Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band. Eitles Mühn, entflammte Kerzen Ruhig mit sich fortzutragen! Immer wird die Flammenspitze Sich nach rückwärts überschlagen. Eitles Mühn, dem Vaterlande, Deiner Liebe zu entsagen! Vorwärts werden dich die Füße, Rückwärts die Gedanken tragen. Nach der Nomenklatur, von der schon Göthe spricht und die Eitles Mühn, entflammte Kerzen Ruhig mit sich fortzutragen! Immer wird die Flammenspitze Sich nach rückwärts überschlagen. Eitles Mühn, dem Vaterlande, Deiner Liebe zu entsagen! Vorwärts werden dich die Füße, Rückwärts die Gedanken tragen. Nach der Nomenklatur, von der schon Göthe spricht und die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0079" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181889"/> <lg xml:id="POEMID_6" type="poem"> <l> Eitles Mühn, entflammte Kerzen<lb/> Ruhig mit sich fortzutragen!<lb/> Immer wird die Flammenspitze<lb/> Sich nach rückwärts überschlagen.</l> <l> Eitles Mühn, dem Vaterlande,<lb/> Deiner Liebe zu entsagen!<lb/> Vorwärts werden dich die Füße,<lb/> Rückwärts die Gedanken tragen.</l> </lg><lb/> <p xml:id="ID_140" prev="#ID_139" next="#ID_141"> Nach der Nomenklatur, von der schon Göthe spricht und die<lb/> sich nach und nach in jeder innigen Gesellschaft ausbildet, hieß<lb/> Bach im rothen Thurme nur der Medicus, denn er war nahe<lb/> daran v. Aseiliciiiiw zu werden, und neben der Poesie spukten<lb/> ihm nur noch Magnetismus und allerlei sonderbare Krankheiten,<lb/> als da sind Katalepsie und Selbstverbrennung im Kopfe herum.<lb/> Darum befand er sich auch nicht immer wohl im rothen Thurme^ —<lb/> denn da wurde philosophirt und politisire, und von Politik ver¬<lb/> stand der Medicus nicht mehr als ein neugeborner Altvsterreicher. —<lb/> Er war unberührt von allen Tendenzen des Tages und ein rei¬<lb/> ner Poet wie ihn eine Aesthetik von Anno 180V nur wünschen<lb/> kann. — Seine Welt war die Blumenwelt, und seine Politik die<lb/> des Blumenstaatcs; die Rose, die Herbstzeitlose, die Primula Ve-<lb/> ris, der Amaranth sind die Helden, die in seinen sensitiven ge¬<lb/> feiert werden. — Darum war er oft sehr verdrüßlich in unserer<lb/> Gesellschaft und nannte uns mit altkluger Miene „junge Leute." —<lb/> Darunter waren vorzüglich Meißner und Hartmann verstanden,<lb/> mit ihrer ewigen Begeisterung, mit ihrer Lust nach Abentheuern,<lb/> mit ihrer Sehnsucht nach einem frischern bewegtem Leben. —<lb/> Moritz Hartmann machte schon damals Pläne, wie er den Staub<lb/> der Schule von sich schütteln und als irrender Ritter die Lande<lb/> durchziehen wolle. Meißner suchte seine Welt in alten sonderbaren<lb/> Büchern und in phantastischen Philosophen. — Er besaß eine<lb/> große von Altvordern ererbte Bibliothek, in der er wühlte und<lb/> aus der er jede Woche irgend einen sonderbaren Heiligen ä I»<lb/> Jacob Böhme ans Tageslicht forderte. Dann suchte er auch uns<lb/> zu seinen neuentdeckten Systemen zu bekehren und donirte beim<lb/> rothen Thurme wie ein begeisterter Apostel. — Doch damit ge-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0079]
Eitles Mühn, entflammte Kerzen
Ruhig mit sich fortzutragen!
Immer wird die Flammenspitze
Sich nach rückwärts überschlagen. Eitles Mühn, dem Vaterlande,
Deiner Liebe zu entsagen!
Vorwärts werden dich die Füße,
Rückwärts die Gedanken tragen.
Nach der Nomenklatur, von der schon Göthe spricht und die
sich nach und nach in jeder innigen Gesellschaft ausbildet, hieß
Bach im rothen Thurme nur der Medicus, denn er war nahe
daran v. Aseiliciiiiw zu werden, und neben der Poesie spukten
ihm nur noch Magnetismus und allerlei sonderbare Krankheiten,
als da sind Katalepsie und Selbstverbrennung im Kopfe herum.
Darum befand er sich auch nicht immer wohl im rothen Thurme^ —
denn da wurde philosophirt und politisire, und von Politik ver¬
stand der Medicus nicht mehr als ein neugeborner Altvsterreicher. —
Er war unberührt von allen Tendenzen des Tages und ein rei¬
ner Poet wie ihn eine Aesthetik von Anno 180V nur wünschen
kann. — Seine Welt war die Blumenwelt, und seine Politik die
des Blumenstaatcs; die Rose, die Herbstzeitlose, die Primula Ve-
ris, der Amaranth sind die Helden, die in seinen sensitiven ge¬
feiert werden. — Darum war er oft sehr verdrüßlich in unserer
Gesellschaft und nannte uns mit altkluger Miene „junge Leute." —
Darunter waren vorzüglich Meißner und Hartmann verstanden,
mit ihrer ewigen Begeisterung, mit ihrer Lust nach Abentheuern,
mit ihrer Sehnsucht nach einem frischern bewegtem Leben. —
Moritz Hartmann machte schon damals Pläne, wie er den Staub
der Schule von sich schütteln und als irrender Ritter die Lande
durchziehen wolle. Meißner suchte seine Welt in alten sonderbaren
Büchern und in phantastischen Philosophen. — Er besaß eine
große von Altvordern ererbte Bibliothek, in der er wühlte und
aus der er jede Woche irgend einen sonderbaren Heiligen ä I»
Jacob Böhme ans Tageslicht forderte. Dann suchte er auch uns
zu seinen neuentdeckten Systemen zu bekehren und donirte beim
rothen Thurme wie ein begeisterter Apostel. — Doch damit ge-
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