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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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rann; wir glauben daher, er und die Bremer Zeitung geben ein
hoffnungsvolles Paar, und wir wünschen nur, daß die Hanftatische
Antizollvereinstimmung ihm nicht so viel eheliche Zwiste schaffe, wie
die ultramontanen Blähungen in Köln.

Das Cabinet von Augsburg hat eine zu feste Politik, um
von einem Jahreswechsel merklich berührt zu werden. Viele Blat¬
ter sind aufgeblüht und abgefallen vom Baume der deutschen Presse,
und die Augsburger ist ein mächtiges altes Haus geblieben. Wir ge¬
hören nicht zu Denen, welche die Bedeutung dieses großartigen Blat¬
tes verkleinern möchten, weil es in der innern deutschen Politik nur
zu oft eine diplomatische Neutralität beobachtet. Es ist wahr, die
erste deutsche Zeitung ist die letzte in den Reihen der liberalen Op¬
position; selten hat sie in Reformangelcgenheiten die Initiative ergrif¬
fen, aber wie eine kluge konservative Negierung, die bei Zeiten den
Liberalen beistimme, wenn sie die Majorität errungen, oder zu errin¬
gen die Aussicht haben, so weiß sie, den voraussichtlichen Sieg der
öffentlichen Meinung anzuerkennen und ist in dieser Beziehung ein
Barometer, auf den alle Blicke gerichtet sind; seit mehrern Jah¬
ren gehört sie schon zu den Fürsprechern der öffentlichen und
mündlichen Gerichtsbarkeit, und man kann überhaupt gewiß sein,
wenn eine politische Frage einmal auf das Tapet gebracht ist, bei
ihr die gründlichste Erörterung und die diplomatisch genauesten De¬
tails, die zur Entscheidung gehören, anzutreffen. Wenn sie den Be¬
wegungen im Innern, konstitutionellen wie kirchlichen, nur als
Ehronikenschreiber, als vornehmer und oft ironischer Beobachter folgt,
wenn sie hier noch immer den schüchternen, unmaßgeblichen, gebildeten
Deutschen der Zwanziger Jahre spielt, so möge man nicht vergessen,
daß sie nur um diesen Preis jene tiefwurzelnde und weitreichende
Stellung erlangen konnte, die sie zur Vertretung Deutschlands gegen
Außen und zur Förderung nationaler Interessen im Großen und Gan¬
zen zu benutzen weiß. Die Augsb. Allg. muß in ihren Spalten noch
immer den ganzen alten Chor hofrathlichcr Nesidenzchronistcn, Ge¬
burtstags- und Entbindungshistoriographen, Illumination- und Vi-
vatrufcorrcspondentcn auftreten lassen, nachtragend die erbauliche
Schleppe unseres imoion i-">giin<z, aber in denselben Spalten treten
auch die besten deutschen Federn, Patrioten der ernsthaftesten Gesin¬
nung, der reifsten Intelligenz und der fruchtbarsten Sachkenntniß
zusammen. Man denke nur an die systematische und durchdringende
Beleuchtung der deutsch - russischen Wechselbeziehungen, mit der sich
die Allgemeine seit Jahren beschäftigt; kein Blatt, sein Programm
sei noch so national, und noch so laut zwischen jedem Aeilenpaar aus¬
gesprochen, hat dem nordischen Erbfeind in aller Ruhe so unausgesetzt
und scharf ins Gesicht geleuchtet. Eben so umsichtig vertritt sie
Deutschland vor dem Westen. Wo es die Zukunft deutscher Jndu-


rann; wir glauben daher, er und die Bremer Zeitung geben ein
hoffnungsvolles Paar, und wir wünschen nur, daß die Hanftatische
Antizollvereinstimmung ihm nicht so viel eheliche Zwiste schaffe, wie
die ultramontanen Blähungen in Köln.

Das Cabinet von Augsburg hat eine zu feste Politik, um
von einem Jahreswechsel merklich berührt zu werden. Viele Blat¬
ter sind aufgeblüht und abgefallen vom Baume der deutschen Presse,
und die Augsburger ist ein mächtiges altes Haus geblieben. Wir ge¬
hören nicht zu Denen, welche die Bedeutung dieses großartigen Blat¬
tes verkleinern möchten, weil es in der innern deutschen Politik nur
zu oft eine diplomatische Neutralität beobachtet. Es ist wahr, die
erste deutsche Zeitung ist die letzte in den Reihen der liberalen Op¬
position; selten hat sie in Reformangelcgenheiten die Initiative ergrif¬
fen, aber wie eine kluge konservative Negierung, die bei Zeiten den
Liberalen beistimme, wenn sie die Majorität errungen, oder zu errin¬
gen die Aussicht haben, so weiß sie, den voraussichtlichen Sieg der
öffentlichen Meinung anzuerkennen und ist in dieser Beziehung ein
Barometer, auf den alle Blicke gerichtet sind; seit mehrern Jah¬
ren gehört sie schon zu den Fürsprechern der öffentlichen und
mündlichen Gerichtsbarkeit, und man kann überhaupt gewiß sein,
wenn eine politische Frage einmal auf das Tapet gebracht ist, bei
ihr die gründlichste Erörterung und die diplomatisch genauesten De¬
tails, die zur Entscheidung gehören, anzutreffen. Wenn sie den Be¬
wegungen im Innern, konstitutionellen wie kirchlichen, nur als
Ehronikenschreiber, als vornehmer und oft ironischer Beobachter folgt,
wenn sie hier noch immer den schüchternen, unmaßgeblichen, gebildeten
Deutschen der Zwanziger Jahre spielt, so möge man nicht vergessen,
daß sie nur um diesen Preis jene tiefwurzelnde und weitreichende
Stellung erlangen konnte, die sie zur Vertretung Deutschlands gegen
Außen und zur Förderung nationaler Interessen im Großen und Gan¬
zen zu benutzen weiß. Die Augsb. Allg. muß in ihren Spalten noch
immer den ganzen alten Chor hofrathlichcr Nesidenzchronistcn, Ge¬
burtstags- und Entbindungshistoriographen, Illumination- und Vi-
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Schleppe unseres imoion i-«>giin<z, aber in denselben Spalten treten
auch die besten deutschen Federn, Patrioten der ernsthaftesten Gesin¬
nung, der reifsten Intelligenz und der fruchtbarsten Sachkenntniß
zusammen. Man denke nur an die systematische und durchdringende
Beleuchtung der deutsch - russischen Wechselbeziehungen, mit der sich
die Allgemeine seit Jahren beschäftigt; kein Blatt, sein Programm
sei noch so national, und noch so laut zwischen jedem Aeilenpaar aus¬
gesprochen, hat dem nordischen Erbfeind in aller Ruhe so unausgesetzt
und scharf ins Gesicht geleuchtet. Eben so umsichtig vertritt sie
Deutschland vor dem Westen. Wo es die Zukunft deutscher Jndu-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/238>, abgerufen am 23.12.2024.