Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

lernte, Im Jahre 1892, als Napoleon den öffentlichen Unterricht
zu reorganisiren beschloß, ernannte er Cuvier zu einem der sechs
Generalinspectoren, welche die Aufgabe hatten, in den dreißig grö߬
ten Dtädten Frankreichs Lyceen zu gründen; ihm fielen unter an¬
dern Marseille und Bordeaux zu. Während seiner Reise dahin war
das Institut wieder neu organisirt worden, und als er nach Paris
zurückkehrte, fand er sich, fast einstimmig, zum lebenslänglichen Se¬
kretär für das Fach der Naturwissenschaften erwählt. In dieser
Eigenschaft hatte er im Jahre 1808 einen Bericht über die Fort¬
schritte seiner Fachwissenschaften seit 1789 abzufassen) eine Arbeit,
der Niemand mehr gewachsen sein konnte, als der Mann, der diese
Fortschritte nicht nur erlebt, sondern selbst mit bewirkt hatte,
und Cuvier's Bericht ist auch ein wahrhaft historisches Denkmal,
errichtet zum Ruhme des menschlichen Geistes und seiner Triumphe
auf dem naturgeschichtlichen Felde. Am Schlüsse aber heißt es im
ächtesten Jmperialstyl:--- -- "Ein Blick von Ihnen, Sire, die
Hoffnung, eines Tages mit genannt zu werden in der Geschichte
Ihres unvergänglichen Reiches, neben so vielen Wundern, welche
das Staunen und wohl auch den Unglauben der Völker erregen
werden, das ist die größte Belohnung, auf welche wir Anspruch
machen können. . . . Nur ein Befehl, nur ein Wort aus Ihrem
Munde, Sire, und die Wissenschaften dieses Jahrhunderts werden
bald eben so hoch stehen über denen aus Aristoteles Zeiten, wie
die Siege Ihrer Majestät über denen Alexanders deö Großen ste¬
hen." -- "Er hat mich gerade so gelobt, wie ich es liebe," sagte
Napoleon bei dieser Gelegenheit, und man muß gestehen, es müßte
Einer ziemlich viel vertragen können, um mit einer solchen Dosis
Weihrauch noch nicht zufrieden zu sein.

Im selben Jahre wurde die kaiserliche Universität geschaffen
und .Cuvier auf Lebenszeit zu einem ihrer Räthe ernannt; 18V9
und 181 > hatte er die Akademien und Schulen in einem Theile der
eroberten Länder zu organisiren und lieferte die ideenreichsten Be¬
richte über den Zustand des öffentlichen Unterrichts in Holland,
und in den französischen Provinzen Norddeutschlands und Ita¬
liens. Napoleon wollte den modernen Aristoteles auch zum Erzie¬
her des Königs von Rom machen und schickte ihn, vorläufig zur
Organisation einer römischen Universität, nach der Siebenhügelstadt


38*

lernte, Im Jahre 1892, als Napoleon den öffentlichen Unterricht
zu reorganisiren beschloß, ernannte er Cuvier zu einem der sechs
Generalinspectoren, welche die Aufgabe hatten, in den dreißig grö߬
ten Dtädten Frankreichs Lyceen zu gründen; ihm fielen unter an¬
dern Marseille und Bordeaux zu. Während seiner Reise dahin war
das Institut wieder neu organisirt worden, und als er nach Paris
zurückkehrte, fand er sich, fast einstimmig, zum lebenslänglichen Se¬
kretär für das Fach der Naturwissenschaften erwählt. In dieser
Eigenschaft hatte er im Jahre 1808 einen Bericht über die Fort¬
schritte seiner Fachwissenschaften seit 1789 abzufassen) eine Arbeit,
der Niemand mehr gewachsen sein konnte, als der Mann, der diese
Fortschritte nicht nur erlebt, sondern selbst mit bewirkt hatte,
und Cuvier's Bericht ist auch ein wahrhaft historisches Denkmal,
errichtet zum Ruhme des menschlichen Geistes und seiner Triumphe
auf dem naturgeschichtlichen Felde. Am Schlüsse aber heißt es im
ächtesten Jmperialstyl:--- — „Ein Blick von Ihnen, Sire, die
Hoffnung, eines Tages mit genannt zu werden in der Geschichte
Ihres unvergänglichen Reiches, neben so vielen Wundern, welche
das Staunen und wohl auch den Unglauben der Völker erregen
werden, das ist die größte Belohnung, auf welche wir Anspruch
machen können. . . . Nur ein Befehl, nur ein Wort aus Ihrem
Munde, Sire, und die Wissenschaften dieses Jahrhunderts werden
bald eben so hoch stehen über denen aus Aristoteles Zeiten, wie
die Siege Ihrer Majestät über denen Alexanders deö Großen ste¬
hen." — „Er hat mich gerade so gelobt, wie ich es liebe," sagte
Napoleon bei dieser Gelegenheit, und man muß gestehen, es müßte
Einer ziemlich viel vertragen können, um mit einer solchen Dosis
Weihrauch noch nicht zufrieden zu sein.

