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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

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Freunden behaglich das Leben genießen; er ist immer derselbe, immer
wahr, sicher, fest, entschieden ruhig und wohlwollend, ein echter deut¬
scher Meister.


III.

Bonn, am 10. August. Heute hat das Fest begonnen mit
dem ersten von Spohr dirigirten Concerte. Morgen sollte die Inau¬
guration der Statüe sein; aber wegen der Ankunft der Königin Vic¬
toria im Brühl, fand das Comite für gut, es auf Uebermorgen zu
verlegen, weil "die hohen Herrschaften die Enthüllung des Monu¬
mentes vielleicht mit ihrer Gegenwart beehren." Darüber ist hin und
wieder manche Unzufriedenheit laut geworden, und es erheben sich
überhaupt viele Stimmen, namentlich von fremden Ehrengästen und
Deputirten gegen das Comite, das sich, zwei oder drei Mitglieder
abgerechnet, sehr wenig um die ausländischen, eigens eingeladenen
Notabilitäten zu kümmern scheint, und diese getrost Gott und sich
selbst überläßt. Der Fehler liegt wohl darin, daß nicht eine Frak¬
tion des Comite mit permanenter Sitzung, als besondere Sorge für
die Fremden tragend, deputirt wurde und sich junge Männer zuge¬
sellte, an denen es doch in Bonn nicht fehlen kann, die die Hon¬
neurs zu machen wissen und es gern thun. Mit den Nachweisun¬
gen auf dem Rathhause ist am Wenigsten und den Wenigsten ge¬
dient, und bereitwillige und thätige persönliche Vermittelung das
Einzige, wodurch vielen Uebelständen abgeholfen werden kann. Mehr
als ein fremder Gast klagt von einzelnen Herren des Comite un¬
freundlich, ja unhöflich bei ganz gerechtem Ansuchen behandelt wor¬
den zu sein; und namentlich sind zwischen den Wiener Deputirten und
dem Comite sehr harte Dinge zur Sprache gekommen. Freilich
haben die Einzelnen der Direktion so viel mit den Einzelnheiten des
ganzen Festes zu thun, daß ihnen nicht zuzumuthen ist, sich um die
einzelnen Individuen besonders zu bemühen, aber Höflichkeit ist doch
überall ein wünschenswerthes Ding, und diese sollte nicht als über¬
flüssig betrachtet werden. Ich weiß sehr wohl, daß mancher Fremde
glauben mag, das Recht zu Prätensionen zu haben, eben weil er
ein Fremder ist; solche Käuze gibt es auch, nur darf nicht verges¬
sen werden, daß jeder, auch der nicht ausdrücklich eingeladene Be¬
sucher, immer ein Gast der Stadt Bonn an diesen Tagen, und daß


Freunden behaglich das Leben genießen; er ist immer derselbe, immer
wahr, sicher, fest, entschieden ruhig und wohlwollend, ein echter deut¬
scher Meister.


III.

