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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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mentem Systems bleiben nicht aus und treten leider überall, auf die
betrübendste Art zu Tage. Die Donauschissfahrt des österreichischen Lloyd
auf der untern Strecke des Stroms und auf der Seclinie hat man¬
cherlei Plackereien zu erleiden und sieht sich einem Austande der Un¬
sicherheit und der Rechtlosigkeit überliefert, der selbst das redlichste
Streben einschüchtern, den feurigsten Eifer ermüden muß. Alberne,
von der Bestechlichkeit und von Bosheit dictirte Verordnungen hem¬
men den Lauf ihrer Schiffe und berauben sie monatelang der Fre¬
quenz, welche ihnen der Natur der Sache nach und ohne die tölpische
Dazwischenkamst einfältiger Satrapenlaune zugefallen wäre. Noch
neulich war die Gesellschaft genöthigt, die ihr gehörigen Schmieden
und Maschinenwerkstätten in Therapia, auf den einfachen Wunsch des
Kapudan Pascha, der hohen Psorte käuflich zu überlassen, wofür dann
freilich der Lloyd- Director Herr Brück einen türkischen Orden und
Herr Marinitsch, der Leiter jener Etablissements, eine kostbare Taba-
tiere zum Zeichen der Allerhöchsten Zufriedenheit erhielt.

Der von dem britischen Schiffslieutenant Waghorn unternom¬
mene und in allen Zeitungen Europas vielfach besprochene Versuch,
die indische Post statt über Marseille und Frankreich, über Triest und
Deutschland zu befördern, hat zwar nicht den erwünschten Erfolg ge¬
habt, da der neueste Gegcnversuch mit dem französischen Dampfboot
,4>.<;x"rilIi-<- ein Uebergewicht für die französische Route herausstellte,
Pas man kaum wird mit Erfolg bekämpfen können. Der Lloyd
geht zwar mit dem Plan um, ein neues Dampfschiff von Pferde-
kraft anzukaufen und dasselbe lediglich zu diesen Fahrten für die Ueber¬
landspost zu verwenden, und will überhaupt kein Mittel unversucht
lassen, um die indische Postbeförderung an sich zu reißen, doch dürfte
ihm dies kaum gelingen, da die Franzosen gleichfalls Alles aufbieten,
um in diesem Wettlauf nicht zu unterliegen. Zudem darf man nicht
vergessen, daß die deutsche Route bedeutende Höhenzüge zu überwinden
hat, die zumal im Winter sehr schwierig zu passiren sind und den
Vorsprung so ziemlich wieder absorbiren, welchen sie in Bezug auf
Eisenstraßen und Stromlinien vor Frankreich besitzen mag. Indeß
verdient das genannte Experiment, auch wenn dasselbe nicht zum er¬
wünschten Ziele führen sollte, doch den entschiedensten Beifall, indem
es jedenfalls die vorhandenen Kräfte aufregen und üben dürfte, so
daß der Nutzen des Versuchs über Kurz oder Lang in irgend eimr
Art glänzend ans Licht treten wird, ist es eben auch nicht in jener
Richtung, die man von 'Anfang her im Auge gehabt hatte. Ein
schönes Verdienst um das probeweise Gelingen hat sich namentlich
unser Gouverneur Graf Stadion erworben, welcher seinen ganzen
Einfluß und alle Hebel seiner Macht ansetzte, um unserem
Hafen den angestrebten Vortheil des indischen Briessellcisens zuzuwen¬
den. In finsterer Nacht harrte er mit noch einigen Beamten des


mentem Systems bleiben nicht aus und treten leider überall, auf die
betrübendste Art zu Tage. Die Donauschissfahrt des österreichischen Lloyd
auf der untern Strecke des Stroms und auf der Seclinie hat man¬
cherlei Plackereien zu erleiden und sieht sich einem Austande der Un¬
sicherheit und der Rechtlosigkeit überliefert, der selbst das redlichste
Streben einschüchtern, den feurigsten Eifer ermüden muß. Alberne,
von der Bestechlichkeit und von Bosheit dictirte Verordnungen hem¬
men den Lauf ihrer Schiffe und berauben sie monatelang der Fre¬
quenz, welche ihnen der Natur der Sache nach und ohne die tölpische
Dazwischenkamst einfältiger Satrapenlaune zugefallen wäre. Noch
neulich war die Gesellschaft genöthigt, die ihr gehörigen Schmieden
und Maschinenwerkstätten in Therapia, auf den einfachen Wunsch des
Kapudan Pascha, der hohen Psorte käuflich zu überlassen, wofür dann
freilich der Lloyd- Director Herr Brück einen türkischen Orden und
Herr Marinitsch, der Leiter jener Etablissements, eine kostbare Taba-
tiere zum Zeichen der Allerhöchsten Zufriedenheit erhielt.

