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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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scheu Kompositionen ebenso wie Collins Trauerspiele überall mit
schöner Achtung aufgenommen wurden, hinter welcher sich die Lange¬
weile verkroch.

Unter den jungem Künstlern hat diese Richtung keinen großen
Anhang gewonnen. Ritter von Perger kann mit seinen schlechten Pin¬
seleien ihr nicht auf die Beine helfen. Geiger -- allerdings ein be¬
deutenderes Talent -- kommt über lauter Illustrationen :c. nie bis
zur Pallete, und auch bei ihm scheint sich schon eine Manier festge-
setzt zu haben, von der er sich schwer mehr losringen kann und es
auch nicht will; denn sie erleichtert ihm die Arbeit. Wer aber inGe-
schichtsmalerci mehr sucht, als eine Nichtigkeit des Costüms, eine ge¬
fällige Anordnung der Gruppen und hier und da mühsam zusammen¬
geholte Portraitähnlichkeit, wird darüber nicht trauern, daß diese Ge¬
schichtsmalerei ihrem Ende zugeht. '

Einen andern Gang nahm ebenfalls ein Schlegel'scher Anhang
von Dichtern und Künstlern. Sie blieben nicht stehen bei jener An¬
regung zum Vaterländischen, Rationellen -- sie versenkten sich mit
Gluth und Flammen in die religiöse Symbolik, wobei nun wieder das
Mittelalter mit seinen Kunstgestalten heraufbeschwöre" wurdet Die
Dichter gingen mit krankhafter Begeisterung voran. Werner war für
uns Wiener der Repräsentant dieser Richtung, welche in Deutschland
durch bedeutende Talente selbst bis in die Literatur der Gegenwart
herüberspielt.

In die Kunst floß diese religiöse Quelle -- von Rom her. Dort
verbanden sich eine Schaar frommer Künstler, wie Overbeck, Führich,
Seelilie u. s. w. Sie verwarfen das Kunstleben und Treiben der Ge¬
genwart und sahen in den italienischen Malcranfängen eines Motto,
Eimabue, Fiosole das Endziel und das Himmelreich der Kunst. Diese
an Innerlichkeit, Frömmigkeit, an gänzlicher Abtödtung des frischen,
warmquellenden Lebens zu übertreffen, und das naive Hingeben an die
Geheimnisse der Religion in seinem ganzen Umfange wieder herzustel¬
len, schien ihre Aufgabe, der sie beharrlich nachstrebten.

Führich in Wien hat sich in diese Idee nun seit einer Reihe von
Jahren hineingelebt und ist ein fester, abgeschlossener Charakter gewor-.
den, der sich durch nichts mehr in seinem Streben beirren, läßt. Daß
ihm der Beifall der Menge, die in ihrer mehr gesunden Natürlichkeit
an diesen typischen Kunstlügeu kein Behagen findet, fehlen muß, ist
für ihn keine Strafe; denn ihn lohnt der Antheil eines gewissen Krei¬
ses und die hohe Bewunderung seiner Schüler, die ihn wie einen Hei-


scheu Kompositionen ebenso wie Collins Trauerspiele überall mit
schöner Achtung aufgenommen wurden, hinter welcher sich die Lange¬
weile verkroch.

Unter den jungem Künstlern hat diese Richtung keinen großen
Anhang gewonnen. Ritter von Perger kann mit seinen schlechten Pin¬
seleien ihr nicht auf die Beine helfen. Geiger — allerdings ein be¬
deutenderes Talent — kommt über lauter Illustrationen :c. nie bis
zur Pallete, und auch bei ihm scheint sich schon eine Manier festge-
setzt zu haben, von der er sich schwer mehr losringen kann und es
auch nicht will; denn sie erleichtert ihm die Arbeit. Wer aber inGe-
schichtsmalerci mehr sucht, als eine Nichtigkeit des Costüms, eine ge¬
fällige Anordnung der Gruppen und hier und da mühsam zusammen¬
geholte Portraitähnlichkeit, wird darüber nicht trauern, daß diese Ge¬
schichtsmalerei ihrem Ende zugeht. '

Einen andern Gang nahm ebenfalls ein Schlegel'scher Anhang
von Dichtern und Künstlern. Sie blieben nicht stehen bei jener An¬
regung zum Vaterländischen, Rationellen — sie versenkten sich mit
Gluth und Flammen in die religiöse Symbolik, wobei nun wieder das
Mittelalter mit seinen Kunstgestalten heraufbeschwöre» wurdet Die
Dichter gingen mit krankhafter Begeisterung voran. Werner war für
uns Wiener der Repräsentant dieser Richtung, welche in Deutschland
durch bedeutende Talente selbst bis in die Literatur der Gegenwart
herüberspielt.

