Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.gescheitert. Es ist übrigens Thatsache, daß wenige Tage "ach der Die vielbesprochene Preßpctition der hiesigen Schriftsteller hat nicht gescheitert. Es ist übrigens Thatsache, daß wenige Tage »ach der Die vielbesprochene Preßpctition der hiesigen Schriftsteller hat nicht <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0090" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271351"/> <p xml:id="ID_210" prev="#ID_209"> gescheitert. Es ist übrigens Thatsache, daß wenige Tage »ach der<lb/> Wiedereröffnung der genannten Bühne man das Seil des schweren<lb/> Kronleuchters an einigen Stellen zerschnitten fand, so daß bei minde¬<lb/> rer Gunst der Umstände leicht das schauderhafteste Unglück hatte ge¬<lb/> schehen können, wahrend der Frevel in diesem Falle noch zur rechten<lb/> Zeit entdeckt wurde. Dagegen weiß man auch, daß Herr Carl die<lb/> Absicht hatte, die seinem Schauspillhause in der Jägerzeile zunächst<lb/> liegenden Häuser anzukaufen, um sodann einen großartigen Neubau<lb/> zu beginnen, doch als er sich mit einem der Hausbesitzer nicht schnell<lb/> genug über den Kaufschilling vereinigen konnte und nach einigen Ta¬<lb/> gen die unterbrochenen Unterhandlungen wieder aufnehmen wollte, be¬<lb/> fand sich das Haus bereits in den Händen des Baron D., welcher<lb/> auf die Kunde dieses Kunsthandels eilig den Kauf abgeschlossen hatte,<lb/> der nun das Bauprojekt in Schaum auflöste.</p><lb/> <p xml:id="ID_211" next="#ID_212"> Die vielbesprochene Preßpctition der hiesigen Schriftsteller hat nicht<lb/> nur keine Ccnsurerleichterungen gebracht, sondern im Gegentheil Ver¬<lb/> fügungen nach sich gezogen, welche in ihrem Gefolge zu einer pre߬<lb/> polizeilichen Dictatur führen müssen. Fortan ist der Instanzenzug für<lb/> die periodische Presse aufgehoben und die Appellation an die Hofstu-<lb/> diencommission blos größeren Werken freigestellt, in welchem Sinne<lb/> denn auch die drei hiesigen Zeitschriften, welche diesen Necursweg be¬<lb/> treten hatten, nämlich Vildner's juridisches Journal, Fränkl's Sonn¬<lb/> tagsblätter und Schmidt's Literaturblatt, bereits beschieden worden sind.<lb/> Dazu ist die Censur aller hiesigen Zeitschriften, mit Ausnahme der<lb/> politischen Journalistik, vom I. October an ganz und gar in die<lb/> Hände des k. k. Rcgierungsratyes Deinhardstein gelegt, von dessen<lb/> Rothstift keinerlei Berufung stattfindet! Die dem neuen Dic¬<lb/> tator der gesammten Journalistik gegebene Instruktion soll sehr<lb/> streng sein, so daß Deinhardstein, welcher bekanntlich seit seinem<lb/> Abtritt von der Hofburgtheaterdircction in Ungnade stand, und, ob-<lb/> schon der Polizeihvfstell« zugewiesen, von dieser gar nicht beschäftigt<lb/> wurde, will er sich anders durch die ihm dargebotene Gelegenheit<lb/> wieder lohnenswerthe Verdienste sammeln, nothwendig zu einem Ter¬<lb/> rorismus greifen muß. — Wie man hört, hat Deinhardstein<lb/> gegen den ihm zugedachten Ehrenposten mit unbeschränkter Voll¬<lb/> macht höhern Orts Vorstellungen gemacht, indem er nicht gesonnen<lb/> ist, sich mit seinen lirerarischen College» völlig zu überwerfen und eine<lb/> in den Augen von ganz Deutschland nichts weniger als beneidens-<lb/> werthe Rolle zu spielen. Ohne Zweifel ist diese Lage der Dinge blos<lb/> transitorisch, allein man erreicht dabei dennoch seinen Zweck, denn die<lb/> Journalistik, so denkt man sich, wird die ihr gewordene Züchtigung<lb/> nicht sobald vergessen und in Zukunft nicht mehr so kühn sein, die<lb/> Regierung darauf aufmerksam zu machen, daß die Ausübung der Ge¬<lb/> setze mit den Gesetzen selbst im grellsten Gegensatze stehe. Nach eini-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0090]
