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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

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fassung von Petitionen um Anordnung oder BeWirkung von Verän¬
derungen in der Landesverfassung und Verwaltung des Staates
überall nicht zu dulden sei, so wie auch nicht der Umlauf von Pe¬
titionen zu solchem Zwecke und das Sammeln von Unterschriften dazu.

Zwar richteten dagegen einzelne Städte und manche intelligente
Personen Vorstellungen an den Landesherrn, auch konnte die Canzlei
oder dieSchleswig-HolsteinischeRegierung das Verbot nicht überall auf¬
recht erhalten, da die Gerichte es nicht als in den Gesetzen begrün¬
det anerkennen und deshalb die Bestrafung der Uebertreter nicht de-
cretiren konnten; allein es drückte doch die Bewegung darnieder und
blieb in Wirksamkeit, bis die Stäiideversammlungcn dagegen auftra¬
ten. Dies that zuförderst die Holsteinische Ständeversammlung des Jah-
res 18to mit folgender Vorstellung an den Landesherrn "Aller-
durchlauchtigster :c. Zc. Das von der königl. Provinzialregierung
zu Gottorf unterm 15. Decbr. 1838 erlassene Circulair, in Betreff
der öffentlichen Versammlungen und der Beschließung von Petitionen
an den Landesherrn oder die Ständeversammlungen, mußte in den
Herzogthümern einen um so tieferen Eindruck herbeiführen, als theils
eine Beschränkung der bisherigen Rechte der Unterthanen in den
Herzogthümern dadurch eintrat, theils eine Veranlassung, welche das
Circulair herbeigeführt haben konnte, nicht ersichtlich war, theils end¬
lich für die Herzogthümer Maßregeln verfügt wurden, die dem Kö¬
nigreiche fremd blieben. Die Ständeversammlung hat daher, als
von einem Mitgliede derselben eine Proposition gestellt ward, welche
dahin ging, daß die Versammlung in einer allerunterthänigster Pe¬
tition die Aufhebung der Circulairverfügung beantragen möge, diese
Proposition einem Ausschüsse zur Prüfung überwiesen, und hierauf,
nachdem auf vorschriftsmäßige Weise die fernere Erörterung und
Verhandlung Statt gefunden, einstimmig beschlossen, daß in einer
allerunterthänigster Petition um allergnädigste Aufhebung der Verfügung
gebeten werde. Die Versammlung erlaubt sich, die Gründe, welche ihre
Bitte motiviren dürften, Ew. Königl. Majestät allerunterthänigst vor¬
zutragen. Das Recht, zu erlaubten Zwecken sich zu vereinigen, scheint in
geordneten Staaten, und abgesehen von außerordentlichen Ereignissen,
den Unterthanen nicht versagt werden zu dürfen. Auch war das
Recht der gemeinsamen Bitte bis zur Erlassung der Circulairverfü-


73-i-

fassung von Petitionen um Anordnung oder BeWirkung von Verän¬
derungen in der Landesverfassung und Verwaltung des Staates
überall nicht zu dulden sei, so wie auch nicht der Umlauf von Pe¬
titionen zu solchem Zwecke und das Sammeln von Unterschriften dazu.