Der von dem britischen Schiffslieutenant Waghorn unternom¬
mene und in allen Zeitungen Europas vielfach besprochene Versuch,
die indische Post statt über Marseille und Frankreich, über Triest und
Deutschland zu befördern, hat zwar nicht den erwünschten Erfolg ge¬
habt, da der neueste Gegcnversuch mit dem französischen Dampfboot
,4>.<;x»rilIi-<- ein Uebergewicht für die französische Route herausstellte,
Pas man kaum wird mit Erfolg bekämpfen können. Der Lloyd
geht zwar mit dem Plan um, ein neues Dampfschiff von Pferde-
kraft anzukaufen und dasselbe lediglich zu diesen Fahrten für die Ueber¬
landspost zu verwenden, und will überhaupt kein Mittel unversucht
lassen, um die indische Postbeförderung an sich zu reißen, doch dürfte
ihm dies kaum gelingen, da die Franzosen gleichfalls Alles aufbieten,
um in diesem Wettlauf nicht zu unterliegen. Zudem darf man nicht
vergessen, daß die deutsche Route bedeutende Höhenzüge zu überwinden
hat, die zumal im Winter sehr schwierig zu passiren sind und den
Vorsprung so ziemlich wieder absorbiren, welchen sie in Bezug auf
Eisenstraßen und Stromlinien vor Frankreich besitzen mag. Indeß
verdient das genannte Experiment, auch wenn dasselbe nicht zum er¬
wünschten Ziele führen sollte, doch den entschiedensten Beifall, indem
es jedenfalls die vorhandenen Kräfte aufregen und üben dürfte, so
daß der Nutzen des Versuchs über Kurz oder Lang in irgend eimr
Art glänzend ans Licht treten wird, ist es eben auch nicht in jener
Richtung, die man von 'Anfang her im Auge gehabt hatte. Ein
schönes Verdienst um das probeweise Gelingen hat sich namentlich
unser Gouverneur Graf Stadion erworben, welcher seinen ganzen
Einfluß und alle Hebel seiner Macht ansetzte, um unserem
Hafen den angestrebten Vortheil des indischen Briessellcisens zuzuwen¬
den. In finsterer Nacht harrte er mit noch einigen Beamten des


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[0252] mentem Systems bleiben nicht aus und treten leider überall, auf die betrübendste Art zu Tage. Die Donauschissfahrt des österreichischen Lloyd auf der untern Strecke des Stroms und auf der Seclinie hat man¬ cherlei Plackereien zu erleiden und sieht sich einem Austande der Un¬ sicherheit und der Rechtlosigkeit überliefert, der selbst das redlichste Streben einschüchtern, den feurigsten Eifer ermüden muß. Alberne, von der Bestechlichkeit und von Bosheit dictirte Verordnungen hem¬ men den Lauf ihrer Schiffe und berauben sie monatelang der Fre¬ quenz, welche ihnen der Natur der Sache nach und ohne die tölpische Dazwischenkamst einfältiger Satrapenlaune zugefallen wäre. Noch neulich war die Gesellschaft genöthigt, die ihr gehörigen Schmieden und Maschinenwerkstätten in Therapia, auf den einfachen Wunsch des Kapudan Pascha, der hohen Psorte käuflich zu überlassen, wofür dann freilich der Lloyd- Director Herr Brück einen türkischen Orden und Herr Marinitsch, der Leiter jener Etablissements, eine kostbare Taba- tiere zum Zeichen der Allerhöchsten Zufriedenheit erhielt. Der von dem britischen Schiffslieutenant Waghorn unternom¬ mene und in allen Zeitungen Europas vielfach besprochene Versuch, die indische Post statt über Marseille und Frankreich, über Triest und Deutschland zu befördern, hat zwar nicht den erwünschten Erfolg ge¬ habt, da der neueste Gegcnversuch mit dem französischen Dampfboot ,4>.<;x»rilIi-<- ein Uebergewicht für die französische Route herausstellte, Pas man kaum wird mit Erfolg bekämpfen können. Der Lloyd geht zwar mit dem Plan um, ein neues Dampfschiff von Pferde- kraft anzukaufen und dasselbe lediglich zu diesen Fahrten für die Ueber¬ landspost zu verwenden, und will überhaupt kein Mittel unversucht lassen, um die indische Postbeförderung an sich zu reißen, doch dürfte ihm dies kaum gelingen, da die Franzosen gleichfalls Alles aufbieten, um in diesem Wettlauf nicht zu unterliegen. Zudem darf man nicht vergessen, daß die deutsche Route bedeutende Höhenzüge zu überwinden hat, die zumal im Winter sehr schwierig zu passiren sind und den Vorsprung so ziemlich wieder absorbiren, welchen sie in Bezug auf Eisenstraßen und Stromlinien vor Frankreich besitzen mag. Indeß verdient das genannte Experiment, auch wenn dasselbe nicht zum er¬ wünschten Ziele führen sollte, doch den entschiedensten Beifall, indem es jedenfalls die vorhandenen Kräfte aufregen und üben dürfte, so daß der Nutzen des Versuchs über Kurz oder Lang in irgend eimr Art glänzend ans Licht treten wird, ist es eben auch nicht in jener Richtung, die man von 'Anfang her im Auge gehabt hatte. Ein schönes Verdienst um das probeweise Gelingen hat sich namentlich unser Gouverneur Graf Stadion erworben, welcher seinen ganzen Einfluß und alle Hebel seiner Macht ansetzte, um unserem Hafen den angestrebten Vortheil des indischen Briessellcisens zuzuwen¬ den. In finsterer Nacht harrte er mit noch einigen Beamten des

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/252>, abgerufen am 23.12.2024.