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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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de als die Hälfte des Neinerträgnisses wieder den Betrag von 1762
Fi. C. M. zugewendet. Leider geht dieses Institut doch einer be-
klagenswerthen Umwandlung entgegen, da ein Decret der Negierung
die Bestimmung aufgestellt hat, daß in Zukunft wegen Mangels an
Fonds diejenigen Blindenzözlinge nach ihrem Austritt aus der Bil¬
dungsanstalt in die Versorgungsanstalt aufgenommen werden sollen,
welche eine jährliche Unterstützung von 16le Gulden nachzuweisen im
Stande sind. Durch diese Beschränkung ist die Lebenszukunft sehr
vieler Blinden, welche sich in der Bildungsanstalt, die unter der Lei¬
tung des vortrefflichen Klein steht, so viel Fertigkeit in irgend einer
mechanischen Beschäftigung angeeignet haben, um sich in der Folge
einen Theil ihres Lebensunterhalts selbst verdienen zu können, schwer
bedroht, denn während sie bei der früheren Einrichtung des Versor¬
gungsinstitutes für den Fall, daß sie keine Verwandten hatten, welche
sie in ihr Haus aufnehmen, in die Anstalt übertreten konnten, wo
sie angemessen beschäftigt und für ihre Bedürfnisse gesorgt wurde,
stößt man jetzt die Unbemittelten, die nicht den erforderlichen Zuschuß
zu leisten im Stande sind, in die kalte Welt hinaus, wo die Con-
currenz der Vottsinnigen sie ohne Zweifel erdrücken muß, indeß die
Bemittelten, welche der Anstalt weniger bedürfen, darin Aufnahme
finden. Diese Wandlung der Verhältnisse haben den Director der
Blindenanstalt, welcher zugleich Director des Versorgungshauses ge¬
wesen, bewogen, diese letztere Stelle sogleich niederzulegen. Herr Klein
ist von Geburt ein Würtenberger und hat sein ganzes Leben der
Bildung jener Unglücklichen geweiht, denen ein hartes Geschick die
kostbare Gabe des Augenlichtes entzogen hat; schon im Jahre 1803
begründete er hier ein Bildungsinstitut für Blindgeborne und wußte
seine Lieblingsschöpfung durch alle Stürme einer vielbewegten Zeit
hinüberzuretten in unsere friedlichen Tage von denen er hoffte, daß
sie den heißesten Wunsch seiner menschenfreundlichen Seele, nämlich die
Uebernahme des von ihm mit großen Anstrengungen erweiterten In¬
stituts von Seite der Staatsverwaltung, realisiren würden. Darin
täuschte er sich aber; man belohnte seine unwiderlegbaren Verdienste
um den Staat und die Menschheit durch die Civilehrenmedaille und
den Rathstitel, allein von der Erhebung der Anstalt in ein vom
Staate zu unterhaltendes Institut war nie die Rede.

Am 2. Jänner starb der Graf Felix Montecucculi- Laderchi,
k. k. Kämmerer und Verordneter des niederösterreischen Herrcnstandes
in dem noch kräftigen Alter von 46 Jahren, mitten in seiner ener¬
gischen Thätigkeit, durch welche das ständische Leben unseres Landta¬
ges in den letzten Jahren einen sehr bemerkenswerthen Impuls em¬
pfangen hat. Der Graf war 1799 geboren und erhielt seine wissen¬
schaftliche Bildung in der Therestanischen Ritterakademie, welche, nach¬
dem sie Joseph 1l. ausgehoben, von Kaiser Franz eiligst wieder her-


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de als die Hälfte des Neinerträgnisses wieder den Betrag von 1762
Fi. C. M. zugewendet. Leider geht dieses Institut doch einer be-
klagenswerthen Umwandlung entgegen, da ein Decret der Negierung
die Bestimmung aufgestellt hat, daß in Zukunft wegen Mangels an
Fonds diejenigen Blindenzözlinge nach ihrem Austritt aus der Bil¬
dungsanstalt in die Versorgungsanstalt aufgenommen werden sollen,
welche eine jährliche Unterstützung von 16le Gulden nachzuweisen im
Stande sind. Durch diese Beschränkung ist die Lebenszukunft sehr
vieler Blinden, welche sich in der Bildungsanstalt, die unter der Lei¬
tung des vortrefflichen Klein steht, so viel Fertigkeit in irgend einer
mechanischen Beschäftigung angeeignet haben, um sich in der Folge
einen Theil ihres Lebensunterhalts selbst verdienen zu können, schwer
bedroht, denn während sie bei der früheren Einrichtung des Versor¬
gungsinstitutes für den Fall, daß sie keine Verwandten hatten, welche
sie in ihr Haus aufnehmen, in die Anstalt übertreten konnten, wo
sie angemessen beschäftigt und für ihre Bedürfnisse gesorgt wurde,
stößt man jetzt die Unbemittelten, die nicht den erforderlichen Zuschuß
zu leisten im Stande sind, in die kalte Welt hinaus, wo die Con-
currenz der Vottsinnigen sie ohne Zweifel erdrücken muß, indeß die
Bemittelten, welche der Anstalt weniger bedürfen, darin Aufnahme
finden. Diese Wandlung der Verhältnisse haben den Director der
Blindenanstalt, welcher zugleich Director des Versorgungshauses ge¬
wesen, bewogen, diese letztere Stelle sogleich niederzulegen. Herr Klein
ist von Geburt ein Würtenberger und hat sein ganzes Leben der
Bildung jener Unglücklichen geweiht, denen ein hartes Geschick die
kostbare Gabe des Augenlichtes entzogen hat; schon im Jahre 1803
begründete er hier ein Bildungsinstitut für Blindgeborne und wußte
seine Lieblingsschöpfung durch alle Stürme einer vielbewegten Zeit
hinüberzuretten in unsere friedlichen Tage von denen er hoffte, daß
sie den heißesten Wunsch seiner menschenfreundlichen Seele, nämlich die
Uebernahme des von ihm mit großen Anstrengungen erweiterten In¬
stituts von Seite der Staatsverwaltung, realisiren würden. Darin
täuschte er sich aber; man belohnte seine unwiderlegbaren Verdienste
um den Staat und die Menschheit durch die Civilehrenmedaille und
den Rathstitel, allein von der Erhebung der Anstalt in ein vom
Staate zu unterhaltendes Institut war nie die Rede.