In die Kunst floß diese religiöse Quelle — von Rom her. Dort
verbanden sich eine Schaar frommer Künstler, wie Overbeck, Führich,
Seelilie u. s. w. Sie verwarfen das Kunstleben und Treiben der Ge¬
genwart und sahen in den italienischen Malcranfängen eines Motto,
Eimabue, Fiosole das Endziel und das Himmelreich der Kunst. Diese
an Innerlichkeit, Frömmigkeit, an gänzlicher Abtödtung des frischen,
warmquellenden Lebens zu übertreffen, und das naive Hingeben an die
Geheimnisse der Religion in seinem ganzen Umfange wieder herzustel¬
len, schien ihre Aufgabe, der sie beharrlich nachstrebten.

Führich in Wien hat sich in diese Idee nun seit einer Reihe von
Jahren hineingelebt und ist ein fester, abgeschlossener Charakter gewor-.
den, der sich durch nichts mehr in seinem Streben beirren, läßt. Daß
ihm der Beifall der Menge, die in ihrer mehr gesunden Natürlichkeit
an diesen typischen Kunstlügeu kein Behagen findet, fehlen muß, ist
für ihn keine Strafe; denn ihn lohnt der Antheil eines gewissen Krei¬
ses und die hohe Bewunderung seiner Schüler, die ihn wie einen Hei-


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[0116] scheu Kompositionen ebenso wie Collins Trauerspiele überall mit schöner Achtung aufgenommen wurden, hinter welcher sich die Lange¬ weile verkroch. Unter den jungem Künstlern hat diese Richtung keinen großen Anhang gewonnen. Ritter von Perger kann mit seinen schlechten Pin¬ seleien ihr nicht auf die Beine helfen. Geiger — allerdings ein be¬ deutenderes Talent — kommt über lauter Illustrationen :c. nie bis zur Pallete, und auch bei ihm scheint sich schon eine Manier festge- setzt zu haben, von der er sich schwer mehr losringen kann und es auch nicht will; denn sie erleichtert ihm die Arbeit. Wer aber inGe- schichtsmalerci mehr sucht, als eine Nichtigkeit des Costüms, eine ge¬ fällige Anordnung der Gruppen und hier und da mühsam zusammen¬ geholte Portraitähnlichkeit, wird darüber nicht trauern, daß diese Ge¬ schichtsmalerei ihrem Ende zugeht. ' Einen andern Gang nahm ebenfalls ein Schlegel'scher Anhang von Dichtern und Künstlern. Sie blieben nicht stehen bei jener An¬ regung zum Vaterländischen, Rationellen — sie versenkten sich mit Gluth und Flammen in die religiöse Symbolik, wobei nun wieder das Mittelalter mit seinen Kunstgestalten heraufbeschwöre» wurdet Die Dichter gingen mit krankhafter Begeisterung voran. Werner war für uns Wiener der Repräsentant dieser Richtung, welche in Deutschland durch bedeutende Talente selbst bis in die Literatur der Gegenwart herüberspielt. In die Kunst floß diese religiöse Quelle — von Rom her. Dort verbanden sich eine Schaar frommer Künstler, wie Overbeck, Führich, Seelilie u. s. w. Sie verwarfen das Kunstleben und Treiben der Ge¬ genwart und sahen in den italienischen Malcranfängen eines Motto, Eimabue, Fiosole das Endziel und das Himmelreich der Kunst. Diese an Innerlichkeit, Frömmigkeit, an gänzlicher Abtödtung des frischen, warmquellenden Lebens zu übertreffen, und das naive Hingeben an die Geheimnisse der Religion in seinem ganzen Umfange wieder herzustel¬ len, schien ihre Aufgabe, der sie beharrlich nachstrebten. Führich in Wien hat sich in diese Idee nun seit einer Reihe von Jahren hineingelebt und ist ein fester, abgeschlossener Charakter gewor-. den, der sich durch nichts mehr in seinem Streben beirren, läßt. Daß ihm der Beifall der Menge, die in ihrer mehr gesunden Natürlichkeit an diesen typischen Kunstlügeu kein Behagen findet, fehlen muß, ist für ihn keine Strafe; denn ihn lohnt der Antheil eines gewissen Krei¬ ses und die hohe Bewunderung seiner Schüler, die ihn wie einen Hei-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/116>, abgerufen am 24.07.2024.