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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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bei Orleans? Ja, vier Bände Memoiren hat er gejagt auf schnell¬
füßigen Pegasus, du aber hast das Edelwild dir entgehen las¬
sen. -- Es wäre jedoch, ernst zu reden, hohe Zeit, einige Ordnung
in die literararische Fabrikgesetzgebung zu bringen, um ähnlichen Wir¬
ren und Buchhändlerkriegen für die Zukunft vorzubeugen. Der Bun¬
destag sollte verordnen, daß die Uebersetzung eines französischen Ro¬
mans von nicht mehr als zehn deutschen Buchhändlern zu gleicher
Zeit verlegt werden dürfte.

-- Die Säbel und Degen, die unsere jungen Garde- und an¬
dere Lieutenants an ihrer linken Seite tragen, sind im Grunde nicht
kriegerischerer Natur als der Ehrensäbel, den die Magyaren dem Bren-
nus des Claviers, dem Ritter Franz Lißt, geschenkt haben. Wenn
nicht hie und da -- Dank dem nachsichtigen Militär-Duellgesetze --
irgend ein ungeübter Referendar durch einen militärischen Pistolen¬
schuß niedergestreckt würde, wüßte man eigentlich die Beschäftigung
dieser Degen gar nicht zu erklären. In der That ist die Rolle des
gespitzten Eisens, womit die Ritter und Lanzknechte der Vorzeit foch¬
ten, zu Ende, und nur plumpe Kanonenkugeln und Eisenbahnschienen
machen noch Eroberungen, letztere sogar mehr als die ersteren. Da
sind zwei Staaten, welche bisher von dem Pallasschild der Großmächte
mit ihren papiernen Protocollen vor jedem Angriffe geschützt wurden:
der Kirchenstaat und das osmanische Reich. So morsch beide sind,
so hat die Flickschneider-Politik unserer Zeit sie doch vor der Invasion
verschiedener Schwerter und Kugeln zu schützen gesucht, Aber was
den Revolutionären der Romagna, was der Eroberungslust der Rus¬
sen nicht zu erschüttern gelang, das werden jetzt die friedlichen Be¬
strebungen einiger Eisenbahncompagnien vollbringen. Der Nachfolger
Petri und der Nachfolger des Propheten haben beide sich dazu ver¬
standen, Eisenbahnen in ihren Staaten errichten zu lassen. Wie
wird sich das Schicksal des Kirchenstaates gestalten, wenn erst von
Rimini und dem polizeimörderischen Bologna der geflügelte Weg die
umgestaltungslustigen Freunde Mazzinis ins Herz der ewigen Stadt
führt? Wie wird das Loos der Pforte werden, wenn einst die Ko-
sacken, um von Warna nach Adrianopel, Saoma und Constantinopel
zu gelangen, nicht mehr i^rer kleinen Pferde bedürfen? Dem sei
wie da wolle, so viel ist gewiß, daß die Compagnie der Leopoldeisen¬
bahn (Livorno---Pisa) der Concession zur Ausdehnung bis nach Rom
in nächster Zeit entgegensieht, so wie man in Constantinopel nur die
Ankunft Reschid Pascha's erwartet, um einer englischen Compagnie,
welche sich angeboten hat, eine Eisenbahn mit drei auslaufenden Zwei¬
gen: nach Adrianopel, Warna und Saoma zu bauen, die Bewilli¬
gung zu ertheilen.




Verlag von Fr. Lndw. Herbig. -- Redacteur I. Knranda.
Druck von Friedrich Andrä.

bei Orleans? Ja, vier Bände Memoiren hat er gejagt auf schnell¬
füßigen Pegasus, du aber hast das Edelwild dir entgehen las¬
sen. — Es wäre jedoch, ernst zu reden, hohe Zeit, einige Ordnung
in die literararische Fabrikgesetzgebung zu bringen, um ähnlichen Wir¬
ren und Buchhändlerkriegen für die Zukunft vorzubeugen. Der Bun¬
destag sollte verordnen, daß die Uebersetzung eines französischen Ro¬
mans von nicht mehr als zehn deutschen Buchhändlern zu gleicher
Zeit verlegt werden dürfte.

