegenwart


Bureaukratie bisher herausgebracht hatte. Auch die Statistik wollte
eine freie Wissenschaft sein und sie ist es, wenigstens theilweise, bereits
geworden. Unter den Männern, welche sich für die Förderung stati¬
stischer Zwecke ein ganz besonderes Verdienst in Preußen erworben
haben, dürfen wir — Anderer nicht zu gedenken — unbedingt des v>.
Freiherrn von Reden erwähnen. Er fördert nicht nur durch seine Schrif¬
ten, durch seinen großen literarischen Fleifi fortwährend daS Material
der Statistik, sondern er sucht ihr auch praktisch immer mehr Boden
zu gewinnen, vorzüglich durch seine fortgesetzte Bestrebung, einen all¬
gemeinen Verein für die deutsche Statistik über ganz Deutschland aus¬
zubreiten und zu organisiren. Es ist klar, daß die Statistik durch die
Realisation eines solchen Planes, immer mehr aufhören wird, eine blos
vureankratische Geheimwissenschaft unter uns zu sein, daß sie immer
mehr einen volksthümlichen Charakter annehmen und daß die Zeit im¬
mer näher kommen wird, wo es Jedem möglich ist, mit ihren Zahlen
zu operiren und ihre Resultate sich selber vorzulegen, »pas denn doch
weit schwieriger ist, als man sich gewöhnlich einbildet. Zahlen reden,
ist zwar ein altes, vielgebrauchtes, aber noch mehr mißverstandenes,
deutsches Sprichwort.

Unter den neuesten statistischen Arbeiten des Herrn von Reden
machen wir ganz besonders auf die „Vergleichende Culturstatistik der
Großmächte Europa's" aufmerksam. Bis jetzt liegen uns von diesem
Werke, welches auf 2 Bände oder 7 Lieferungen berechnet ist, 3 Lie¬
ferungen vor. Schon in ihnen ist ein reiches, höchst interessantes
Material vorhanden. DaS Bedürfniß einer möglichst erschöpfenden,
statistischen Behandlung, wir stimmen darin mit Reden durchaus übcr-
ern, zeigt sich am klarsten bei denjenigen Staaten Europa'S, welche
seit dreißig Jahren der politischen Geschichte dieses Erdtheils ihre Bahn
vorzeichnen, bei den Großmächten. Nicht allein ihr überwiegender poli¬
tischer Einfluß, sondern auch die besondere Aufmerksamkeit, mit welcher
alte kleinern Staaten die Verwaltungseinrichtungen der großen Reiche
beobachten und als Muster betrachten, haben eine in'S Einzelne gehende
Darlegung der Verhältnisse ihrer geistigen und materiellen Cultur schon
seit lange nothwendig gemacht. Obgleich daS Material dazu sich
allerdings schon in vielen amtlichen und Privatarbeiten zerstreut fand,
so bietet nun Reden durch sein Werk doch die erste Schrift, welche die
Verhältnisse der verschiedenen Elemente und Zweige der Cultur jedes
einzelnen Großstaates mit den entsprechenden Zuständen der andern
Staaten vergleichend zusammenstellt, sowohl für die Gegenwart


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[0173] Bureaukratie bisher herausgebracht hatte. Auch die Statistik wollte eine freie Wissenschaft sein und sie ist es, wenigstens theilweise, bereits geworden. Unter den Männern, welche sich für die Förderung stati¬ stischer Zwecke ein ganz besonderes Verdienst in Preußen erworben haben, dürfen wir — Anderer nicht zu gedenken — unbedingt des v>. Freiherrn von Reden erwähnen. Er fördert nicht nur durch seine Schrif¬ ten, durch seinen großen literarischen Fleifi fortwährend daS Material der Statistik, sondern er sucht ihr auch praktisch immer mehr Boden zu gewinnen, vorzüglich durch seine fortgesetzte Bestrebung, einen all¬ gemeinen Verein für die deutsche Statistik über ganz Deutschland aus¬ zubreiten und zu organisiren. Es ist klar, daß die Statistik durch die Realisation eines solchen Planes, immer mehr aufhören wird, eine blos vureankratische Geheimwissenschaft unter uns zu sein, daß sie immer mehr einen volksthümlichen Charakter annehmen und daß die Zeit im¬ mer näher kommen wird, wo es Jedem möglich ist, mit ihren Zahlen zu operiren und ihre Resultate sich selber vorzulegen, »pas denn doch weit schwieriger ist, als man sich gewöhnlich einbildet. Zahlen reden, ist zwar ein altes, vielgebrauchtes, aber noch mehr mißverstandenes, deutsches Sprichwort. Unter den neuesten statistischen Arbeiten des Herrn von Reden machen wir ganz besonders auf die „Vergleichende Culturstatistik der Großmächte Europa's" aufmerksam. Bis jetzt liegen uns von diesem Werke, welches auf 2 Bände oder 7 Lieferungen berechnet ist, 3 Lie¬ ferungen vor. Schon in ihnen ist ein reiches, höchst interessantes Material vorhanden. DaS Bedürfniß einer möglichst erschöpfenden, statistischen Behandlung, wir stimmen darin mit Reden durchaus übcr- ern, zeigt sich am klarsten bei denjenigen Staaten Europa'S, welche seit dreißig Jahren der politischen Geschichte dieses Erdtheils ihre Bahn vorzeichnen, bei den Großmächten. Nicht allein ihr überwiegender poli¬ tischer Einfluß, sondern auch die besondere Aufmerksamkeit, mit welcher alte kleinern Staaten die Verwaltungseinrichtungen der großen Reiche beobachten und als Muster betrachten, haben eine in'S Einzelne gehende Darlegung der Verhältnisse ihrer geistigen und materiellen Cultur schon seit lange nothwendig gemacht. Obgleich daS Material dazu sich allerdings schon in vielen amtlichen und Privatarbeiten zerstreut fand, so bietet nun Reden durch sein Werk doch die erste Schrift, welche die Verhältnisse der verschiedenen Elemente und Zweige der Cultur jedes einzelnen Großstaates mit den entsprechenden Zuständen der andern Staaten vergleichend zusammenstellt, sowohl für die Gegenwart

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/173>, abgerufen am 24.07.2024.