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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

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daß die Circulairverfügung der königl. Schleswig-Holsteinischen Pro-
vinzialregierung auf Gottorff vom 13. December 1838, die Aufsicht
über öffentliche Versammlungen betreffend, aufgehoben werden möge,
und nachdem die Versammlung auf die vorschriftsmäßige Weise diese
Proposition einer Prüfung unterzogen, hat sie einstimmig den Be¬
schluß gefaßt, sich mit der allerunterthänigster Bitte an Ew. Majestät
zu wenden, Allerhöchstdieselben mochten geruhen, die besagte Verfü¬
gung wiederum aufzuheben. Die Motive, welche die Versammlung
zu dieser Bitte bewogen, glaubt sie in folgenden Betrachtungen dar¬
legen zu dürfen.

"Schon in den ältesten Gesetzgebungen, und namentlich in der
römischen, wird das Recht des Volkes, sich zu versammeln und in
gemeinschaftlichen Vorstellungen sich auszusprechen, anerkannt, und die
Geschichte legt Zeugniß davon ab, daß auf die vielfältigste Weise zu
allen Zeiten von diesem Rechte Gebrauch gemacht worden. Die an¬
gesehensten Rechtslehrer sind darüber einig, dieses Recht nicht nur als
eines der wichtigsten, sondern auch als ein in der Natur der Ver¬
hältnisse nothwendig begründetes zu bezeichnen, und auch unsere Ge¬
setzgebung hat dieses Recht ausdrücklich anerkannt, wie dies nament¬
lich in der Verordnung vom 4. October 1775, nach welcher die
Obrigkeiten selbst solche Suppliken, die ihnen gesetzwidrig und un¬
statthaft erscheinen, nicht zurückhalten dürfen, und durch das Patent
vom II. September 1795 geschehen, so wie in den die Ständeinsti¬
tution begründenden gesetzlichen Anordnungen die Ausübung dieses
Rechts gesichert worden ist. Von um so größerer Bedeutung dieje¬
nigen Bitten sind, welche das Volk zu den Füßen des Thrones nie¬
derlegen zu müssen glaubt, je weiter sich die Verletzung erstreckt, de¬
ren Abhülfe durch gemeinschaftliche Bitten erzweckt wird, je umfangs¬
reicher sich die Rechte gestalten, auf deren Wiederbelebung sich die
Wünsche des Volks erstrecken, um so größere Aufmerksamkeit nehmen
alsdann gemeinschaftliche Bitten in Anspruch, um so schätzbarer er¬
scheint die Vefugniß, auf dem Wege der Petition die empfundene
Bedrängniß oder die wahrgenommenen Mängel in den öffentlichen
Zuständen zur Sprache zu bringen, so wie in solchen Verhältnissen
für die Staatsregierung eine um so kräftigere Aufforderung liegt, die
in den Petitionen besprochenen Gegenstände zu prüfen und die wahre
Sachlage zu ergründen. Das Herzogthum Schleswig ist daher auf


daß die Circulairverfügung der königl. Schleswig-Holsteinischen Pro-
vinzialregierung auf Gottorff vom 13. December 1838, die Aufsicht
über öffentliche Versammlungen betreffend, aufgehoben werden möge,
und nachdem die Versammlung auf die vorschriftsmäßige Weise diese
Proposition einer Prüfung unterzogen, hat sie einstimmig den Be¬
schluß gefaßt, sich mit der allerunterthänigster Bitte an Ew. Majestät
zu wenden, Allerhöchstdieselben mochten geruhen, die besagte Verfü¬
gung wiederum aufzuheben. Die Motive, welche die Versammlung
zu dieser Bitte bewogen, glaubt sie in folgenden Betrachtungen dar¬
legen zu dürfen.

