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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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man sie doch nicht ganz als ausnahmsweise ansehen, besonders
wenn man den Einfluß der noch jetzt gesundesten Gegend Italiens
und wenn man den Bevölkerungsstand in Anschlag bringt, der
nach allem was man weiß, gerade damals ein ungemein hoher
war. Ja diese Zahlen würden am Ende eher für als gegen un¬
sere Ansicht sprechen, denn man weiß, daß in jener Epoche des rö¬
mischen Kaiserthums die Lebensweise in vieler Hinsicht raffinirter
war als heutzutage.

Nach den Tabellen des geistvollen Physiologen Burdach, der
darin so zu sagen die Unterschiede von Zeit und Raum durch eine
Vereinigung verschiedener Elemente zu verwischen gesucht hat, fin¬
det man unter jeder Million Menschen im Durchschnitt zweihun-
dert Individuen die ein Lebensalter von hundert Jahren überschrei¬
ten. Und es ist wohl keine Uebertreibung, wenn man die Bevöl¬
kerung des schönsten Theiles von Italien zu Plinius Zeiten drei
Millionen hoch schätzt. -- Unter 750,322 Personen, die in einem
Zeitraum von dreißig Jahren zu London gestorben sind, fanden sich
236 Individuen, welche 100 bis 110, 6, welche 110 bis 129 Jahre
erreicht hatten, und I, welches gar 138 Jahre alt geworden war.
Können sich diese Resultate nicht mit denen des Plinius messen?
-- In der Mark Brandenburg endlich fand man unter 351,959
Gestorbenen einen von 114, einen von 115, einen von 120 und ei¬
nen von 125 Jahren. Bei einer Bevölkerung von 11,990,385 See¬
len im Königreich England und Wales gab es im Jahre 1821
nicht weniger als 216 Personen, die das ehrwürdige Alter von
100 Jahren überschritten hatten; im Jahre 1841 gab es unter
15,906,741 Einwohnern 249 hundertjährige Greise") Belgien hat,
wie Holland und Norddeutschland, immer nur wenig Hundertjäh¬
rige aufzuweisen gehabt. Nach den Herren Quetelet und Smith
gab es am 1. Januar 1831 in Belgien nur sechszehn steinalte
Greise, von denen die drei ältesten 104, 110 und III Jahre zähl¬
ten. Nach H. Heuschling zählt man in Belgien auf eine Periode
von acht Jahren durchschnittlich siebzehn hundertjährige Personen.
In der Provinz Lüttich findet man seit der im Jahre 1806 vor¬
genommenen Volkszählung unter 348,774 Einwohnern fünf Hun-



*) Neison, ounti'ibiitions to vital statistivs. London 1845.
Grenzboten ISiO. I. 67

man sie doch nicht ganz als ausnahmsweise ansehen, besonders
wenn man den Einfluß der noch jetzt gesundesten Gegend Italiens
und wenn man den Bevölkerungsstand in Anschlag bringt, der
nach allem was man weiß, gerade damals ein ungemein hoher
war. Ja diese Zahlen würden am Ende eher für als gegen un¬
sere Ansicht sprechen, denn man weiß, daß in jener Epoche des rö¬
mischen Kaiserthums die Lebensweise in vieler Hinsicht raffinirter
war als heutzutage.

