Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.aufs Angelegentlichste empfohlen haben; denn die Polizei denkt Adelsberg ist ein kleines ödes Nest, und hätte es nicht die aufs Angelegentlichste empfohlen haben; denn die Polizei denkt Adelsberg ist ein kleines ödes Nest, und hätte es nicht die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0399" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/182209"/> <p xml:id="ID_903" prev="#ID_902"> aufs Angelegentlichste empfohlen haben; denn die Polizei denkt<lb/> wahrscheinlich wie jenes deutsche Lied: Böse Menschen haben keine<lb/> Lieder, und laßt Jeden, der ein Lied hat, so frei passiren, als hätte<lb/> er einen Paß. Aber freilich Einziehen ist noch nicht Ausziehen,<lb/> und ich mußte darauf bedacht sein, mir so schnell als möglich das<lb/> Visum von Laibach zu verschaffen. Den Morgen nach meiner An¬<lb/> kunft stand ich sehr früh auf und machte einen Spaziergang in die<lb/> Umgegend. Da ich keine Uhr bei mir hatte, fürchtete ich mich zu<lb/> verspäten, und eilte nach der Stadt zurück und auf die Polizci-<lb/> direction. Aber es war noch sehr früh, und die Kanzleien waren<lb/> noch leeri nur ein gemeiner Polizeisoldat ging im Borzimmer auf<lb/> und ab, und langweilte sich. Es dauere wenigstens noch zwei<lb/> Stunde», meinte er, bis einer der Herren Beamten komme. Guter<lb/> Mann, sagte ich zu ihm, hier ist mein Paß, der weiter nach Ita¬<lb/> lien visirt werden soll; je eher Ihr ihn mir gehörig vistrt ins Gast¬<lb/> haus bringt, desto großer und reichlicher soll Euer Trinkgeld aus¬<lb/> fallen. Der Mann nahm den Paß, sah wehmüthig nach dem<lb/> Stempel hinüber, und ich ging, ihm und seinem nach Trinkgelde<lb/> sehnsüchtigen Geiste meinen Paß und meine Sorgen überlassend,<lb/> lind wunderbar! Keine halbe Stunde war verstrichen, da pochte<lb/> es an die Thüre meines Zimmers, und herein trat mein guter<lb/> Mann und überreichte mir meinen wohl vistrtcn Paß, giltig nach<lb/> Adelsberg, unterrichtete mich noch, daß ich mich in dieser Stadt<lb/> nicht an die Polizei, sondern an das Kreisamt zu wenden hätte,<lb/> nahm das Trinkgeld mit Dank an und ging, ohne mir Zeit zu<lb/> lassen, mich über das Wunder zu unterrichten; denn ein Wunder<lb/> war es doch, daß ein Beamter, der erst um neun Uhr sichtbar wird,<lb/> schon nach halb acht Uhr einen Paß visirt hatte. Allein, die Wun¬<lb/> der haben oft so natürliche Grundlagen, daß es nicht der Mühe<lb/> lohnt, ihnen weiter nachzuforschen.</p><lb/> <p xml:id="ID_904" next="#ID_905"> Adelsberg ist ein kleines ödes Nest, und hätte es nicht die<lb/> herrliche Grotte in seiner Nähe, wäre es ven counno en tiistuiiv.<lb/> Gleich nach meiner Ankunft daselbst, es war spät Abends, erkun¬<lb/> digte ich mich nach den Herren des Kreisamtes, und wo sie zu<lb/> treffen wären; denn in einem so kleinen Orte, dachte ich, müsse es<lb/> nicht schwer werden, mit ihnen Bekanntschaft zu machen. Mein<lb/> Gastwirth zeigte mir einen kleinen Gasthof, in welchem sie sich all-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0399]
aufs Angelegentlichste empfohlen haben; denn die Polizei denkt
wahrscheinlich wie jenes deutsche Lied: Böse Menschen haben keine
Lieder, und laßt Jeden, der ein Lied hat, so frei passiren, als hätte
er einen Paß. Aber freilich Einziehen ist noch nicht Ausziehen,
und ich mußte darauf bedacht sein, mir so schnell als möglich das
Visum von Laibach zu verschaffen. Den Morgen nach meiner An¬
kunft stand ich sehr früh auf und machte einen Spaziergang in die
Umgegend. Da ich keine Uhr bei mir hatte, fürchtete ich mich zu
verspäten, und eilte nach der Stadt zurück und auf die Polizci-
direction. Aber es war noch sehr früh, und die Kanzleien waren
noch leeri nur ein gemeiner Polizeisoldat ging im Borzimmer auf
und ab, und langweilte sich. Es dauere wenigstens noch zwei
Stunde», meinte er, bis einer der Herren Beamten komme. Guter
Mann, sagte ich zu ihm, hier ist mein Paß, der weiter nach Ita¬
lien visirt werden soll; je eher Ihr ihn mir gehörig vistrt ins Gast¬
haus bringt, desto großer und reichlicher soll Euer Trinkgeld aus¬
fallen. Der Mann nahm den Paß, sah wehmüthig nach dem
Stempel hinüber, und ich ging, ihm und seinem nach Trinkgelde
sehnsüchtigen Geiste meinen Paß und meine Sorgen überlassend,
lind wunderbar! Keine halbe Stunde war verstrichen, da pochte
es an die Thüre meines Zimmers, und herein trat mein guter
Mann und überreichte mir meinen wohl vistrtcn Paß, giltig nach
Adelsberg, unterrichtete mich noch, daß ich mich in dieser Stadt
nicht an die Polizei, sondern an das Kreisamt zu wenden hätte,
nahm das Trinkgeld mit Dank an und ging, ohne mir Zeit zu
lassen, mich über das Wunder zu unterrichten; denn ein Wunder
war es doch, daß ein Beamter, der erst um neun Uhr sichtbar wird,
schon nach halb acht Uhr einen Paß visirt hatte. Allein, die Wun¬
der haben oft so natürliche Grundlagen, daß es nicht der Mühe
lohnt, ihnen weiter nachzuforschen.
Adelsberg ist ein kleines ödes Nest, und hätte es nicht die
herrliche Grotte in seiner Nähe, wäre es ven counno en tiistuiiv.
Gleich nach meiner Ankunft daselbst, es war spät Abends, erkun¬
digte ich mich nach den Herren des Kreisamtes, und wo sie zu
treffen wären; denn in einem so kleinen Orte, dachte ich, müsse es
nicht schwer werden, mit ihnen Bekanntschaft zu machen. Mein
Gastwirth zeigte mir einen kleinen Gasthof, in welchem sie sich all-
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