„Schon in den ältesten Gesetzgebungen, und namentlich in der
römischen, wird das Recht des Volkes, sich zu versammeln und in
gemeinschaftlichen Vorstellungen sich auszusprechen, anerkannt, und die
Geschichte legt Zeugniß davon ab, daß auf die vielfältigste Weise zu
allen Zeiten von diesem Rechte Gebrauch gemacht worden. Die an¬
gesehensten Rechtslehrer sind darüber einig, dieses Recht nicht nur als
eines der wichtigsten, sondern auch als ein in der Natur der Ver¬
hältnisse nothwendig begründetes zu bezeichnen, und auch unsere Ge¬
setzgebung hat dieses Recht ausdrücklich anerkannt, wie dies nament¬
lich in der Verordnung vom 4. October 1775, nach welcher die
Obrigkeiten selbst solche Suppliken, die ihnen gesetzwidrig und un¬
statthaft erscheinen, nicht zurückhalten dürfen, und durch das Patent
vom II. September 1795 geschehen, so wie in den die Ständeinsti¬
tution begründenden gesetzlichen Anordnungen die Ausübung dieses
Rechts gesichert worden ist. Von um so größerer Bedeutung dieje¬
nigen Bitten sind, welche das Volk zu den Füßen des Thrones nie¬
derlegen zu müssen glaubt, je weiter sich die Verletzung erstreckt, de¬
ren Abhülfe durch gemeinschaftliche Bitten erzweckt wird, je umfangs¬
reicher sich die Rechte gestalten, auf deren Wiederbelebung sich die
Wünsche des Volks erstrecken, um so größere Aufmerksamkeit nehmen
alsdann gemeinschaftliche Bitten in Anspruch, um so schätzbarer er¬
scheint die Vefugniß, auf dem Wege der Petition die empfundene
Bedrängniß oder die wahrgenommenen Mängel in den öffentlichen
Zuständen zur Sprache zu bringen, so wie in solchen Verhältnissen
für die Staatsregierung eine um so kräftigere Aufforderung liegt, die
in den Petitionen besprochenen Gegenstände zu prüfen und die wahre
Sachlage zu ergründen. Das Herzogthum Schleswig ist daher auf


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[0580] daß die Circulairverfügung der königl. Schleswig-Holsteinischen Pro- vinzialregierung auf Gottorff vom 13. December 1838, die Aufsicht über öffentliche Versammlungen betreffend, aufgehoben werden möge, und nachdem die Versammlung auf die vorschriftsmäßige Weise diese Proposition einer Prüfung unterzogen, hat sie einstimmig den Be¬ schluß gefaßt, sich mit der allerunterthänigster Bitte an Ew. Majestät zu wenden, Allerhöchstdieselben mochten geruhen, die besagte Verfü¬ gung wiederum aufzuheben. Die Motive, welche die Versammlung zu dieser Bitte bewogen, glaubt sie in folgenden Betrachtungen dar¬ legen zu dürfen. „Schon in den ältesten Gesetzgebungen, und namentlich in der römischen, wird das Recht des Volkes, sich zu versammeln und in gemeinschaftlichen Vorstellungen sich auszusprechen, anerkannt, und die Geschichte legt Zeugniß davon ab, daß auf die vielfältigste Weise zu allen Zeiten von diesem Rechte Gebrauch gemacht worden. Die an¬ gesehensten Rechtslehrer sind darüber einig, dieses Recht nicht nur als eines der wichtigsten, sondern auch als ein in der Natur der Ver¬ hältnisse nothwendig begründetes zu bezeichnen, und auch unsere Ge¬ setzgebung hat dieses Recht ausdrücklich anerkannt, wie dies nament¬ lich in der Verordnung vom 4. October 1775, nach welcher die Obrigkeiten selbst solche Suppliken, die ihnen gesetzwidrig und un¬ statthaft erscheinen, nicht zurückhalten dürfen, und durch das Patent vom II. September 1795 geschehen, so wie in den die Ständeinsti¬ tution begründenden gesetzlichen Anordnungen die Ausübung dieses Rechts gesichert worden ist. Von um so größerer Bedeutung dieje¬ nigen Bitten sind, welche das Volk zu den Füßen des Thrones nie¬ derlegen zu müssen glaubt, je weiter sich die Verletzung erstreckt, de¬ ren Abhülfe durch gemeinschaftliche Bitten erzweckt wird, je umfangs¬ reicher sich die Rechte gestalten, auf deren Wiederbelebung sich die Wünsche des Volks erstrecken, um so größere Aufmerksamkeit nehmen alsdann gemeinschaftliche Bitten in Anspruch, um so schätzbarer er¬ scheint die Vefugniß, auf dem Wege der Petition die empfundene Bedrängniß oder die wahrgenommenen Mängel in den öffentlichen Zuständen zur Sprache zu bringen, so wie in solchen Verhältnissen für die Staatsregierung eine um so kräftigere Aufforderung liegt, die in den Petitionen besprochenen Gegenstände zu prüfen und die wahre Sachlage zu ergründen. Das Herzogthum Schleswig ist daher auf

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/580>, abgerufen am 05.02.2025.