Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.das Gastrecht heilig ist. Soviel an mir ist -- denn die Nicht- Bonn hat so ziemlich seine Toilette vollendet, und namentlich das Gastrecht heilig ist. Soviel an mir ist — denn die Nicht- Bonn hat so ziemlich seine Toilette vollendet, und namentlich <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0070" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271331"/> <p xml:id="ID_156" prev="#ID_155"> das Gastrecht heilig ist. Soviel an mir ist — denn die Nicht-<lb/> Deutschen wenden sich, durch Lißt dazu veranlaßt, mit Fragen und<lb/> Wünschen fast Alle an mich, da obendrein Viele der Meinung sind,<lb/> ich sei ein Bonner Professor — suche ich zu beruhigen und zu be¬<lb/> schwichtigen, namentlich wenn sie über unerwiederte Visiten und ähn¬<lb/> liche Dinge klagen, indem ich ihnen vorstelle, daß ein Comite-Mit¬<lb/> glied bei dem besten Willen jetzt wahrlich nicht die Zeit dazu habe;<lb/> unzufrieden bleiben die Gemüther aber doch immer, und einzelnen,<lb/> leicht Empfindlichen wird daS schöne Fest gestört, und sie nehmen<lb/> einen getrübten Eindruck mit nach Hause.</p><lb/> <p xml:id="ID_157" next="#ID_158"> Bonn hat so ziemlich seine Toilette vollendet, und namentlich<lb/> der Markt sieht recht festlich aus; auf allen Häusern wehen Fahnen<lb/> in den buntesten Farben, und für alle Nationen wird lustig geflaggt;<lb/> natürlich daß die preußischen National- und die Bonner Stadtfarben<lb/> vorherrschen. In allen Straßen ist das regste Leben, vorzüglich in<lb/> der Gegend der Festhalle, denn dahin richtet sich fast jedes Neuan¬<lb/> gekommenen erster Gang und mit Recht. Die Journalisten sind in<lb/> großer Menge eingerückt, und Fiorentino, der bisher allein war,<lb/> verliert sich jetzt unter der Menge der Collegen, denen er jedoch einen<lb/> bedeutenden Vorsprung abgewonnen hat, da sein erster, sehr wichti¬<lb/> ger Artikel schon vorgestern an den Constitutionnel abgegangen ist.<lb/> Von London sind hier Chorley für das „Athenaeum" Grüneisen für<lb/> „Morning-Post", Canno für die „Times", Davison für das „Mu¬<lb/> sical-Journal", ein Anderer, dessen Namen mir entfallen, für das<lb/> „Morning-Chronicle", French-Flowers für die „Literary Gazette" u.<lb/> s. w.; aus Paris, Elwart für die „Presse", Engl-ne Guinost (Du-<lb/> rand), Jules Janin u. A. in. — Jules Janin, der mich am mei¬<lb/> sten interessirte, sah ich zuerst gestern in einer Eoncertprobe, wo mich<lb/> ein sehr lieber Freund, L,, Heine's Mirabeau der LüneburgerHaide,<lb/> auf ihn aufmerksam machte und ich mich im Stillen über seine eben<lb/> so lebhafte als gerechte Anerkennung der Kunstleistungen, besonders<lb/> der drei ausgezeichneten Sängerinnen, Fräulein Schloß, Sachs und<lb/> Tuczeck freute. Am Abend wurden wir einander vorgestellt, und ich<lb/> hatte gleich darauf Gelegenheit, mich außerordentlich über ihn zu<lb/> amusiren. — Die Portraits, welche in Deutschland von ihm bekannt<lb/> sind, haben alle das Verdienst der Aehnlichkeit; er besitzt eine mit¬<lb/> telgroße, wohlbeleibte Figur, und sein Gesicht verräth, besonders sein</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0070]
das Gastrecht heilig ist. Soviel an mir ist — denn die Nicht-
Deutschen wenden sich, durch Lißt dazu veranlaßt, mit Fragen und
Wünschen fast Alle an mich, da obendrein Viele der Meinung sind,
ich sei ein Bonner Professor — suche ich zu beruhigen und zu be¬
schwichtigen, namentlich wenn sie über unerwiederte Visiten und ähn¬
liche Dinge klagen, indem ich ihnen vorstelle, daß ein Comite-Mit¬
glied bei dem besten Willen jetzt wahrlich nicht die Zeit dazu habe;
unzufrieden bleiben die Gemüther aber doch immer, und einzelnen,
leicht Empfindlichen wird daS schöne Fest gestört, und sie nehmen
einen getrübten Eindruck mit nach Hause.
Bonn hat so ziemlich seine Toilette vollendet, und namentlich
der Markt sieht recht festlich aus; auf allen Häusern wehen Fahnen
in den buntesten Farben, und für alle Nationen wird lustig geflaggt;
natürlich daß die preußischen National- und die Bonner Stadtfarben
vorherrschen. In allen Straßen ist das regste Leben, vorzüglich in
der Gegend der Festhalle, denn dahin richtet sich fast jedes Neuan¬
gekommenen erster Gang und mit Recht. Die Journalisten sind in
großer Menge eingerückt, und Fiorentino, der bisher allein war,
verliert sich jetzt unter der Menge der Collegen, denen er jedoch einen
bedeutenden Vorsprung abgewonnen hat, da sein erster, sehr wichti¬
ger Artikel schon vorgestern an den Constitutionnel abgegangen ist.
Von London sind hier Chorley für das „Athenaeum" Grüneisen für
„Morning-Post", Canno für die „Times", Davison für das „Mu¬
sical-Journal", ein Anderer, dessen Namen mir entfallen, für das
„Morning-Chronicle", French-Flowers für die „Literary Gazette" u.
s. w.; aus Paris, Elwart für die „Presse", Engl-ne Guinost (Du-
rand), Jules Janin u. A. in. — Jules Janin, der mich am mei¬
sten interessirte, sah ich zuerst gestern in einer Eoncertprobe, wo mich
ein sehr lieber Freund, L,, Heine's Mirabeau der LüneburgerHaide,
auf ihn aufmerksam machte und ich mich im Stillen über seine eben
so lebhafte als gerechte Anerkennung der Kunstleistungen, besonders
der drei ausgezeichneten Sängerinnen, Fräulein Schloß, Sachs und
Tuczeck freute. Am Abend wurden wir einander vorgestellt, und ich
hatte gleich darauf Gelegenheit, mich außerordentlich über ihn zu
amusiren. — Die Portraits, welche in Deutschland von ihm bekannt
sind, haben alle das Verdienst der Aehnlichkeit; er besitzt eine mit¬
telgroße, wohlbeleibte Figur, und sein Gesicht verräth, besonders sein
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