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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

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Brochüren und Bücher, welche Otto bei sich führte. Nun war keine
Rettung mehr. Die Bücher mußten sämmtlich herausgenommen und
besonders eingepackt werden. Otto wollte sie aber nicht auf der
Grenze zurücklassen und bestand auf Plombe. Sie erklärten sich
dazu bereit, versicherten aber, daß sie alsdann eine Fu"r"ii!>, mit¬
geben müßten bis Neapel, lasen uns auch die betreffenden Gesetze
vor, und die Bestimmung, daß die Escorte 18 Carolin zu erhalten
und sich unterwegs zu beköstigen habe. Otto wollte diese Kosten
lieber tragen als Gefahr laufen, seine Bücher nicht zu rechter Zeit
zu erhalten und so nahmen wir einen Soldaten mit, übrigens einen
hübschen jungen Burschen von den höflichsten und gefälligsten Ma¬
nieren, der auch seine beste Montur angethan hatte. Die Doganen-
becumen schienen bei diesem ganzen Vorfall in vielfältiger Verlegen¬
heit, wegen des beizugebenden Berichtes, wegen der Adresse desselben
an die große Dogane von Neapel und wegen tausend anderer Klei¬
nigkeiten, und waren ganz unglücklich über den Vorfall. Wir müssen
sagen, daß sie uns bei dem allen mit großer Höflichkeit behandelt
haben, und noch größerer Dummheit, die Otto nicht wenig Geld
kostete. Denn da er ein Portrait seiner Braut, eine Kreidezeichnung
in Glas und Nahmen, bei sich harte, so erklärten sie, daß dieses
versteuert weiden müßte und zeigten uns im Tarif, daß L^uro al-
vi-ete nere pro Kote., oder Gott mag wissen, welch Gewicht mit
K Duc. <Za-/.lo besteuert wären. Sie nahmen es mit dem Gewicht
sehr glimpflich, dennoch belief sich die Abgabe auf etwa 8 Carolin
(beinahe 1 Thlr. pr. Cour.). Wir suchten ihnen begreiflich zu ma¬
chen, daß die Vorschrift nur Waaren beträfe, da man ja ein ein¬
zelnes Blatt gar nicht einmal wiegen könnte, und daß der Zusatz
deS Tarifs, daß die eingerahmten Bilder nach dem Nettogewicht zu
bezahlen wären, ebenfalls nur solche beträfe, die in den Handel
bestimmt wären, aber das war ihnen völlig unmöglich einzusehen.
Leider unterließen wir, für das Portrait das Wort usato zu gebrauchen,
denn mercanziiz us-tlo "gebrauchte Sachen" sind natürlich steuerfrei.
Wer kommt aber auf den Unsinn, ein Portrait usirt zu nennen?
Genug, nach einer Verzögerung von etwa zwei Stunden gingen wir
vom Stapel mit unserm plombirten Cassetino und unserm Guardia,
und mußten noch sehr zufrieden sein, daß sie uns wegen unterlassener
Declartrung dieser Gegenstände nicht als Defraudanten behandelt