— Die Säbel und Degen, die unsere jungen Garde- und an¬
dere Lieutenants an ihrer linken Seite tragen, sind im Grunde nicht
kriegerischerer Natur als der Ehrensäbel, den die Magyaren dem Bren-
nus des Claviers, dem Ritter Franz Lißt, geschenkt haben. Wenn
nicht hie und da — Dank dem nachsichtigen Militär-Duellgesetze —
irgend ein ungeübter Referendar durch einen militärischen Pistolen¬
schuß niedergestreckt würde, wüßte man eigentlich die Beschäftigung
dieser Degen gar nicht zu erklären. In der That ist die Rolle des
gespitzten Eisens, womit die Ritter und Lanzknechte der Vorzeit foch¬
ten, zu Ende, und nur plumpe Kanonenkugeln und Eisenbahnschienen
machen noch Eroberungen, letztere sogar mehr als die ersteren. Da
sind zwei Staaten, welche bisher von dem Pallasschild der Großmächte
mit ihren papiernen Protocollen vor jedem Angriffe geschützt wurden:
der Kirchenstaat und das osmanische Reich. So morsch beide sind,
so hat die Flickschneider-Politik unserer Zeit sie doch vor der Invasion
verschiedener Schwerter und Kugeln zu schützen gesucht, Aber was
den Revolutionären der Romagna, was der Eroberungslust der Rus¬
sen nicht zu erschüttern gelang, das werden jetzt die friedlichen Be¬
strebungen einiger Eisenbahncompagnien vollbringen. Der Nachfolger
Petri und der Nachfolger des Propheten haben beide sich dazu ver¬
standen, Eisenbahnen in ihren Staaten errichten zu lassen. Wie
wird sich das Schicksal des Kirchenstaates gestalten, wenn erst von
Rimini und dem polizeimörderischen Bologna der geflügelte Weg die
umgestaltungslustigen Freunde Mazzinis ins Herz der ewigen Stadt
führt? Wie wird das Loos der Pforte werden, wenn einst die Ko-
sacken, um von Warna nach Adrianopel, Saoma und Constantinopel
zu gelangen, nicht mehr i^rer kleinen Pferde bedürfen? Dem sei
wie da wolle, so viel ist gewiß, daß die Compagnie der Leopoldeisen¬
bahn (Livorno-—Pisa) der Concession zur Ausdehnung bis nach Rom
in nächster Zeit entgegensieht, so wie man in Constantinopel nur die
Ankunft Reschid Pascha's erwartet, um einer englischen Compagnie,
welche sich angeboten hat, eine Eisenbahn mit drei auslaufenden Zwei¬
gen: nach Adrianopel, Warna und Saoma zu bauen, die Bewilli¬
gung zu ertheilen.




Verlag von Fr. Lndw. Herbig. — Redacteur I. Knranda.
Druck von Friedrich Andrä.
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[0104] bei Orleans? Ja, vier Bände Memoiren hat er gejagt auf schnell¬ füßigen Pegasus, du aber hast das Edelwild dir entgehen las¬ sen. — Es wäre jedoch, ernst zu reden, hohe Zeit, einige Ordnung in die literararische Fabrikgesetzgebung zu bringen, um ähnlichen Wir¬ ren und Buchhändlerkriegen für die Zukunft vorzubeugen. Der Bun¬ destag sollte verordnen, daß die Uebersetzung eines französischen Ro¬ mans von nicht mehr als zehn deutschen Buchhändlern zu gleicher Zeit verlegt werden dürfte. — Die Säbel und Degen, die unsere jungen Garde- und an¬ dere Lieutenants an ihrer linken Seite tragen, sind im Grunde nicht kriegerischerer Natur als der Ehrensäbel, den die Magyaren dem Bren- nus des Claviers, dem Ritter Franz Lißt, geschenkt haben. Wenn nicht hie und da — Dank dem nachsichtigen Militär-Duellgesetze — irgend ein ungeübter Referendar durch einen militärischen Pistolen¬ schuß niedergestreckt würde, wüßte man eigentlich die Beschäftigung dieser Degen gar nicht zu erklären. In der That ist die Rolle des gespitzten Eisens, womit die Ritter und Lanzknechte der Vorzeit foch¬ ten, zu Ende, und nur plumpe Kanonenkugeln und Eisenbahnschienen machen noch Eroberungen, letztere sogar mehr als die ersteren. Da sind zwei Staaten, welche bisher von dem Pallasschild der Großmächte mit ihren papiernen Protocollen vor jedem Angriffe geschützt wurden: der Kirchenstaat und das osmanische Reich. So morsch beide sind, so hat die Flickschneider-Politik unserer Zeit sie doch vor der Invasion verschiedener Schwerter und Kugeln zu schützen gesucht, Aber was den Revolutionären der Romagna, was der Eroberungslust der Rus¬ sen nicht zu erschüttern gelang, das werden jetzt die friedlichen Be¬ strebungen einiger Eisenbahncompagnien vollbringen. Der Nachfolger Petri und der Nachfolger des Propheten haben beide sich dazu ver¬ standen, Eisenbahnen in ihren Staaten errichten zu lassen. Wie wird sich das Schicksal des Kirchenstaates gestalten, wenn erst von Rimini und dem polizeimörderischen Bologna der geflügelte Weg die umgestaltungslustigen Freunde Mazzinis ins Herz der ewigen Stadt führt? Wie wird das Loos der Pforte werden, wenn einst die Ko- sacken, um von Warna nach Adrianopel, Saoma und Constantinopel zu gelangen, nicht mehr i^rer kleinen Pferde bedürfen? Dem sei wie da wolle, so viel ist gewiß, daß die Compagnie der Leopoldeisen¬ bahn (Livorno-—Pisa) der Concession zur Ausdehnung bis nach Rom in nächster Zeit entgegensieht, so wie man in Constantinopel nur die Ankunft Reschid Pascha's erwartet, um einer englischen Compagnie, welche sich angeboten hat, eine Eisenbahn mit drei auslaufenden Zwei¬ gen: nach Adrianopel, Warna und Saoma zu bauen, die Bewilli¬ gung zu ertheilen. Verlag von Fr. Lndw. Herbig. — Redacteur I. Knranda. Druck von Friedrich Andrä.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/104>, abgerufen am 23.12.2024.