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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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sten Conditoren der Stadt (Dcreuse) bedient werden. Eine wichtige und
in ihrer Art einzige Eigenthümlichkeit dieser Zeitungshalle soll darin be¬
stehen, daß an den Wanden des Eintrittssaales die allerneuesten Nach¬
richten des Tages auf große Tafeln geschrieben, ausgehängt werden. Zu
diesem Behufe wird nicht nur eine eigene Redaction beschäftigt fein, aus
den einlaufenden Journalen allsogleich die wichtigsten Nachrichten zu er-
cerpiren, sondern der Eigenthümer des Instituts, Herr Gustav Julius,
hat außerdem noch eine ausgedehnte Correspondenz eingeleitet, die aus
den Hauptstädten Europa's, sowie aus Berlin selbst tagtäglich die wich¬
tigsten Tagesbegebenheiten melden wird, so daß beim Eintritt in die
Aeitungshalle der Leser eine Masse von Nachrichten erhält, die erst Tags
darauf in den Journalen sich vorfinden können. Gleichzeitig mit der
Eröffnung der Aeitungshalle (am 1. October) wird nämlich auch die
neue Zeitung erscheinen, zu der Herr Julius (früher Redacteur der leip¬
ziger Allgemeinen Zeitung) die Concession erhalten hat und welche na¬
mentlich den materiellen Interessen gewidmet fein soll. Die für diese
Zeitung angeworbenen Correspondenzen sollen dann gleichzeitig für die
Aushängetafeln der Zeitungshalle benutzt werden, so daß beide Unterneh¬
mungen einander unterstützen. Ueber die Richtung dieses neuen Blattes
weiß ich im Voraus nichts anzugeben, nur über den äußern Umfang
derselben kann ich mit Bestimmtheit melden, daß es nicht eine Wochen¬
schrift ist, wie mehrere Journale bereits meldeten, sondern ein Tageblatt,
das sechs Mal wöchentlich, jede Nummer in einem kleinen Foliobogen
erscheinen wird.

Ueber das Verbot der beiden bremer Zeitungen ist die Auflösung
des Räthsels noch immer nicht erschienen und noch weniger die Auflö¬
sung des Verbots. Herr Schünemann (nicht Herr Schönemann, wie
jüngst fälschlich geschrieben), der Eigenthümer des Blattes, ist von
hier wieder abgereist, ohne etwas ausgerichtet zu haben. Die heutige
augsburger Allgemeine Zeitung (No. 198) enthält einen, von der Redac¬
tion ausgegangenen, leitenden Artikel, der sich mit Wärme der Weserzei¬
tung annimmt und das Wichtigste vorbringt, was bisher in dieser An¬
gelegenheit gesagt wurde. Die Allgem. Zeitung weist darauf hin, daß
die Weserzeitung nicht blos eine beschränkte Localbedeutung habe, sondern
ihre Wirksamkeit im Interesse Deutschlands bis jenseits des Meeres er¬
streckt und zur Verbindung des Weltverkehrs mit den zahlreichen, über¬
seeischen Etablissements Hamburgs und Bremens als ein wichtiges Or¬
gan diene, das unter den Auspicien des trefflichen Bürgermeisters Smidt
im Geiste der ruhmvollen Traditionen der Hansa gegründet wurde. --
Hatten wir eine wirkliche deutsche Politik, so würden die Argumente,
welche die Augsburger mit staatsmännischem Ueberblick zu Gunsten der
unterdrückten Zeitung vorbringt, schwer in's Gewicht fallen -- so aber
vom engeren preußischen Gesichtspunkte wird Mancher hier fragen: Mut¬
ter, was gehen Dich die jrünen Veeme an? Was kümmern uns die
überseeischen Verbindungen und die ruhmvollen Traditionen der Hanse¬
stä v-0. dte?


sten Conditoren der Stadt (Dcreuse) bedient werden. Eine wichtige und
in ihrer Art einzige Eigenthümlichkeit dieser Zeitungshalle soll darin be¬
stehen, daß an den Wanden des Eintrittssaales die allerneuesten Nach¬
richten des Tages auf große Tafeln geschrieben, ausgehängt werden. Zu
diesem Behufe wird nicht nur eine eigene Redaction beschäftigt fein, aus
den einlaufenden Journalen allsogleich die wichtigsten Nachrichten zu er-
cerpiren, sondern der Eigenthümer des Instituts, Herr Gustav Julius,
hat außerdem noch eine ausgedehnte Correspondenz eingeleitet, die aus
den Hauptstädten Europa's, sowie aus Berlin selbst tagtäglich die wich¬
tigsten Tagesbegebenheiten melden wird, so daß beim Eintritt in die
Aeitungshalle der Leser eine Masse von Nachrichten erhält, die erst Tags
darauf in den Journalen sich vorfinden können. Gleichzeitig mit der
Eröffnung der Aeitungshalle (am 1. October) wird nämlich auch die
neue Zeitung erscheinen, zu der Herr Julius (früher Redacteur der leip¬
ziger Allgemeinen Zeitung) die Concession erhalten hat und welche na¬
mentlich den materiellen Interessen gewidmet fein soll. Die für diese
Zeitung angeworbenen Correspondenzen sollen dann gleichzeitig für die
Aushängetafeln der Zeitungshalle benutzt werden, so daß beide Unterneh¬
mungen einander unterstützen. Ueber die Richtung dieses neuen Blattes
weiß ich im Voraus nichts anzugeben, nur über den äußern Umfang
derselben kann ich mit Bestimmtheit melden, daß es nicht eine Wochen¬
schrift ist, wie mehrere Journale bereits meldeten, sondern ein Tageblatt,
das sechs Mal wöchentlich, jede Nummer in einem kleinen Foliobogen
erscheinen wird.

Ueber das Verbot der beiden bremer Zeitungen ist die Auflösung
des Räthsels noch immer nicht erschienen und noch weniger die Auflö¬
sung des Verbots. Herr Schünemann (nicht Herr Schönemann, wie
jüngst fälschlich geschrieben), der Eigenthümer des Blattes, ist von
hier wieder abgereist, ohne etwas ausgerichtet zu haben. Die heutige
augsburger Allgemeine Zeitung (No. 198) enthält einen, von der Redac¬
tion ausgegangenen, leitenden Artikel, der sich mit Wärme der Weserzei¬
tung annimmt und das Wichtigste vorbringt, was bisher in dieser An¬
gelegenheit gesagt wurde. Die Allgem. Zeitung weist darauf hin, daß
die Weserzeitung nicht blos eine beschränkte Localbedeutung habe, sondern
ihre Wirksamkeit im Interesse Deutschlands bis jenseits des Meeres er¬
streckt und zur Verbindung des Weltverkehrs mit den zahlreichen, über¬
seeischen Etablissements Hamburgs und Bremens als ein wichtiges Or¬
gan diene, das unter den Auspicien des trefflichen Bürgermeisters Smidt
im Geiste der ruhmvollen Traditionen der Hansa gegründet wurde. —
Hatten wir eine wirkliche deutsche Politik, so würden die Argumente,
welche die Augsburger mit staatsmännischem Ueberblick zu Gunsten der
unterdrückten Zeitung vorbringt, schwer in's Gewicht fallen — so aber
vom engeren preußischen Gesichtspunkte wird Mancher hier fragen: Mut¬
ter, was gehen Dich die jrünen Veeme an? Was kümmern uns die
überseeischen Verbindungen und die ruhmvollen Traditionen der Hanse¬
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/149>, abgerufen am 24.07.2024.