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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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Gleich im Beginne seiner Redaction sagte Carrel: Der Na¬
tional hat kein politisches Glaubensbekenntniß abzulegen; seine
künftige Politik ist ihm vorgezeichnet in derjenigen, die er bisher
befolgt hat; er ist stolz darauf, von Anfange an Das verlangt zu
haben, was wir jetzt besitzen. Das glorreiche Ereigniß, welches
die Familie Orleans auf den Thron brachte, ist die Erfüllung sei¬
ner ältesten Hoffnungen.

Und in derselben Nummer vertheidigt er sich und seine Er>
collegen wider den sonderbaren Vorwurf, den man ihnen daraus
machte, daß sie der neuen Regierung dienten, nachdem sie die alte
stürzen halfen. Ueberall und zu allen Zeiten gab es Leute, die
nur im blinden Widerstande gegen jede mögliche Negierung wahre
Gesinnung und wahren Charakter sehen.

In der Nummer vom 13. September 183V kämpft Carrel ge¬
gen die Einflüsterungen, mit denen man die Arbeiterklassen wegen
des Preises der Lebensmittel und der Concurrenz der Maschinen
aufzuhetzen suchte, und weist mit sehr viel gesundem Verstände
nach, wie viel eine Negierung für die Proletarier thun oder nicht
thun kann. Und die erste republikanische Gesellschaft, die wegen
ihrer tumultuarischen Versammlungen von den Bürgern aus ihrem
Locale getrieben wurde, definirt er folgendermaßen:

Eine Gesellschaft von etwa hundert jungen Leuten, die, wie
es scheint, bei der neuen Ordnung der Dinge ihren Platz nicht
finden konnten und nun, vom Wolke ausgezischt, den Schutz jener
selben Nationalgarde anrufen mußten, der sie den Titel: "unter¬
drückungssüchtige Aristokratie" zu geben beliebten.

Dies war die erste Verbindung zwischen Armand Carrel und
jener republikanischen Partei, die er später vergebens zu disciplini-
ren suchte. -- Auch in der Frage über Krieg oder Frieden stimmte
er mit den damaligen Gewalthabern. Der belgische Aufstand setzte
ihn eben so in Verlegenheit, wie sie. Er sagte:

Den fremden Cabinetten liegt nicht grade an der Größe des
Hauses Nassau, sondern daran, daß 4 Millionen Belgier nicht
französisch werden, und das ist sehr natürlich: wenn morgen Baiern
sich Oesterreich oder Preußen einverleiben will, so wird ganz Eu¬
ropa dagegen aufstehen.

Aber gegen die carlistische Partei und deren Umtriebe wendet
er sich oft mit der üiriii. lrimcoso eines Soldaten. So ruft er im
National vom 2. October Herrn von Kergorlay zu:


Gleich im Beginne seiner Redaction sagte Carrel: Der Na¬
tional hat kein politisches Glaubensbekenntniß abzulegen; seine
künftige Politik ist ihm vorgezeichnet in derjenigen, die er bisher
befolgt hat; er ist stolz darauf, von Anfange an Das verlangt zu
haben, was wir jetzt besitzen. Das glorreiche Ereigniß, welches
die Familie Orleans auf den Thron brachte, ist die Erfüllung sei¬
ner ältesten Hoffnungen.

Und in derselben Nummer vertheidigt er sich und seine Er>
collegen wider den sonderbaren Vorwurf, den man ihnen daraus
machte, daß sie der neuen Regierung dienten, nachdem sie die alte
stürzen halfen. Ueberall und zu allen Zeiten gab es Leute, die
nur im blinden Widerstande gegen jede mögliche Negierung wahre
Gesinnung und wahren Charakter sehen.

