Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.sprungen, ist dadurch das Feuer über einen menschenleeren Platz Weil die Menschen, der stattgefundenen Aufforderung ungeach¬ Der Herr Minister sagt uns, es ergebe sich, daß "der Com¬ Wenn es dem Milimir allerdings zusteht, gegen Tumultuanten sprungen, ist dadurch das Feuer über einen menschenleeren Platz Weil die Menschen, der stattgefundenen Aufforderung ungeach¬ Der Herr Minister sagt uns, es ergebe sich, daß „der Com¬ Wenn es dem Milimir allerdings zusteht, gegen Tumultuanten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0085" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271346"/> <p xml:id="ID_196" prev="#ID_195"> sprungen, ist dadurch das Feuer über einen menschenleeren Platz<lb/> hinweg auf eine dichtgedrängte Zuschauerinasse wirklich gerechtfertigt?<lb/> Um jener allerhöchstens zehn Steinwürfe willen, die doch vermuthlich<lb/> von Gassenbuben ausgegangen sind, (der Bericht selbst spricht von<lb/> 12 bis 15jährigen Jungen) mußten eilf Menschen getödtet und noch<lb/> einige verwundet und verkrüppelt werden?</p><lb/> <p xml:id="ID_197"> Weil die Menschen, der stattgefundenen Aufforderung ungeach¬<lb/> tet, nicht auseinander gingen? Wie? aber konnten sie denn? Man<lb/> rechne! Etwa 5 Minuten nach 1V Uhr das Militair angelangt.<lb/> Das Militair drängt die Leute zurück und in der Promenade dicht<lb/> zusammen. Einige Minuten nachher dringt von der Seite her daS<lb/> detachirte Peloton in die Lerchenallee ein, dringt also wiederum auf<lb/> die Masse ein. Man stelle sich diese Situation vor! Niemand weiß<lb/> wohin; der Aussage der Polizeidiener nach ist das Gedränge so dicht<lb/> gewesen, daß sich nicht vorrücken ließ, aber kein thätlicher Widerstand<lb/> hat stattgefunden. Wer sich jemals in einem Gedränge befunden<lb/> hat, weiß, wie die Masse sich rachlos und richtungslos hin und<lb/> herschiebt, besonders wenn von außen auf sie eingedrängt wird und<lb/> die in der Mitte Eingeschlossenen mit Macht entgegenarbeiten. Kann<lb/> man von einem solchen Menschenknäuel erwarten, daß er sich in<lb/> vier oder fünf Minuten auflöse? Aber etwa 4 oder 5 Minuten,<lb/> Vielleicht noch kürzere Zeit nach dem Abschwenken des einen PelotonS<lb/> ist Feuer gegeben worden; denn das Feuern fand um 10^ oder<lb/> höchstens 20 Minuten nach 1V Uhr Statt.</p><lb/> <p xml:id="ID_198"> Der Herr Minister sagt uns, es ergebe sich, daß „der Com¬<lb/> mandant des zur Steuerung des Tumults aufgetretenen Bataillons<lb/> nur erst nach vorhergegangener Verwarnung und nachdem der linke<lb/> Flügel wiederholt durch Steinwürfe angegriffen worden, ein Peloton<lb/> habe feuern lassen." Hierdurch soll, wie es scheint, dieses Feuern<lb/> gerechtfertigt sein, denn von einem Zweifel an der Berechtigung des<lb/> Commandanten zu dieser Maßregel ist nicht die Rede.</p><lb/> <p xml:id="ID_199" next="#ID_200"> Wenn es dem Milimir allerdings zusteht, gegen Tumultuanten<lb/> im Nothfalle von der Feuerwaffe Gebrauch zu machen, so sollte man<lb/> doch denken, eS müßte mit eiserner Strenge darauf gehalten werden,<lb/> daß dies auch nicht entfernt ohne Noth geschehe, daß der äußerste<lb/> Fall gekommen sein müsse, ehe denn es geschieht. Indessen erfahren<lb/> wir nicht, daß die Herren Buttlar und Süßmilch wegen dieses</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0085]
sprungen, ist dadurch das Feuer über einen menschenleeren Platz
hinweg auf eine dichtgedrängte Zuschauerinasse wirklich gerechtfertigt?
Um jener allerhöchstens zehn Steinwürfe willen, die doch vermuthlich
von Gassenbuben ausgegangen sind, (der Bericht selbst spricht von
12 bis 15jährigen Jungen) mußten eilf Menschen getödtet und noch
einige verwundet und verkrüppelt werden?
Weil die Menschen, der stattgefundenen Aufforderung ungeach¬
tet, nicht auseinander gingen? Wie? aber konnten sie denn? Man
rechne! Etwa 5 Minuten nach 1V Uhr das Militair angelangt.
Das Militair drängt die Leute zurück und in der Promenade dicht
zusammen. Einige Minuten nachher dringt von der Seite her daS
detachirte Peloton in die Lerchenallee ein, dringt also wiederum auf
die Masse ein. Man stelle sich diese Situation vor! Niemand weiß
wohin; der Aussage der Polizeidiener nach ist das Gedränge so dicht
gewesen, daß sich nicht vorrücken ließ, aber kein thätlicher Widerstand
hat stattgefunden. Wer sich jemals in einem Gedränge befunden
hat, weiß, wie die Masse sich rachlos und richtungslos hin und
herschiebt, besonders wenn von außen auf sie eingedrängt wird und
die in der Mitte Eingeschlossenen mit Macht entgegenarbeiten. Kann
man von einem solchen Menschenknäuel erwarten, daß er sich in
vier oder fünf Minuten auflöse? Aber etwa 4 oder 5 Minuten,
Vielleicht noch kürzere Zeit nach dem Abschwenken des einen PelotonS
ist Feuer gegeben worden; denn das Feuern fand um 10^ oder
höchstens 20 Minuten nach 1V Uhr Statt.
Der Herr Minister sagt uns, es ergebe sich, daß „der Com¬
mandant des zur Steuerung des Tumults aufgetretenen Bataillons
nur erst nach vorhergegangener Verwarnung und nachdem der linke
Flügel wiederholt durch Steinwürfe angegriffen worden, ein Peloton
habe feuern lassen." Hierdurch soll, wie es scheint, dieses Feuern
gerechtfertigt sein, denn von einem Zweifel an der Berechtigung des
Commandanten zu dieser Maßregel ist nicht die Rede.
Wenn es dem Milimir allerdings zusteht, gegen Tumultuanten
im Nothfalle von der Feuerwaffe Gebrauch zu machen, so sollte man
doch denken, eS müßte mit eiserner Strenge darauf gehalten werden,
daß dies auch nicht entfernt ohne Noth geschehe, daß der äußerste
Fall gekommen sein müsse, ehe denn es geschieht. Indessen erfahren
wir nicht, daß die Herren Buttlar und Süßmilch wegen dieses
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