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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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chen;sodaß es bei dieser Bankfrage gar nicht darauf hinausläuft, ein der
Privatindustrie gebührendes Geschäft in die Hände der Staatsregie¬
rung zu legen, oder auch nur demselben eine bedrohliche Concurrenz
durch ein Staatsinstitut zu bereiten, sondern nur darauf, ein Staats¬
institut herzustellen, welches die Regelung des Geldumlaufs im Lande
übernehmen kann. Und siehe da, fast die sämmtlichen liberalen Zei¬
tungen treten für das Privilegium und gegen die Rücksicht auf das
Gemcininteresse in die Schranken, und leihen ihre Spalten den
Schreiern her, welche für ihren oder ihrer Gönner und Auftraggeber
Geldbeutel Propaganda machen. El, der liberalen Weisheit! -- Se¬
hen Sie, das ist der wunde Fleck der liberalen Presse, nicht, daß es
ihr an Parteizufammenhang fehlt, sondern daß es ihr im praktischen
Falle an Unterscheidung fehlt. Und doch ist dieser Mangel an Unter¬
scheidungsgabe nicht die schlimmste Blöße, welche die Redactionen in
dem Streite, den ich hier bespreche, gegeben haben. Sie haben viel¬
mehr kein ^Bedenken getragen, Artikel aufzunehmen, die von persönli¬
chen Verdächtigungen und Schmähungen überfließen, und während sie
die Juliusschm Aufsätze, welche keine Spur einer persönlichen Bethei¬
ligung an sich tragen, sondern rein auf die Sache selbst gerichtet sind,
solcher Mißhandlung überliefern, geben sie sich gleichzeitig dazu her,
einer Brochüre des Herrn Wönigcr gegen den Herrn von Bülow-
Cummerow, die sich durch vorausgegangenen Jnseratenwechsel in den
Berliner Zeitungen als Product der persönlichsten ^Gereiztheit deutlich
angekündigt hat, Weihrauch zu streuen. Herr Wöniger hat darin
ganz Recht, daß das Bülow-Cummerowsche Project nichts weiter als
eine Privarspeculation vom erclusivsten Gepräge ist, und seine Bro¬
chüre liefert eine Bereicherung des zur öffentlichen Kunde gebrachten
Materials über die betreffende Frage dadurch, daß er -- beiläufig ge¬
sagt, unbefugter und indiscrcter Weise -- den der preußischen Ne¬
gierung vom Herrn von Bülow-Cummerow vorgelegten Plan
vollständig veröffentlicht; übrigens ist die Brochüre ohne Werth
und ganz im Charakter der geschwätzigen Aufsätze, durch welche
sich Herr Wöniger in der Vosstschen Zeitung bekannt gemacht hat.
Ueber den Stand der Angelegenheit selbst kann ich nichts zuverlässiges
mittheilen;, das Ergebniß der Berathung welche neulich im Minister¬
rathe stattgefunden, ist nicht bekannt geworden, und die Angelegen¬
heit liegt nun Sr. Majestät noch zur Entscheidung vor. Huber's
Janus hat in seinem letzten Hefte einen -- wie die Redaction sagt
-- von einem praktischen Staatsmann verfaßten Aufsatz über die
Bankfrage gebracht, welcher sehr lesenswerth ist und einen eigenthüm¬
lichen Weg andeutet. Der Verfasser schlagt eine Zollvereinsbank
vor, welche in Preußen, "dem mächtigsten Staate des Zollvereins"
bestehen und weder eine sogenannte Nationalbank noch ein Staatsin¬
stitut, sondern ein aus beiden Elementen gemischtes sein müßte; "der


chen;sodaß es bei dieser Bankfrage gar nicht darauf hinausläuft, ein der
Privatindustrie gebührendes Geschäft in die Hände der Staatsregie¬
rung zu legen, oder auch nur demselben eine bedrohliche Concurrenz
durch ein Staatsinstitut zu bereiten, sondern nur darauf, ein Staats¬
institut herzustellen, welches die Regelung des Geldumlaufs im Lande
übernehmen kann. Und siehe da, fast die sämmtlichen liberalen Zei¬
tungen treten für das Privilegium und gegen die Rücksicht auf das
Gemcininteresse in die Schranken, und leihen ihre Spalten den
Schreiern her, welche für ihren oder ihrer Gönner und Auftraggeber
Geldbeutel Propaganda machen. El, der liberalen Weisheit! — Se¬
hen Sie, das ist der wunde Fleck der liberalen Presse, nicht, daß es
ihr an Parteizufammenhang fehlt, sondern daß es ihr im praktischen
Falle an Unterscheidung fehlt. Und doch ist dieser Mangel an Unter¬
scheidungsgabe nicht die schlimmste Blöße, welche die Redactionen in
dem Streite, den ich hier bespreche, gegeben haben. Sie haben viel¬
mehr kein ^Bedenken getragen, Artikel aufzunehmen, die von persönli¬
chen Verdächtigungen und Schmähungen überfließen, und während sie
die Juliusschm Aufsätze, welche keine Spur einer persönlichen Bethei¬
ligung an sich tragen, sondern rein auf die Sache selbst gerichtet sind,
solcher Mißhandlung überliefern, geben sie sich gleichzeitig dazu her,
einer Brochüre des Herrn Wönigcr gegen den Herrn von Bülow-
Cummerow, die sich durch vorausgegangenen Jnseratenwechsel in den
Berliner Zeitungen als Product der persönlichsten ^Gereiztheit deutlich
angekündigt hat, Weihrauch zu streuen. Herr Wöniger hat darin
ganz Recht, daß das Bülow-Cummerowsche Project nichts weiter als
eine Privarspeculation vom erclusivsten Gepräge ist, und seine Bro¬
chüre liefert eine Bereicherung des zur öffentlichen Kunde gebrachten
Materials über die betreffende Frage dadurch, daß er — beiläufig ge¬
sagt, unbefugter und indiscrcter Weise — den der preußischen Ne¬
gierung vom Herrn von Bülow-Cummerow vorgelegten Plan
vollständig veröffentlicht; übrigens ist die Brochüre ohne Werth
und ganz im Charakter der geschwätzigen Aufsätze, durch welche
sich Herr Wöniger in der Vosstschen Zeitung bekannt gemacht hat.
Ueber den Stand der Angelegenheit selbst kann ich nichts zuverlässiges
mittheilen;, das Ergebniß der Berathung welche neulich im Minister¬
rathe stattgefunden, ist nicht bekannt geworden, und die Angelegen¬
heit liegt nun Sr. Majestät noch zur Entscheidung vor. Huber's
Janus hat in seinem letzten Hefte einen — wie die Redaction sagt
— von einem praktischen Staatsmann verfaßten Aufsatz über die
Bankfrage gebracht, welcher sehr lesenswerth ist und einen eigenthüm¬
lichen Weg andeutet. Der Verfasser schlagt eine Zollvereinsbank
vor, welche in Preußen, „dem mächtigsten Staate des Zollvereins"
bestehen und weder eine sogenannte Nationalbank noch ein Staatsin¬
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/471>, abgerufen am 28.07.2024.