Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.sein berühmtes: "Sie sind platterdings verloren!" ausspricht. O, Ein ganz anderer Mann war unser selige Professor Müller. Grcnzbvtc", ,54"!. I. IÄ
sein berühmtes: „Sie sind platterdings verloren!" ausspricht. O, Ein ganz anderer Mann war unser selige Professor Müller. Grcnzbvtc», ,54«!. I. IÄ
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sein berühmtes: „Sie sind platterdings verloren!" ausspricht. O,
ich denke noch mit Schaudern daran, da ich über eine Wurzel stol¬
pernd, diese Worte schallen hörte, die mir auss Herz fielen wie ein
kaltes Beil auf den Nacken. Hinter mir standen die Freunde, wie
die Freunde der Opfer der französischen Revolution, und ahnten,
wie jene, daß auch sie einmal das Schicksal treffen würde, und bei
Jandera's Worten zuckten sie zusammen und seufzten gepreßt. —
So zuckt bei einer Hinrichtung das Beil des Henkers nach den
Nacken aller, die herumstehen. Auch sie, die Freunde, traf wirklich
ihr Schicksal: Moritz Hartmann wurde durch Logarythmen stran-
gulirt, Alfred Meißner starb an einem Kegelschnitt, S.... fiel über
einen tückischen Kubikfuß :c. :c. — So viele Seelen hat der Te-
rorismus nicht auf seinem Gewissen, wie Jandcra allein. Doch
er schläft so ruhig wie Robespierre, denn wie dieser ist er groß,
und richtet aus Ueberzeugung, und lebt in altrömischer Einfachheit
mit seiner alten Wirthschaften,!. Wer den guten Jandcra der Un¬
gerechtigkeit zeihen wollte, der beginge selbst die allerschrciendste,
denn der alte, trotz seiner komischen Seiten doch würdige Mann ist
in seiner Art der Gerechteste. Freilich kann man nicht begreifen,
warum Einer, der in Zukunft eigentlich nichts Anderes will, als
z. B. griechische Classiker übersetzen oder Mediciner verschreiben,
eine Logarythmentafel auswendig wissen oder die Eselsbrücke über¬
schreiten muß. Aber das ist nicht Jandera's Fehler; das ist das
tel est notrv plaisir der Studienhofcommission. —
Ein ganz anderer Mann war unser selige Professor Müller.
Er war Professor der Philologie, aber nicht im entferntesten ver¬
wandt mit Ottfried Müller. — Als Literarhistoriker sprach er mit
Begeisterung von Aischylos und Sophokles, die er trefflich verstand
— wenn sie gut übersetzt waren, und erkannte nichts an, was
nicht wenigstens fünfzig Jahre alt war. Müller war der Prager
Menzel. Er haßte Alles, was frisch, jung, strebsam ist, und dedu-
cirte unter anderen gegen Heine aus dem Tacitus, wie der Juden¬
haß so uralt, legitim und gerecht sei; in dem Prager Localblatte
„Bohemia" schleuderte er stumpfe Blitze, wie der selige Jupiter des
Menzelischen Literaturblattes; im Collegium unterhielt er Spione,
die ihm das Treiben und Leben seiner Hörer hinterbrachten, wo¬
nach er dann weitere Berichte aufgesetzt haben soll; die Ange-
Grcnzbvtc», ,54«!. I. IÄ
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