gescheitert. Es ist übrigens Thatsache, daß wenige Tage »ach der
Wiedereröffnung der genannten Bühne man das Seil des schweren
Kronleuchters an einigen Stellen zerschnitten fand, so daß bei minde¬
rer Gunst der Umstände leicht das schauderhafteste Unglück hatte ge¬
schehen können, wahrend der Frevel in diesem Falle noch zur rechten
Zeit entdeckt wurde. Dagegen weiß man auch, daß Herr Carl die
Absicht hatte, die seinem Schauspillhause in der Jägerzeile zunächst
liegenden Häuser anzukaufen, um sodann einen großartigen Neubau
zu beginnen, doch als er sich mit einem der Hausbesitzer nicht schnell
genug über den Kaufschilling vereinigen konnte und nach einigen Ta¬
gen die unterbrochenen Unterhandlungen wieder aufnehmen wollte, be¬
fand sich das Haus bereits in den Händen des Baron D., welcher
auf die Kunde dieses Kunsthandels eilig den Kauf abgeschlossen hatte,
der nun das Bauprojekt in Schaum auflöste.
Die vielbesprochene Preßpctition der hiesigen Schriftsteller hat nicht
nur keine Ccnsurerleichterungen gebracht, sondern im Gegentheil Ver¬
fügungen nach sich gezogen, welche in ihrem Gefolge zu einer pre߬
polizeilichen Dictatur führen müssen. Fortan ist der Instanzenzug für
die periodische Presse aufgehoben und die Appellation an die Hofstu-
diencommission blos größeren Werken freigestellt, in welchem Sinne
denn auch die drei hiesigen Zeitschriften, welche diesen Necursweg be¬
treten hatten, nämlich Vildner's juridisches Journal, Fränkl's Sonn¬
tagsblätter und Schmidt's Literaturblatt, bereits beschieden worden sind.
Dazu ist die Censur aller hiesigen Zeitschriften, mit Ausnahme der
politischen Journalistik, vom I. October an ganz und gar in die
Hände des k. k. Rcgierungsratyes Deinhardstein gelegt, von dessen
Rothstift keinerlei Berufung stattfindet! Die dem neuen Dic¬
tator der gesammten Journalistik gegebene Instruktion soll sehr
streng sein, so daß Deinhardstein, welcher bekanntlich seit seinem
Abtritt von der Hofburgtheaterdircction in Ungnade stand, und, ob-
schon der Polizeihvfstell« zugewiesen, von dieser gar nicht beschäftigt
wurde, will er sich anders durch die ihm dargebotene Gelegenheit
wieder lohnenswerthe Verdienste sammeln, nothwendig zu einem Ter¬
rorismus greifen muß. — Wie man hört, hat Deinhardstein
gegen den ihm zugedachten Ehrenposten mit unbeschränkter Voll¬
macht höhern Orts Vorstellungen gemacht, indem er nicht gesonnen
ist, sich mit seinen lirerarischen College» völlig zu überwerfen und eine
in den Augen von ganz Deutschland nichts weniger als beneidens-
werthe Rolle zu spielen. Ohne Zweifel ist diese Lage der Dinge blos
transitorisch, allein man erreicht dabei dennoch seinen Zweck, denn die
Journalistik, so denkt man sich, wird die ihr gewordene Züchtigung
nicht sobald vergessen und in Zukunft nicht mehr so kühn sein, die
Regierung darauf aufmerksam zu machen, daß die Ausübung der Ge¬
setze mit den Gesetzen selbst im grellsten Gegensatze stehe. Nach eini-
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