Im selben Jahre wurde die kaiserliche Universität geschaffen
und .Cuvier auf Lebenszeit zu einem ihrer Räthe ernannt; 18V9
und 181 > hatte er die Akademien und Schulen in einem Theile der
eroberten Länder zu organisiren und lieferte die ideenreichsten Be¬
richte über den Zustand des öffentlichen Unterrichts in Holland,
und in den französischen Provinzen Norddeutschlands und Ita¬
liens. Napoleon wollte den modernen Aristoteles auch zum Erzie¬
her des Königs von Rom machen und schickte ihn, vorläufig zur
Organisation einer römischen Universität, nach der Siebenhügelstadt


38*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0307" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/182117"/>
          <p xml:id="ID_686" prev="#ID_685"> lernte, Im Jahre 1892, als Napoleon den öffentlichen Unterricht<lb/>
zu reorganisiren beschloß, ernannte er Cuvier zu einem der sechs<lb/>
Generalinspectoren, welche die Aufgabe hatten, in den dreißig grö߬<lb/>
ten Dtädten Frankreichs Lyceen zu gründen; ihm fielen unter an¬<lb/>
dern Marseille und Bordeaux zu. Während seiner Reise dahin war<lb/>
das Institut wieder neu organisirt worden, und als er nach Paris<lb/>
zurückkehrte, fand er sich, fast einstimmig, zum lebenslänglichen Se¬<lb/>
kretär für das Fach der Naturwissenschaften erwählt. In dieser<lb/>
Eigenschaft hatte er im Jahre 1808 einen Bericht über die Fort¬<lb/>
schritte seiner Fachwissenschaften seit 1789 abzufassen) eine Arbeit,<lb/>
der Niemand mehr gewachsen sein konnte, als der Mann, der diese<lb/>
Fortschritte nicht nur erlebt, sondern selbst mit bewirkt hatte,<lb/>
und Cuvier's Bericht ist auch ein wahrhaft historisches Denkmal,<lb/>
errichtet zum Ruhme des menschlichen Geistes und seiner Triumphe<lb/>
auf dem naturgeschichtlichen Felde.  Am Schlüsse aber heißt es im<lb/>
ächtesten Jmperialstyl:--- &#x2014; &#x201E;Ein Blick von Ihnen, Sire, die<lb/>
Hoffnung, eines Tages mit genannt zu werden in der Geschichte<lb/>
Ihres unvergänglichen Reiches, neben so vielen Wundern, welche<lb/>
das Staunen und wohl auch den Unglauben der Völker erregen<lb/>
werden, das ist die größte Belohnung, auf welche wir Anspruch<lb/>
machen können. . . . Nur ein Befehl, nur ein Wort aus Ihrem<lb/>
Munde, Sire, und die Wissenschaften dieses Jahrhunderts werden<lb/>
bald eben so hoch stehen über denen aus Aristoteles Zeiten, wie<lb/>
die Siege Ihrer Majestät über denen Alexanders deö Großen ste¬<lb/>
hen." &#x2014; &#x201E;Er hat mich gerade so gelobt, wie ich es liebe," sagte<lb/>
Napoleon bei dieser Gelegenheit, und man muß gestehen, es müßte<lb/>
Einer ziemlich viel vertragen können, um mit einer solchen Dosis<lb/>
Weihrauch noch nicht zufrieden zu sein.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_687" next="#ID_688"> Im selben Jahre wurde die kaiserliche Universität geschaffen<lb/>
und .Cuvier auf Lebenszeit zu einem ihrer Räthe ernannt; 18V9<lb/>
und 181 &gt; hatte er die Akademien und Schulen in einem Theile der<lb/>