Bonn, am 10. August. Heute hat das Fest begonnen mit
dem ersten von Spohr dirigirten Concerte. Morgen sollte die Inau¬
guration der Statüe sein; aber wegen der Ankunft der Königin Vic¬
toria im Brühl, fand das Comite für gut, es auf Uebermorgen zu
verlegen, weil „die hohen Herrschaften die Enthüllung des Monu¬
mentes vielleicht mit ihrer Gegenwart beehren." Darüber ist hin und
wieder manche Unzufriedenheit laut geworden, und es erheben sich
überhaupt viele Stimmen, namentlich von fremden Ehrengästen und
Deputirten gegen das Comite, das sich, zwei oder drei Mitglieder
abgerechnet, sehr wenig um die ausländischen, eigens eingeladenen
Notabilitäten zu kümmern scheint, und diese getrost Gott und sich
selbst überläßt. Der Fehler liegt wohl darin, daß nicht eine Frak¬
tion des Comite mit permanenter Sitzung, als besondere Sorge für
die Fremden tragend, deputirt wurde und sich junge Männer zuge¬
sellte, an denen es doch in Bonn nicht fehlen kann, die die Hon¬
neurs zu machen wissen und es gern thun. Mit den Nachweisun¬
gen auf dem Rathhause ist am Wenigsten und den Wenigsten ge¬
dient, und bereitwillige und thätige persönliche Vermittelung das
Einzige, wodurch vielen Uebelständen abgeholfen werden kann. Mehr
als ein fremder Gast klagt von einzelnen Herren des Comite un¬
freundlich, ja unhöflich bei ganz gerechtem Ansuchen behandelt wor¬
den zu sein; und namentlich sind zwischen den Wiener Deputirten und
dem Comite sehr harte Dinge zur Sprache gekommen. Freilich
haben die Einzelnen der Direktion so viel mit den Einzelnheiten des
ganzen Festes zu thun, daß ihnen nicht zuzumuthen ist, sich um die
einzelnen Individuen besonders zu bemühen, aber Höflichkeit ist doch
überall ein wünschenswerthes Ding, und diese sollte nicht als über¬
flüssig betrachtet werden. Ich weiß sehr wohl, daß mancher Fremde
glauben mag, das Recht zu Prätensionen zu haben, eben weil er
ein Fremder ist; solche Käuze gibt es auch, nur darf nicht verges¬
sen werden, daß jeder, auch der nicht ausdrücklich eingeladene Be¬
sucher, immer ein Gast der Stadt Bonn an diesen Tagen, und daß


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[0069] Freunden behaglich das Leben genießen; er ist immer derselbe, immer wahr, sicher, fest, entschieden ruhig und wohlwollend, ein echter deut¬ scher Meister. III. Bonn, am 10. August. Heute hat das Fest begonnen mit dem ersten von Spohr dirigirten Concerte. Morgen sollte die Inau¬ guration der Statüe sein; aber wegen der Ankunft der Königin Vic¬ toria im Brühl, fand das Comite für gut, es auf Uebermorgen zu verlegen, weil „die hohen Herrschaften die Enthüllung des Monu¬ mentes vielleicht mit ihrer Gegenwart beehren." Darüber ist hin und wieder manche Unzufriedenheit laut geworden, und es erheben sich überhaupt viele Stimmen, namentlich von fremden Ehrengästen und Deputirten gegen das Comite, das sich, zwei oder drei Mitglieder abgerechnet, sehr wenig um die ausländischen, eigens eingeladenen Notabilitäten zu kümmern scheint, und diese getrost Gott und sich selbst überläßt. Der Fehler liegt wohl darin, daß nicht eine Frak¬ tion des Comite mit permanenter Sitzung, als besondere Sorge für die Fremden tragend, deputirt wurde und sich junge Männer zuge¬ sellte, an denen es doch in Bonn nicht fehlen kann, die die Hon¬ neurs zu machen wissen und es gern thun. Mit den Nachweisun¬ gen auf dem Rathhause ist am Wenigsten und den Wenigsten ge¬ dient, und bereitwillige und thätige persönliche Vermittelung das Einzige, wodurch vielen Uebelständen abgeholfen werden kann. Mehr als ein fremder Gast klagt von einzelnen Herren des Comite un¬ freundlich, ja unhöflich bei ganz gerechtem Ansuchen behandelt wor¬ den zu sein; und namentlich sind zwischen den Wiener Deputirten und dem Comite sehr harte Dinge zur Sprache gekommen. Freilich haben die Einzelnen der Direktion so viel mit den Einzelnheiten des ganzen Festes zu thun, daß ihnen nicht zuzumuthen ist, sich um die einzelnen Individuen besonders zu bemühen, aber Höflichkeit ist doch überall ein wünschenswerthes Ding, und diese sollte nicht als über¬ flüssig betrachtet werden. Ich weiß sehr wohl, daß mancher Fremde glauben mag, das Recht zu Prätensionen zu haben, eben weil er ein Fremder ist; solche Käuze gibt es auch, nur darf nicht verges¬ sen werden, daß jeder, auch der nicht ausdrücklich eingeladene Be¬ sucher, immer ein Gast der Stadt Bonn an diesen Tagen, und daß

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/69>, abgerufen am 05.02.2025.