Nach den Tabellen des geistvollen Physiologen Burdach, der
darin so zu sagen die Unterschiede von Zeit und Raum durch eine
Vereinigung verschiedener Elemente zu verwischen gesucht hat, fin¬
det man unter jeder Million Menschen im Durchschnitt zweihun-
dert Individuen die ein Lebensalter von hundert Jahren überschrei¬
ten. Und es ist wohl keine Uebertreibung, wenn man die Bevöl¬
kerung des schönsten Theiles von Italien zu Plinius Zeiten drei
Millionen hoch schätzt. — Unter 750,322 Personen, die in einem
Zeitraum von dreißig Jahren zu London gestorben sind, fanden sich
236 Individuen, welche 100 bis 110, 6, welche 110 bis 129 Jahre
erreicht hatten, und I, welches gar 138 Jahre alt geworden war.
Können sich diese Resultate nicht mit denen des Plinius messen?
— In der Mark Brandenburg endlich fand man unter 351,959
Gestorbenen einen von 114, einen von 115, einen von 120 und ei¬
nen von 125 Jahren. Bei einer Bevölkerung von 11,990,385 See¬
len im Königreich England und Wales gab es im Jahre 1821
nicht weniger als 216 Personen, die das ehrwürdige Alter von
100 Jahren überschritten hatten; im Jahre 1841 gab es unter
15,906,741 Einwohnern 249 hundertjährige Greise») Belgien hat,
wie Holland und Norddeutschland, immer nur wenig Hundertjäh¬
rige aufzuweisen gehabt. Nach den Herren Quetelet und Smith
gab es am 1. Januar 1831 in Belgien nur sechszehn steinalte
Greise, von denen die drei ältesten 104, 110 und III Jahre zähl¬
ten. Nach H. Heuschling zählt man in Belgien auf eine Periode
von acht Jahren durchschnittlich siebzehn hundertjährige Personen.
In der Provinz Lüttich findet man seit der im Jahre 1806 vor¬
genommenen Volkszählung unter 348,774 Einwohnern fünf Hun-



*) Neison, ounti'ibiitions to vital statistivs. London 1845.
Grenzboten ISiO. I. 67
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[0533] man sie doch nicht ganz als ausnahmsweise ansehen, besonders wenn man den Einfluß der noch jetzt gesundesten Gegend Italiens und wenn man den Bevölkerungsstand in Anschlag bringt, der nach allem was man weiß, gerade damals ein ungemein hoher war. Ja diese Zahlen würden am Ende eher für als gegen un¬ sere Ansicht sprechen, denn man weiß, daß in jener Epoche des rö¬ mischen Kaiserthums die Lebensweise in vieler Hinsicht raffinirter war als heutzutage. Nach den Tabellen des geistvollen Physiologen Burdach, der darin so zu sagen die Unterschiede von Zeit und Raum durch eine Vereinigung verschiedener Elemente zu verwischen gesucht hat, fin¬ det man unter jeder Million Menschen im Durchschnitt zweihun- dert Individuen die ein Lebensalter von hundert Jahren überschrei¬ ten. Und es ist wohl keine Uebertreibung, wenn man die Bevöl¬ kerung des schönsten Theiles von Italien zu Plinius Zeiten drei Millionen hoch schätzt. — Unter 750,322 Personen, die in einem Zeitraum von dreißig Jahren zu London gestorben sind, fanden sich 236 Individuen, welche 100 bis 110, 6, welche 110 bis 129 Jahre erreicht hatten, und I, welches gar 138 Jahre alt geworden war. Können sich diese Resultate nicht mit denen des Plinius messen? — In der Mark Brandenburg endlich fand man unter 351,959 Gestorbenen einen von 114, einen von 115, einen von 120 und ei¬ nen von 125 Jahren. Bei einer Bevölkerung von 11,990,385 See¬ len im Königreich England und Wales gab es im Jahre 1821 nicht weniger als 216 Personen, die das ehrwürdige Alter von 100 Jahren überschritten hatten; im Jahre 1841 gab es unter 15,906,741 Einwohnern 249 hundertjährige Greise») Belgien hat, wie Holland und Norddeutschland, immer nur wenig Hundertjäh¬ rige aufzuweisen gehabt. Nach den Herren Quetelet und Smith gab es am 1. Januar 1831 in Belgien nur sechszehn steinalte Greise, von denen die drei ältesten 104, 110 und III Jahre zähl¬ ten. Nach H. Heuschling zählt man in Belgien auf eine Periode von acht Jahren durchschnittlich siebzehn hundertjährige Personen. In der Provinz Lüttich findet man seit der im Jahre 1806 vor¬ genommenen Volkszählung unter 348,774 Einwohnern fünf Hun- *) Neison, ounti'ibiitions to vital statistivs. London 1845. Grenzboten ISiO. I. 67

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/533>, abgerufen am 02.09.2024.