Brochüren und Bücher, welche Otto bei sich führte. Nun war keine
Rettung mehr. Die Bücher mußten sämmtlich herausgenommen und
besonders eingepackt werden. Otto wollte sie aber nicht auf der
Grenze zurücklassen und bestand auf Plombe. Sie erklärten sich
dazu bereit, versicherten aber, daß sie alsdann eine Fu»r«ii!>, mit¬
geben müßten bis Neapel, lasen uns auch die betreffenden Gesetze
vor, und die Bestimmung, daß die Escorte 18 Carolin zu erhalten
und sich unterwegs zu beköstigen habe. Otto wollte diese Kosten
lieber tragen als Gefahr laufen, seine Bücher nicht zu rechter Zeit
zu erhalten und so nahmen wir einen Soldaten mit, übrigens einen
hübschen jungen Burschen von den höflichsten und gefälligsten Ma¬
nieren, der auch seine beste Montur angethan hatte. Die Doganen-
becumen schienen bei diesem ganzen Vorfall in vielfältiger Verlegen¬
heit, wegen des beizugebenden Berichtes, wegen der Adresse desselben
an die große Dogane von Neapel und wegen tausend anderer Klei¬
nigkeiten, und waren ganz unglücklich über den Vorfall. Wir müssen
sagen, daß sie uns bei dem allen mit großer Höflichkeit behandelt
haben, und noch größerer Dummheit, die Otto nicht wenig Geld
kostete. Denn da er ein Portrait seiner Braut, eine Kreidezeichnung
in Glas und Nahmen, bei sich harte, so erklärten sie, daß dieses
versteuert weiden müßte und zeigten uns im Tarif, daß L^uro al-
vi-ete nere pro Kote., oder Gott mag wissen, welch Gewicht mit
K Duc. <Za-/.lo besteuert wären. Sie nahmen es mit dem Gewicht
sehr glimpflich, dennoch belief sich die Abgabe auf etwa 8 Carolin
(beinahe 1 Thlr. pr. Cour.). Wir suchten ihnen begreiflich zu ma¬
chen, daß die Vorschrift nur Waaren beträfe, da man ja ein ein¬
zelnes Blatt gar nicht einmal wiegen könnte, und daß der Zusatz
deS Tarifs, daß die eingerahmten Bilder nach dem Nettogewicht zu
bezahlen wären, ebenfalls nur solche beträfe, die in den Handel
bestimmt wären, aber das war ihnen völlig unmöglich einzusehen.
Leider unterließen wir, für das Portrait das Wort usato zu gebrauchen,
denn mercanziiz us-tlo „gebrauchte Sachen" sind natürlich steuerfrei.
Wer kommt aber auf den Unsinn, ein Portrait usirt zu nennen?
Genug, nach einer Verzögerung von etwa zwei Stunden gingen wir
vom Stapel mit unserm plombirten Cassetino und unserm Guardia,
und mußten noch sehr zufrieden sein, daß sie uns wegen unterlassener
Declartrung dieser Gegenstände nicht als Defraudanten behandelt


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[0590] Brochüren und Bücher, welche Otto bei sich führte. Nun war keine Rettung mehr. Die Bücher mußten sämmtlich herausgenommen und besonders eingepackt werden. Otto wollte sie aber nicht auf der Grenze zurücklassen und bestand auf Plombe. Sie erklärten sich dazu bereit, versicherten aber, daß sie alsdann eine Fu»r«ii!>, mit¬ geben müßten bis Neapel, lasen uns auch die betreffenden Gesetze vor, und die Bestimmung, daß die Escorte 18 Carolin zu erhalten und sich unterwegs zu beköstigen habe. Otto wollte diese Kosten lieber tragen als Gefahr laufen, seine Bücher nicht zu rechter Zeit zu erhalten und so nahmen wir einen Soldaten mit, übrigens einen hübschen jungen Burschen von den höflichsten und gefälligsten Ma¬ nieren, der auch seine beste Montur angethan hatte. Die Doganen- becumen schienen bei diesem ganzen Vorfall in vielfältiger Verlegen¬ heit, wegen des beizugebenden Berichtes, wegen der Adresse desselben an die große Dogane von Neapel und wegen tausend anderer Klei¬ nigkeiten, und waren ganz unglücklich über den Vorfall. Wir müssen sagen, daß sie uns bei dem allen mit großer Höflichkeit behandelt haben, und noch größerer Dummheit, die Otto nicht wenig Geld kostete. Denn da er ein Portrait seiner Braut, eine Kreidezeichnung in Glas und Nahmen, bei sich harte, so erklärten sie, daß dieses versteuert weiden müßte und zeigten uns im Tarif, daß L^uro al- vi-ete nere pro Kote., oder Gott mag wissen, welch Gewicht mit K Duc. <Za-/.lo besteuert wären. Sie nahmen es mit dem Gewicht sehr glimpflich, dennoch belief sich die Abgabe auf etwa 8 Carolin (beinahe 1 Thlr. pr. Cour.). Wir suchten ihnen begreiflich zu ma¬ chen, daß die Vorschrift nur Waaren beträfe, da man ja ein ein¬ zelnes Blatt gar nicht einmal wiegen könnte, und daß der Zusatz deS Tarifs, daß die eingerahmten Bilder nach dem Nettogewicht zu bezahlen wären, ebenfalls nur solche beträfe, die in den Handel bestimmt wären, aber das war ihnen völlig unmöglich einzusehen. Leider unterließen wir, für das Portrait das Wort usato zu gebrauchen, denn mercanziiz us-tlo „gebrauchte Sachen" sind natürlich steuerfrei. Wer kommt aber auf den Unsinn, ein Portrait usirt zu nennen? Genug, nach einer Verzögerung von etwa zwei Stunden gingen wir vom Stapel mit unserm plombirten Cassetino und unserm Guardia, und mußten noch sehr zufrieden sein, daß sie uns wegen unterlassener Declartrung dieser Gegenstände nicht als Defraudanten behandelt

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/590>, abgerufen am 05.02.2025.