Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.der drei Dichter die im Gesänge "Wien" vorkommen - ("zum Pfaf¬ der drei Dichter die im Gesänge „Wien" vorkommen - („zum Pfaf¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0074" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181884"/> <p xml:id="ID_131" prev="#ID_130" next="#ID_132"> der drei Dichter die im Gesänge „Wien" vorkommen - („zum Pfaf¬<lb/> fen hat die Mutter Dich bestimmt" — „Du selbst ein lautes Frank¬<lb/> reich" _ ^f der Stirn ein gottesläugnerisches Fragezeichen" —)<lb/> ist Jsidor Heller. — Weiß der Himmel wo er jetzt steckt, wo er<lb/> jetzt die K-^ello etes l'i-ilnino-ax, seine Lieblingszeitung studirt, wo<lb/> er jetzt Aphorismen spricht.---In den dreißiger Jahren war er<lb/> mit Einer von den Prager Serapionsbrüdern, und die kleine dunkle,<lb/> räucherige Kneipe in der Zeltnergasse kennt ihn viel genauer als die<lb/> deutsche Literatur. — Der rothe Thurm, ein Kaffehaus der Mak¬<lb/> ler, Krämer und Kadetten, war zugleich der Zufluchtsort der Poesie,<lb/> dahin sie sich von der Journalistik und Prager Publicistik rettete,<lb/> die bei Schech zu Hause waren. — Dort bei Herrn Schech hauste<lb/> der edle Graf von Schirnding. — Er sah aus wie ein langer<lb/> Fasttag und bestand nur noch aus etwas Pamphletengeist, der die<lb/> antidiluvianischen Knochen kümmerlich zusammenhielt. Um seine<lb/> Blößen mit etwas Romantik zu verhüllen, gab er sich gerne für<lb/> eine Art von Caspar Hauser aus, und dieser Angabe glaubte man<lb/> bei näherer Bekanntschaft mit dem edlen Grafen. Gott habe ihn<lb/> selig; jetzt ist er todt, und Philipp Rcklam in Leipzig wird ihm gewiß<lb/> eine große Thräne nachgeweint haben. — Er war gewissermaßen<lb/> der Thurm des Schech'schen Musentempels; seit er gestürzt, sank<lb/> auch der Tempel in Trümmer und wurde ein gemeines, prosaisches<lb/> Bierhaus. — Das war von je das Schicksal der herrlichsten Göt¬<lb/> tertempel, sie wurden Wirthshäuser und Stallungen. Siehe Grie¬<lb/> chenland und Italien. — In der Grafenzeit ging es noch lustig<lb/> her bei Schech. — Er selbst machte zwar manchmal verdrießliche<lb/> Gesichter und klagte über Undank der deutschen Literatur, daß sie<lb/> zu wenig des edlen Trankes von Mocca genieße, während die böh¬<lb/> mische Literatur gegenüber bei SchmillenS in Kaffebetreff die<lb/> Türken im Biere, aber selbst die alten Deutschen beschaue — so<lb/> war doch Nani, die Eine Muse für wenigstens zweimal neun<lb/> Poeten stets lächelnd freundlich, und nicht Klopstockischer nicht Uzi-<lb/> scher Apostrophen bedürfte es, um sie zu rufen und ihre Gunst zu<lb/> erflehen. — Julius Seidlitz war damals aus Leipzig gekommen, und<lb/> ließ sich, als ein heimgekehrter Odysseus, der das junge Deutschland<lb/> gesehen urd manches Journal redigirt hat, von uns verehren und</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0074]
der drei Dichter die im Gesänge „Wien" vorkommen - („zum Pfaf¬
fen hat die Mutter Dich bestimmt" — „Du selbst ein lautes Frank¬
reich" _ ^f der Stirn ein gottesläugnerisches Fragezeichen" —)
ist Jsidor Heller. — Weiß der Himmel wo er jetzt steckt, wo er
jetzt die K-^ello etes l'i-ilnino-ax, seine Lieblingszeitung studirt, wo
er jetzt Aphorismen spricht.---In den dreißiger Jahren war er
mit Einer von den Prager Serapionsbrüdern, und die kleine dunkle,
räucherige Kneipe in der Zeltnergasse kennt ihn viel genauer als die
deutsche Literatur. — Der rothe Thurm, ein Kaffehaus der Mak¬
ler, Krämer und Kadetten, war zugleich der Zufluchtsort der Poesie,
dahin sie sich von der Journalistik und Prager Publicistik rettete,
die bei Schech zu Hause waren. — Dort bei Herrn Schech hauste
der edle Graf von Schirnding. — Er sah aus wie ein langer
Fasttag und bestand nur noch aus etwas Pamphletengeist, der die
antidiluvianischen Knochen kümmerlich zusammenhielt. Um seine
Blößen mit etwas Romantik zu verhüllen, gab er sich gerne für
eine Art von Caspar Hauser aus, und dieser Angabe glaubte man
bei näherer Bekanntschaft mit dem edlen Grafen. Gott habe ihn
selig; jetzt ist er todt, und Philipp Rcklam in Leipzig wird ihm gewiß
eine große Thräne nachgeweint haben. — Er war gewissermaßen
der Thurm des Schech'schen Musentempels; seit er gestürzt, sank
auch der Tempel in Trümmer und wurde ein gemeines, prosaisches
Bierhaus. — Das war von je das Schicksal der herrlichsten Göt¬
tertempel, sie wurden Wirthshäuser und Stallungen. Siehe Grie¬
chenland und Italien. — In der Grafenzeit ging es noch lustig
her bei Schech. — Er selbst machte zwar manchmal verdrießliche
Gesichter und klagte über Undank der deutschen Literatur, daß sie
zu wenig des edlen Trankes von Mocca genieße, während die böh¬
mische Literatur gegenüber bei SchmillenS in Kaffebetreff die
Türken im Biere, aber selbst die alten Deutschen beschaue — so
war doch Nani, die Eine Muse für wenigstens zweimal neun
Poeten stets lächelnd freundlich, und nicht Klopstockischer nicht Uzi-
scher Apostrophen bedürfte es, um sie zu rufen und ihre Gunst zu
erflehen. — Julius Seidlitz war damals aus Leipzig gekommen, und
ließ sich, als ein heimgekehrter Odysseus, der das junge Deutschland
gesehen urd manches Journal redigirt hat, von uns verehren und
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