Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.pitulation, wird er mit einer Mehrheit von sechs Stimmen gegen Doch dieser Degen war zerbrochen, und die militärische Lauf¬ Wir müssen aber etwas gründlicher von der Wiege unseres pitulation, wird er mit einer Mehrheit von sechs Stimmen gegen Doch dieser Degen war zerbrochen, und die militärische Lauf¬ Wir müssen aber etwas gründlicher von der Wiege unseres <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0157" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181967"/> <p xml:id="ID_322" prev="#ID_321"> pitulation, wird er mit einer Mehrheit von sechs Stimmen gegen<lb/> eine freigesprochen, und tritt wieder in die Welt eil?, nicht als ein<lb/> begnadigter Verbrecher, sondern als ein besiegter Soldat, der sein<lb/> Leben Niemand verdankt als der Tapferkeit seines Degens.</p><lb/> <p xml:id="ID_323"> Doch dieser Degen war zerbrochen, und die militärische Lauf¬<lb/> bahn war dem jungen Souslieutenant auf ewig verschlossen. Das<lb/> Schicksal hatte ihm dafür eine glänzende Entschädigung vorbehal¬<lb/> ten. Denn nach einigen Jahren wird dieser Souslieutenant, der<lb/> das Schwert mit der Feder vertauscht, aber die Feder wie ein<lb/> Schwert sührt, sich zum Generalissimus einer andern großen Armee<lb/> aufschwingen, die zu den irregulärsten der Welt gehört, und gleich<lb/> jener liberalen Fremdenlegion eben so viele Officiere wie gemeine<lb/> Soldaten in ihren Reihen zählt: der Journalistenarmee. Und nach<lb/> einigen Jahren weiter wird der frühe Tod dieses bloßen Journa¬<lb/> listen, der leider dem kriegerischen Comment zu treu blieb, in Frank¬<lb/> reich, Deutschland und England wie ein trauervolles Ereigniß wi¬<lb/> derhallen. Dreißigtausend Menschen folgen seiner Bahre, und die<lb/> unsterbliche Trauerweide Frankreichs, wie ihn Heine nennt, der<lb/> Apoll des französischen Parnasses, der treueste Legitimist, der Vi-<lb/> comte de Chateaubriand, weint am Grabe des republikanischen<lb/> Journalisten. Er hatte übrigens gut weinen, der classische Blon¬<lb/> de! der alten Bomboncn: denn mit Armand Carrcl ward auch die<lb/> Republik in Frankreich begraben.--—</p><lb/> <p xml:id="ID_324" next="#ID_325"> Wir müssen aber etwas gründlicher von der Wiege unseres<lb/> Helden anfangen. Jean Baptiste Nicolas Armand Carrel ist zu<lb/> Rouen in einer Kaufmannsfamilie im Jahre I8V0 den 8. Mai ge¬<lb/> boren. Nachdem er im Collegium seiner Geburtsstadt die classischen<lb/> Studien vollendet hatte, ließ ihn sein Vater der eigenen Neigung<lb/> folgen, und er trat in die Militärschule von Se. Cyr. Da machte<lb/> er sich durch seinen Eifer in allen militärischen Uebungen, aber<lb/> ebenso durch kühne politische Ansichten bemerkbar, so daß er vom<lb/> Obercommandanten als unruhiger Kopf mit Argwohn überwacht<lb/> wurde. Eines Tages sagte der General d'Albignac zu ihm: Bei<lb/> dem dummen Zeuge, was Sie im Kopfe haben, thäten Sie besser,<lb/> im Kramladen Ihres Vaters zu stehen, mit der Elle in der Hand,<lb/> statt mit dem Degen. — Mein General, sagte Armand, wenn ich<lb/> zur väterlichen Elle greife, werde ich Ihnen damit keine Leinwand</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0157]
pitulation, wird er mit einer Mehrheit von sechs Stimmen gegen
eine freigesprochen, und tritt wieder in die Welt eil?, nicht als ein
begnadigter Verbrecher, sondern als ein besiegter Soldat, der sein
Leben Niemand verdankt als der Tapferkeit seines Degens.
Doch dieser Degen war zerbrochen, und die militärische Lauf¬
bahn war dem jungen Souslieutenant auf ewig verschlossen. Das
Schicksal hatte ihm dafür eine glänzende Entschädigung vorbehal¬
ten. Denn nach einigen Jahren wird dieser Souslieutenant, der
das Schwert mit der Feder vertauscht, aber die Feder wie ein
Schwert sührt, sich zum Generalissimus einer andern großen Armee
aufschwingen, die zu den irregulärsten der Welt gehört, und gleich
jener liberalen Fremdenlegion eben so viele Officiere wie gemeine
Soldaten in ihren Reihen zählt: der Journalistenarmee. Und nach
einigen Jahren weiter wird der frühe Tod dieses bloßen Journa¬
listen, der leider dem kriegerischen Comment zu treu blieb, in Frank¬
reich, Deutschland und England wie ein trauervolles Ereigniß wi¬
derhallen. Dreißigtausend Menschen folgen seiner Bahre, und die
unsterbliche Trauerweide Frankreichs, wie ihn Heine nennt, der
Apoll des französischen Parnasses, der treueste Legitimist, der Vi-
comte de Chateaubriand, weint am Grabe des republikanischen
Journalisten. Er hatte übrigens gut weinen, der classische Blon¬
de! der alten Bomboncn: denn mit Armand Carrcl ward auch die
Republik in Frankreich begraben.--—
Wir müssen aber etwas gründlicher von der Wiege unseres
Helden anfangen. Jean Baptiste Nicolas Armand Carrel ist zu
Rouen in einer Kaufmannsfamilie im Jahre I8V0 den 8. Mai ge¬
boren. Nachdem er im Collegium seiner Geburtsstadt die classischen
Studien vollendet hatte, ließ ihn sein Vater der eigenen Neigung
folgen, und er trat in die Militärschule von Se. Cyr. Da machte
er sich durch seinen Eifer in allen militärischen Uebungen, aber
ebenso durch kühne politische Ansichten bemerkbar, so daß er vom
Obercommandanten als unruhiger Kopf mit Argwohn überwacht
wurde. Eines Tages sagte der General d'Albignac zu ihm: Bei
dem dummen Zeuge, was Sie im Kopfe haben, thäten Sie besser,
im Kramladen Ihres Vaters zu stehen, mit der Elle in der Hand,
statt mit dem Degen. — Mein General, sagte Armand, wenn ich
zur väterlichen Elle greife, werde ich Ihnen damit keine Leinwand
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