Am 2. Jänner starb der Graf Felix Montecucculi- Laderchi,
k. k. Kämmerer und Verordneter des niederösterreischen Herrcnstandes
in dem noch kräftigen Alter von 46 Jahren, mitten in seiner ener¬
gischen Thätigkeit, durch welche das ständische Leben unseres Landta¬
ges in den letzten Jahren einen sehr bemerkenswerthen Impuls em¬
pfangen hat. Der Graf war 1799 geboren und erhielt seine wissen¬
schaftliche Bildung in der Therestanischen Ritterakademie, welche, nach¬
dem sie Joseph 1l. ausgehoben, von Kaiser Franz eiligst wieder her-


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[0193] de als die Hälfte des Neinerträgnisses wieder den Betrag von 1762 Fi. C. M. zugewendet. Leider geht dieses Institut doch einer be- klagenswerthen Umwandlung entgegen, da ein Decret der Negierung die Bestimmung aufgestellt hat, daß in Zukunft wegen Mangels an Fonds diejenigen Blindenzözlinge nach ihrem Austritt aus der Bil¬ dungsanstalt in die Versorgungsanstalt aufgenommen werden sollen, welche eine jährliche Unterstützung von 16le Gulden nachzuweisen im Stande sind. Durch diese Beschränkung ist die Lebenszukunft sehr vieler Blinden, welche sich in der Bildungsanstalt, die unter der Lei¬ tung des vortrefflichen Klein steht, so viel Fertigkeit in irgend einer mechanischen Beschäftigung angeeignet haben, um sich in der Folge einen Theil ihres Lebensunterhalts selbst verdienen zu können, schwer bedroht, denn während sie bei der früheren Einrichtung des Versor¬ gungsinstitutes für den Fall, daß sie keine Verwandten hatten, welche sie in ihr Haus aufnehmen, in die Anstalt übertreten konnten, wo sie angemessen beschäftigt und für ihre Bedürfnisse gesorgt wurde, stößt man jetzt die Unbemittelten, die nicht den erforderlichen Zuschuß zu leisten im Stande sind, in die kalte Welt hinaus, wo die Con- currenz der Vottsinnigen sie ohne Zweifel erdrücken muß, indeß die Bemittelten, welche der Anstalt weniger bedürfen, darin Aufnahme finden. Diese Wandlung der Verhältnisse haben den Director der Blindenanstalt, welcher zugleich Director des Versorgungshauses ge¬ wesen, bewogen, diese letztere Stelle sogleich niederzulegen. Herr Klein ist von Geburt ein Würtenberger und hat sein ganzes Leben der Bildung jener Unglücklichen geweiht, denen ein hartes Geschick die kostbare Gabe des Augenlichtes entzogen hat; schon im Jahre 1803 begründete er hier ein Bildungsinstitut für Blindgeborne und wußte seine Lieblingsschöpfung durch alle Stürme einer vielbewegten Zeit hinüberzuretten in unsere friedlichen Tage von denen er hoffte, daß sie den heißesten Wunsch seiner menschenfreundlichen Seele, nämlich die Uebernahme des von ihm mit großen Anstrengungen erweiterten In¬ stituts von Seite der Staatsverwaltung, realisiren würden. Darin täuschte er sich aber; man belohnte seine unwiderlegbaren Verdienste um den Staat und die Menschheit durch die Civilehrenmedaille und den Rathstitel, allein von der Erhebung der Anstalt in ein vom Staate zu unterhaltendes Institut war nie die Rede. Am 2. Jänner starb der Graf Felix Montecucculi- Laderchi, k. k. Kämmerer und Verordneter des niederösterreischen Herrcnstandes in dem noch kräftigen Alter von 46 Jahren, mitten in seiner ener¬ gischen Thätigkeit, durch welche das ständische Leben unseres Landta¬ ges in den letzten Jahren einen sehr bemerkenswerthen Impuls em¬ pfangen hat. Der Graf war 1799 geboren und erhielt seine wissen¬ schaftliche Bildung in der Therestanischen Ritterakademie, welche, nach¬ dem sie Joseph 1l. ausgehoben, von Kaiser Franz eiligst wieder her- Wrcnzbotcn, 18«v. 24

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/193>, abgerufen am 23.12.2024.