Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.Oesterreichs Schulen. Die englischen Bücherdeckel haben einen eigenthümlichen Geruch, Das sechs-, höchstens siebenjährige Kind tritt in die Abcschule, Grcnzl-öden, Isis, IV. 7
Oesterreichs Schulen. Die englischen Bücherdeckel haben einen eigenthümlichen Geruch, Das sechs-, höchstens siebenjährige Kind tritt in die Abcschule, Grcnzl-öden, Isis, IV. 7
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Oesterreichs Schulen.
Die englischen Bücherdeckel haben einen eigenthümlichen Geruch,
der dem, was dazwischen steckt, als Taufzeugniß dient. Ob gut
oder schlecht wissen wir zwar nicht, dennoch greifen wir voll Hast
nach dem Buche, denn was haben wir nicht Alles von den Englän¬
dern gelernt in Poesie, Geschichte, Politik? Fast jeder Zweig mensch¬
lichen Wissens erhielt dort eine Aera oder zählt unter ihnen einen
seiner ersten Koryphäen. Auch mit den Drucksachen aus dem östlichen
Süden Deutschlands verknüpft sich ein Vorurtheil, leider kein so
günstiges. Die Censur kann doch, wenn auch manchen schöngeistigen
Elucubrationen, nicht durchweg der Wissenschaft hinderlich in den
Weg treten, und selbst bei jenen bemerken wir, daß Vieles ihrer
Papierscheere zu entwischen weiß, Nikolaus Lenau, Anastasius Grün,
Moritz Hartmann sind keine müßigen Tag- oder Nachtfalter, wir
fragen daher mit Recht, warum nicht mehr, warum so arm an Pro¬
dukten des ernsten Wissens, während der deutsche Norden in jedem
seiner Himmelszeiehen Sterne erster Größe zeigt? Sollte ein Haupt¬
grund davon nicht in unserer Bildungsweise, im Geist und Unter¬
richte unsrer Schulen liegen? Man betrachte nur die Methode und
die Lehrer.
Das sechs-, höchstens siebenjährige Kind tritt in die Abcschule,
und ehe man sich geduldet, bis es in der Chiffer alles menschlichen
Wissens einheimisch geworden, soll es auch schon zählen und abzie¬
hen, verdoppeln und theilen lernen, und zwar, was den Mechanis¬
mus, worin Alles durchgeführt werden soll, schon von vorne bezeichnet,
größtentheils im Gedächtnisse. Man schreitet in den Kreiöhauptschulen
Grcnzl-öden, Isis, IV. 7
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