Zwar richteten dagegen einzelne Städte und manche intelligente
Personen Vorstellungen an den Landesherrn, auch konnte die Canzlei
oder dieSchleswig-HolsteinischeRegierung das Verbot nicht überall auf¬
recht erhalten, da die Gerichte es nicht als in den Gesetzen begrün¬
det anerkennen und deshalb die Bestrafung der Uebertreter nicht de-
cretiren konnten; allein es drückte doch die Bewegung darnieder und
blieb in Wirksamkeit, bis die Stäiideversammlungcn dagegen auftra¬
ten. Dies that zuförderst die Holsteinische Ständeversammlung des Jah-
res 18to mit folgender Vorstellung an den Landesherrn „Aller-
durchlauchtigster :c. Zc. Das von der königl. Provinzialregierung
zu Gottorf unterm 15. Decbr. 1838 erlassene Circulair, in Betreff
der öffentlichen Versammlungen und der Beschließung von Petitionen
an den Landesherrn oder die Ständeversammlungen, mußte in den
Herzogthümern einen um so tieferen Eindruck herbeiführen, als theils
eine Beschränkung der bisherigen Rechte der Unterthanen in den
Herzogthümern dadurch eintrat, theils eine Veranlassung, welche das
Circulair herbeigeführt haben konnte, nicht ersichtlich war, theils end¬
lich für die Herzogthümer Maßregeln verfügt wurden, die dem Kö¬
nigreiche fremd blieben. Die Ständeversammlung hat daher, als
von einem Mitgliede derselben eine Proposition gestellt ward, welche
dahin ging, daß die Versammlung in einer allerunterthänigster Pe¬
tition die Aufhebung der Circulairverfügung beantragen möge, diese
Proposition einem Ausschüsse zur Prüfung überwiesen, und hierauf,
nachdem auf vorschriftsmäßige Weise die fernere Erörterung und
Verhandlung Statt gefunden, einstimmig beschlossen, daß in einer
allerunterthänigster Petition um allergnädigste Aufhebung der Verfügung
gebeten werde. Die Versammlung erlaubt sich, die Gründe, welche ihre
Bitte motiviren dürften, Ew. Königl. Majestät allerunterthänigst vor¬
zutragen. Das Recht, zu erlaubten Zwecken sich zu vereinigen, scheint in
geordneten Staaten, und abgesehen von außerordentlichen Ereignissen,
den Unterthanen nicht versagt werden zu dürfen. Auch war das
Recht der gemeinsamen Bitte bis zur Erlassung der Circulairverfü-


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[0575] fassung von Petitionen um Anordnung oder BeWirkung von Verän¬ derungen in der Landesverfassung und Verwaltung des Staates überall nicht zu dulden sei, so wie auch nicht der Umlauf von Pe¬ titionen zu solchem Zwecke und das Sammeln von Unterschriften dazu. Zwar richteten dagegen einzelne Städte und manche intelligente Personen Vorstellungen an den Landesherrn, auch konnte die Canzlei oder dieSchleswig-HolsteinischeRegierung das Verbot nicht überall auf¬ recht erhalten, da die Gerichte es nicht als in den Gesetzen begrün¬ det anerkennen und deshalb die Bestrafung der Uebertreter nicht de- cretiren konnten; allein es drückte doch die Bewegung darnieder und blieb in Wirksamkeit, bis die Stäiideversammlungcn dagegen auftra¬ ten. Dies that zuförderst die Holsteinische Ständeversammlung des Jah- res 18to mit folgender Vorstellung an den Landesherrn „Aller- durchlauchtigster :c. Zc. Das von der königl. Provinzialregierung zu Gottorf unterm 15. Decbr. 1838 erlassene Circulair, in Betreff der öffentlichen Versammlungen und der Beschließung von Petitionen an den Landesherrn oder die Ständeversammlungen, mußte in den Herzogthümern einen um so tieferen Eindruck herbeiführen, als theils eine Beschränkung der bisherigen Rechte der Unterthanen in den Herzogthümern dadurch eintrat, theils eine Veranlassung, welche das Circulair herbeigeführt haben konnte, nicht ersichtlich war, theils end¬ lich für die Herzogthümer Maßregeln verfügt wurden, die dem Kö¬ nigreiche fremd blieben. Die Ständeversammlung hat daher, als von einem Mitgliede derselben eine Proposition gestellt ward, welche dahin ging, daß die Versammlung in einer allerunterthänigster Pe¬ tition die Aufhebung der Circulairverfügung beantragen möge, diese Proposition einem Ausschüsse zur Prüfung überwiesen, und hierauf, nachdem auf vorschriftsmäßige Weise die fernere Erörterung und Verhandlung Statt gefunden, einstimmig beschlossen, daß in einer allerunterthänigster Petition um allergnädigste Aufhebung der Verfügung gebeten werde. Die Versammlung erlaubt sich, die Gründe, welche ihre Bitte motiviren dürften, Ew. Königl. Majestät allerunterthänigst vor¬ zutragen. Das Recht, zu erlaubten Zwecken sich zu vereinigen, scheint in geordneten Staaten, und abgesehen von außerordentlichen Ereignissen, den Unterthanen nicht versagt werden zu dürfen. Auch war das Recht der gemeinsamen Bitte bis zur Erlassung der Circulairverfü- 73-i-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/575>, abgerufen am 05.02.2025.