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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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muß wider Willen mit einer Festfeier beginnen, welche ein wesent¬
lich religiöses Gepräge an sich tragt. Ich meine das Jubiläum des
Conciliums, welches im Jahre 1545 in der südtyrolischen Stadt
Trient abgehalten worden und das in den Deccmbertagen d. I. sehr
festlich begangen wurde. Dieses Ereignis) in der stillen Eintönigkeit
unseres engbegrenzten Bcrglcbens bildet derzeit den Mittelpunkt des
allgemeinen Interesses, und es hat der Vielseitigkeit der Theilnahme
keinen Eintrag gethan, daß zum Beschluß der Feier ein heftiger
Brand die Festfreude unterbrach, und der Jubel der fröhlichen Tage
mit einem Leichenzuge schloß. Es wird Ihnen bereits aus den Zei¬
tungen bekannt sein, daß eine bisher in ihren Ursachen unenträth-
selte Feuersbrunst das große Gebäude der Auckerrassinerie zu Trient
in Asche legte, wobei mehre Menschen theils gelöster, theils verwun¬
det wurden. Der Aberglaube des Volkes stiert diesen ohne Zweifel
ganz zufälligen Unfall wie eine ahnungsreiche und bedeutungsvolle
Begebenheit an, und es wird lediglich von dem Maaße der Beleh¬
rung abhängen, welche man ihm zu Theil werden läßt, um die
öffentliche Meinung über diese sehr einfache Thatsache aufzuklären und
;u berichtigen. Augenzeugen behaupten, die Jubiläumsfeier habe ei¬
nen gar zu weltlichen Anstrich gehabt, obschon derselben außer dem
Erzbischofe von Salzburg, dem Fürsten von Schwarzenberg, noch
sechs fremde Bischöfe und viele Aebte und Priester beigewohnt hat¬
ten, doch mag dieses in dem Wesen des Südländers und in dem
Temperament des Volkes liegen, das auch seine innersten Empfin¬
dungen sehr geräuschvoll und plastisch auszudrücken pflegt, so daß
der kühlere Nordländer die Aeußerungen seiner Gefühle in einem
anderen Sinne auffaßt, als dies bei einer gerechten Beurtheilung des
Volksgeistes geschehen sollte. Ueber 50M0 Menschen durchwogten
die ernsten Straßen des alten Trient, und der blaUe Himmel sah
trotz der vorgerückten Jahreszeit recht mild und freundlich auf das
harmlose Treiben der fröhlich bewegten Menge herab. Ein ausführ¬
licher Bericht in deutscher und italienischer Sprache ist bereits unter
der Presse, und aus ihm wird der ^un av I-r Keil^ion in Paris
seinen katholischen Lesern die getreuesten Schilderungen bringen; auch
hat ein Künstler in Mailand den Auftrag erhalten, auf die Jubel¬
feier des Tridentinischen Concils eine Denkmünze zu schneiden, die
sodann in Bronce ausgeprägt und an alle geistlichen und weltlichen
Freunde des berühmten Kirchenfestes versendet werden soll.

- Ueber die religiösen Festfreuden will ich indeß die materiellen
Verbesserungen nicht vergessen, deren sich Tyrol zwar spärlich und
langsam, aber jährlich zu erfreuen hat. In einem fo rauhen Ge-
birgslande, wo der Boden der Communication so arge Hindernisse
in den Weg legt, ist der Straßenbau von besonderer Wichtigkeit, um


muß wider Willen mit einer Festfeier beginnen, welche ein wesent¬
lich religiöses Gepräge an sich tragt. Ich meine das Jubiläum des
Conciliums, welches im Jahre 1545 in der südtyrolischen Stadt
Trient abgehalten worden und das in den Deccmbertagen d. I. sehr
festlich begangen wurde. Dieses Ereignis) in der stillen Eintönigkeit
unseres engbegrenzten Bcrglcbens bildet derzeit den Mittelpunkt des
allgemeinen Interesses, und es hat der Vielseitigkeit der Theilnahme
keinen Eintrag gethan, daß zum Beschluß der Feier ein heftiger
Brand die Festfreude unterbrach, und der Jubel der fröhlichen Tage
mit einem Leichenzuge schloß. Es wird Ihnen bereits aus den Zei¬
tungen bekannt sein, daß eine bisher in ihren Ursachen unenträth-
selte Feuersbrunst das große Gebäude der Auckerrassinerie zu Trient
in Asche legte, wobei mehre Menschen theils gelöster, theils verwun¬
det wurden. Der Aberglaube des Volkes stiert diesen ohne Zweifel
ganz zufälligen Unfall wie eine ahnungsreiche und bedeutungsvolle
Begebenheit an, und es wird lediglich von dem Maaße der Beleh¬
rung abhängen, welche man ihm zu Theil werden läßt, um die
öffentliche Meinung über diese sehr einfache Thatsache aufzuklären und
;u berichtigen. Augenzeugen behaupten, die Jubiläumsfeier habe ei¬
nen gar zu weltlichen Anstrich gehabt, obschon derselben außer dem
Erzbischofe von Salzburg, dem Fürsten von Schwarzenberg, noch
sechs fremde Bischöfe und viele Aebte und Priester beigewohnt hat¬
ten, doch mag dieses in dem Wesen des Südländers und in dem
Temperament des Volkes liegen, das auch seine innersten Empfin¬
dungen sehr geräuschvoll und plastisch auszudrücken pflegt, so daß
der kühlere Nordländer die Aeußerungen seiner Gefühle in einem
anderen Sinne auffaßt, als dies bei einer gerechten Beurtheilung des
Volksgeistes geschehen sollte. Ueber 50M0 Menschen durchwogten
die ernsten Straßen des alten Trient, und der blaUe Himmel sah
trotz der vorgerückten Jahreszeit recht mild und freundlich auf das
harmlose Treiben der fröhlich bewegten Menge herab. Ein ausführ¬
licher Bericht in deutscher und italienischer Sprache ist bereits unter
der Presse, und aus ihm wird der ^un av I-r Keil^ion in Paris
seinen katholischen Lesern die getreuesten Schilderungen bringen; auch
hat ein Künstler in Mailand den Auftrag erhalten, auf die Jubel¬
feier des Tridentinischen Concils eine Denkmünze zu schneiden, die
sodann in Bronce ausgeprägt und an alle geistlichen und weltlichen
Freunde des berühmten Kirchenfestes versendet werden soll.

- Ueber die religiösen Festfreuden will ich indeß die materiellen
Verbesserungen nicht vergessen, deren sich Tyrol zwar spärlich und
langsam, aber jährlich zu erfreuen hat. In einem fo rauhen Ge-
birgslande, wo der Boden der Communication so arge Hindernisse
in den Weg legt, ist der Straßenbau von besonderer Wichtigkeit, um


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/90>, abgerufen am 23.12.2024.