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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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mit dem er stets persönlich für seine Sache einzustehen bereit war,
den bessern Theil seiner Armee zur Begeisterung hinriß, so flößte
er dagegen durch seinen edlen Abscheu vor jeder demagogischen
Brutalität, durch seinen gesunden Sinn, der den CharbataniSmus
und das blutrünstige Pathos sansculotter Beredtsamkeit verschmähte,
der größern Hälfte seiner Partei Mißtrauen ein. Er bekämpfte
jedes Gewaltmittel alö ein Unglück für seine Partei, und wenn
diese nicht auf ihn hörte und in die Falle ging, so rächte er sich
an ihr nur durch den Muth, mit dem er stets nach der Nieder¬
lage der Seinen sich zwischen die Regierung und die Besiegten
stellte. Vergebens rief er seiner Partei zu, sie müsse sich erst An¬
sichten und Ueberzeugungen bilden, und das Volk bekehren, statt es
zwingen zu wollen. "Die Dynastie", sagte er (4. October 1^33),
"sucht uns fortwährend zum ungesetzlichen physischen Angriff zu
reizen, um die Nation auf ihrer Seite zu haben; also muß unsere
Taktik darin bestehen, daß wir die Dynastie zum Staatsstreiche
zwingen, daß wir ihr keinen Vorwand geben, die Charte im schein¬
baren Interesse der gesetzlichen Ordnung zu verletzen. -- Wenn die
Dynastie noch einen Sieg gegen die Republik davonträgt, so wird
sie zur absoluten Monarchie alle diejenigen bekehren, die durch die
Junitage noch nicht einmal zur konstitutionellen bekehrt worden find."

Der Bourgeoisie bemühte er sich zu beweisen, daß die Repu¬
blik weiter Nichts wolle, als die erbliche Gewalt in eine wählbare
verwandeln, das Stimmrecht ausdehnen, die Associations- und
DiScussionsfreiheit sichern, die Municipalfreiheit erweitern und die
Nationalgardenarmee mit der stehenden zu einer und derselben
Macht verschmelzen, dies alles aber nicht ohne die freie Zustim¬
mung des Volkes erst erlangt zu haben; denn er wies mit Ener¬
gie die brutalen Theorien der "Gesellschaft der Menschenrechte" und
der "Tribune" zurück, und vertheidigte sich siegreich gegen die Ultras
seiner eigenen Partei, deren Fanatismus die persönliche Freiheit
und die Eigenthumsrechte mit Füßen trat.

"Wir wollen", sagt der National (13. Mai 1833) "die Frei¬
heit für uns, heute, und morgen gegen uns, wenn wir die Herrn
wären, nicht wie Jene, die nur aus Verfolgten Verfolger werden
wollen." Wir sind gegen die Anarchie wie gegen die Monarchie."
Natürlich ward er dafür von den grotesken Affen Marats ein


mit dem er stets persönlich für seine Sache einzustehen bereit war,
den bessern Theil seiner Armee zur Begeisterung hinriß, so flößte
er dagegen durch seinen edlen Abscheu vor jeder demagogischen
Brutalität, durch seinen gesunden Sinn, der den CharbataniSmus
und das blutrünstige Pathos sansculotter Beredtsamkeit verschmähte,
der größern Hälfte seiner Partei Mißtrauen ein. Er bekämpfte
jedes Gewaltmittel alö ein Unglück für seine Partei, und wenn
diese nicht auf ihn hörte und in die Falle ging, so rächte er sich
an ihr nur durch den Muth, mit dem er stets nach der Nieder¬
lage der Seinen sich zwischen die Regierung und die Besiegten
stellte. Vergebens rief er seiner Partei zu, sie müsse sich erst An¬
sichten und Ueberzeugungen bilden, und das Volk bekehren, statt es
zwingen zu wollen. „Die Dynastie", sagte er (4. October 1^33),
„sucht uns fortwährend zum ungesetzlichen physischen Angriff zu
reizen, um die Nation auf ihrer Seite zu haben; also muß unsere
Taktik darin bestehen, daß wir die Dynastie zum Staatsstreiche
zwingen, daß wir ihr keinen Vorwand geben, die Charte im schein¬
baren Interesse der gesetzlichen Ordnung zu verletzen. — Wenn die
Dynastie noch einen Sieg gegen die Republik davonträgt, so wird
sie zur absoluten Monarchie alle diejenigen bekehren, die durch die
Junitage noch nicht einmal zur konstitutionellen bekehrt worden find."

Der Bourgeoisie bemühte er sich zu beweisen, daß die Repu¬
blik weiter Nichts wolle, als die erbliche Gewalt in eine wählbare
verwandeln, das Stimmrecht ausdehnen, die Associations- und
DiScussionsfreiheit sichern, die Municipalfreiheit erweitern und die
Nationalgardenarmee mit der stehenden zu einer und derselben
Macht verschmelzen, dies alles aber nicht ohne die freie Zustim¬
mung des Volkes erst erlangt zu haben; denn er wies mit Ener¬
gie die brutalen Theorien der „Gesellschaft der Menschenrechte" und
der „Tribune" zurück, und vertheidigte sich siegreich gegen die Ultras
seiner eigenen Partei, deren Fanatismus die persönliche Freiheit
und die Eigenthumsrechte mit Füßen trat.

„Wir wollen", sagt der National (13. Mai 1833) „die Frei¬
heit für uns, heute, und morgen gegen uns, wenn wir die Herrn
wären, nicht wie Jene, die nur aus Verfolgten Verfolger werden
wollen." Wir sind gegen die Anarchie wie gegen die Monarchie."
Natürlich ward er dafür von den grotesken Affen Marats ein


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/168>, abgerufen am 01.09.2024.