eroberten Länder zu organisiren und lieferte die ideenreichsten Be¬<lb/>
richte über den Zustand des öffentlichen Unterrichts in Holland,<lb/>
und in den französischen Provinzen Norddeutschlands und Ita¬<lb/>
liens. Napoleon wollte den modernen Aristoteles auch zum Erzie¬<lb/>
her des Königs von Rom machen und schickte ihn, vorläufig zur<lb/>
Organisation einer römischen Universität, nach der Siebenhügelstadt</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> 38*</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0307] lernte, Im Jahre 1892, als Napoleon den öffentlichen Unterricht zu reorganisiren beschloß, ernannte er Cuvier zu einem der sechs Generalinspectoren, welche die Aufgabe hatten, in den dreißig grö߬ ten Dtädten Frankreichs Lyceen zu gründen; ihm fielen unter an¬ dern Marseille und Bordeaux zu. Während seiner Reise dahin war das Institut wieder neu organisirt worden, und als er nach Paris zurückkehrte, fand er sich, fast einstimmig, zum lebenslänglichen Se¬ kretär für das Fach der Naturwissenschaften erwählt. In dieser Eigenschaft hatte er im Jahre 1808 einen Bericht über die Fort¬ schritte seiner Fachwissenschaften seit 1789 abzufassen) eine Arbeit, der Niemand mehr gewachsen sein konnte, als der Mann, der diese Fortschritte nicht nur erlebt, sondern selbst mit bewirkt hatte, und Cuvier's Bericht ist auch ein wahrhaft historisches Denkmal, errichtet zum Ruhme des menschlichen Geistes und seiner Triumphe auf dem naturgeschichtlichen Felde. Am Schlüsse aber heißt es im ächtesten Jmperialstyl:--- — „Ein Blick von Ihnen, Sire, die Hoffnung, eines Tages mit genannt zu werden in der Geschichte Ihres unvergänglichen Reiches, neben so vielen Wundern, welche das Staunen und wohl auch den Unglauben der Völker erregen werden, das ist die größte Belohnung, auf welche wir Anspruch machen können. . . . Nur ein Befehl, nur ein Wort aus Ihrem Munde, Sire, und die Wissenschaften dieses Jahrhunderts werden bald eben so hoch stehen über denen aus Aristoteles Zeiten, wie die Siege Ihrer Majestät über denen Alexanders deö Großen ste¬ hen." — „Er hat mich gerade so gelobt, wie ich es liebe," sagte Napoleon bei dieser Gelegenheit, und man muß gestehen, es müßte Einer ziemlich viel vertragen können, um mit einer solchen Dosis Weihrauch noch nicht zufrieden zu sein. Im selben Jahre wurde die kaiserliche Universität geschaffen und .Cuvier auf Lebenszeit zu einem ihrer Räthe ernannt; 18V9 und 181 > hatte er die Akademien und Schulen in einem Theile der eroberten Länder zu organisiren und lieferte die ideenreichsten Be¬ richte über den Zustand des öffentlichen Unterrichts in Holland, und in den französischen Provinzen Norddeutschlands und Ita¬ liens. Napoleon wollte den modernen Aristoteles auch zum Erzie¬ her des Königs von Rom machen und schickte ihn, vorläufig zur Organisation einer römischen Universität, nach der Siebenhügelstadt 38*

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/307
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/307>, abgerufen am 23.12.2024.