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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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haben, mich gegen diesen Vorwurf zu vertheidigen? Ein deutsches
Blatt fällt einen deutschen Autor an, weil er einem verbrüderten
Nachbarvolke zuredet, sich mehr mit hochdeutscher Sprache zu beschäfti¬
gen. Wahrlich, man muß Mitarbeiter des Rheinischen Beobachters
sein, um das Recht zu haben, solche Bornirtheit zu Markte zu brin¬
gen, man muß der Rheinische Beobachter sein, um dies aufzunehmen;
und nur dem Rheinischen Beobachter ist es gegeben, seine Waffen
gegen ihm mißliebige Schriftsteller blind auf allen Misthaufen zusam¬
menzusuchen, ohne zu fühlen, daß die Waffe den Angreifenden und
nicht den Angegriffenen beschmutzt.

Zudem, wer hat in den Grenzboten, wer hat in dem Buche:
"Belgien seit seiner Revolution", auch nur einen Satz gefunden, der
"die Flamänder ihre Sprache abschwören machen" will? Jene incri-
minirten zwei Kapitel aus meinem Buche, die, wie Herr Tielemans
berichtet, "unter allen vaterländischgestnnten Flämingen die tiefste
Entrüstung hervorgerufen", sind von mehrern deutschen Blättern
im Auszuge mitgetheilt worden, sie haben bereits im Jahre 1843
in den Grenzboten gestanden, und Jedermann hat die Wärme aner¬
kannt, mit welcher darin der flamändischen Sache das Wort geredet
wird; Jedermann, d. h. nicht blos die deutschen Redacteure, sondern
auch die flamändischen Parteiführer und allen voran gerade die Herrn
Willens und de Laet, deren "tiefste Entrüstung" Herr Jakob Tiele¬
mans vermeldet!

Wichtiger und ehrenrühriger ist die zweite Anklage im Rheini¬
schen Beobachter: daß ich in dem erwähnten Kapitel einige zwanzig
Zeilen aus einer französischen Broschüre I-l Iiui^lip et.lmiuxlv, prajvt
ti'uno ortkn^rspno ?c. v-"- IluKeit Vienn"ni>s,vo" übersetzt habe, und
zwar ohne Gänsefüßchen dabei zu setzen. Plagiat! schreit der entrü¬
stete Tielemans. "Zwar," sagt er selbst, "Herr Kuranda könnte uns
einwerfen, daß er seine Quelle citire, nur citirt er sie nicht
als seine Quelle, sondern eben so nebenher." Diese Plagiatsanklage
verdient näher beleuchtet zu werden, da sie einrn Maßstab für die Ge¬
wissenhaftigkeit anderer Denunciationen des Rheinischen Beobachters
giebt. Zuerst h,,t der tugendhafte Herr Tielemans jene zwan¬
zig Zeilen aus verschiedenen Seiten zusammengeklaubt und an¬
einandergereiht. Die Folgerungen und Raisonnements, die dazwischen
liegen, thut Herr Tielemans immer mit den Worten ab: "Hier fol¬
gen wieder einige Kurandiana."

Zweitens citirt er als Plagiate Stellen, wie die folgende: "El¬
saß, das französische Flandern, obgleich ihre Administration bereits
seit zwei Jahrhunderten in der Sprache der Regierung stattfindet, ha¬
ben doch ihre alte Sprache beibehalten." Wunderbares Plagiat! Ge¬
stohlener Gedanke! Consequenter Weise sind dann auch Entdeckungen
wie folgende: Brüssel ist die Hauptstadt Belgiens, oder Belgien wird
von der Schelde und der Maas durchzogen, oder: Antwerpen besitzt


haben, mich gegen diesen Vorwurf zu vertheidigen? Ein deutsches
Blatt fällt einen deutschen Autor an, weil er einem verbrüderten
Nachbarvolke zuredet, sich mehr mit hochdeutscher Sprache zu beschäfti¬
gen. Wahrlich, man muß Mitarbeiter des Rheinischen Beobachters
sein, um das Recht zu haben, solche Bornirtheit zu Markte zu brin¬
gen, man muß der Rheinische Beobachter sein, um dies aufzunehmen;
und nur dem Rheinischen Beobachter ist es gegeben, seine Waffen
gegen ihm mißliebige Schriftsteller blind auf allen Misthaufen zusam¬
menzusuchen, ohne zu fühlen, daß die Waffe den Angreifenden und
nicht den Angegriffenen beschmutzt.

Zudem, wer hat in den Grenzboten, wer hat in dem Buche:
„Belgien seit seiner Revolution", auch nur einen Satz gefunden, der
„die Flamänder ihre Sprache abschwören machen" will? Jene incri-
minirten zwei Kapitel aus meinem Buche, die, wie Herr Tielemans
berichtet, „unter allen vaterländischgestnnten Flämingen die tiefste
Entrüstung hervorgerufen", sind von mehrern deutschen Blättern
im Auszuge mitgetheilt worden, sie haben bereits im Jahre 1843
in den Grenzboten gestanden, und Jedermann hat die Wärme aner¬
kannt, mit welcher darin der flamändischen Sache das Wort geredet
wird; Jedermann, d. h. nicht blos die deutschen Redacteure, sondern
auch die flamändischen Parteiführer und allen voran gerade die Herrn
Willens und de Laet, deren „tiefste Entrüstung" Herr Jakob Tiele¬
mans vermeldet!

Wichtiger und ehrenrühriger ist die zweite Anklage im Rheini¬
schen Beobachter: daß ich in dem erwähnten Kapitel einige zwanzig
Zeilen aus einer französischen Broschüre I-l Iiui^lip et.lmiuxlv, prajvt
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zwar ohne Gänsefüßchen dabei zu setzen. Plagiat! schreit der entrü¬
stete Tielemans. „Zwar," sagt er selbst, „Herr Kuranda könnte uns
einwerfen, daß er seine Quelle citire, nur citirt er sie nicht
als seine Quelle, sondern eben so nebenher." Diese Plagiatsanklage
verdient näher beleuchtet zu werden, da sie einrn Maßstab für die Ge¬
wissenhaftigkeit anderer Denunciationen des Rheinischen Beobachters
giebt. Zuerst h,,t der tugendhafte Herr Tielemans jene zwan¬
zig Zeilen aus verschiedenen Seiten zusammengeklaubt und an¬
einandergereiht. Die Folgerungen und Raisonnements, die dazwischen
liegen, thut Herr Tielemans immer mit den Worten ab: „Hier fol¬
gen wieder einige Kurandiana."

Zweitens citirt er als Plagiate Stellen, wie die folgende: „El¬
saß, das französische Flandern, obgleich ihre Administration bereits
seit zwei Jahrhunderten in der Sprache der Regierung stattfindet, ha¬
ben doch ihre alte Sprache beibehalten." Wunderbares Plagiat! Ge¬
stohlener Gedanke! Consequenter Weise sind dann auch Entdeckungen
wie folgende: Brüssel ist die Hauptstadt Belgiens, oder Belgien wird
von der Schelde und der Maas durchzogen, oder: Antwerpen besitzt


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/570>, abgerufen am 01.09.2024.