In der Nummer vom 13. September 183V kämpft Carrel ge¬
gen die Einflüsterungen, mit denen man die Arbeiterklassen wegen
des Preises der Lebensmittel und der Concurrenz der Maschinen
aufzuhetzen suchte, und weist mit sehr viel gesundem Verstände
nach, wie viel eine Negierung für die Proletarier thun oder nicht
thun kann. Und die erste republikanische Gesellschaft, die wegen
ihrer tumultuarischen Versammlungen von den Bürgern aus ihrem
Locale getrieben wurde, definirt er folgendermaßen:

Eine Gesellschaft von etwa hundert jungen Leuten, die, wie
es scheint, bei der neuen Ordnung der Dinge ihren Platz nicht
finden konnten und nun, vom Wolke ausgezischt, den Schutz jener
selben Nationalgarde anrufen mußten, der sie den Titel: „unter¬
drückungssüchtige Aristokratie" zu geben beliebten.

Dies war die erste Verbindung zwischen Armand Carrel und
jener republikanischen Partei, die er später vergebens zu disciplini-
ren suchte. — Auch in der Frage über Krieg oder Frieden stimmte
er mit den damaligen Gewalthabern. Der belgische Aufstand setzte
ihn eben so in Verlegenheit, wie sie. Er sagte:

Den fremden Cabinetten liegt nicht grade an der Größe des
Hauses Nassau, sondern daran, daß 4 Millionen Belgier nicht
französisch werden, und das ist sehr natürlich: wenn morgen Baiern
sich Oesterreich oder Preußen einverleiben will, so wird ganz Eu¬
ropa dagegen aufstehen.

Aber gegen die carlistische Partei und deren Umtriebe wendet
er sich oft mit der üiriii. lrimcoso eines Soldaten. So ruft er im
National vom 2. October Herrn von Kergorlay zu:


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[0165] Gleich im Beginne seiner Redaction sagte Carrel: Der Na¬ tional hat kein politisches Glaubensbekenntniß abzulegen; seine künftige Politik ist ihm vorgezeichnet in derjenigen, die er bisher befolgt hat; er ist stolz darauf, von Anfange an Das verlangt zu haben, was wir jetzt besitzen. Das glorreiche Ereigniß, welches die Familie Orleans auf den Thron brachte, ist die Erfüllung sei¬ ner ältesten Hoffnungen. Und in derselben Nummer vertheidigt er sich und seine Er> collegen wider den sonderbaren Vorwurf, den man ihnen daraus machte, daß sie der neuen Regierung dienten, nachdem sie die alte stürzen halfen. Ueberall und zu allen Zeiten gab es Leute, die nur im blinden Widerstande gegen jede mögliche Negierung wahre Gesinnung und wahren Charakter sehen. In der Nummer vom 13. September 183V kämpft Carrel ge¬ gen die Einflüsterungen, mit denen man die Arbeiterklassen wegen des Preises der Lebensmittel und der Concurrenz der Maschinen aufzuhetzen suchte, und weist mit sehr viel gesundem Verstände nach, wie viel eine Negierung für die Proletarier thun oder nicht thun kann. Und die erste republikanische Gesellschaft, die wegen ihrer tumultuarischen Versammlungen von den Bürgern aus ihrem Locale getrieben wurde, definirt er folgendermaßen: Eine Gesellschaft von etwa hundert jungen Leuten, die, wie es scheint, bei der neuen Ordnung der Dinge ihren Platz nicht finden konnten und nun, vom Wolke ausgezischt, den Schutz jener selben Nationalgarde anrufen mußten, der sie den Titel: „unter¬ drückungssüchtige Aristokratie" zu geben beliebten. Dies war die erste Verbindung zwischen Armand Carrel und jener republikanischen Partei, die er später vergebens zu disciplini- ren suchte. — Auch in der Frage über Krieg oder Frieden stimmte er mit den damaligen Gewalthabern. Der belgische Aufstand setzte ihn eben so in Verlegenheit, wie sie. Er sagte: Den fremden Cabinetten liegt nicht grade an der Größe des Hauses Nassau, sondern daran, daß 4 Millionen Belgier nicht französisch werden, und das ist sehr natürlich: wenn morgen Baiern sich Oesterreich oder Preußen einverleiben will, so wird ganz Eu¬ ropa dagegen aufstehen. Aber gegen die carlistische Partei und deren Umtriebe wendet er sich oft mit der üiriii. lrimcoso eines Soldaten. So ruft er im National vom 2. October Herrn von Kergorlay zu:

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/165>, abgerufen am 02.09.2024.