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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

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Bestehen gesichert, da selbst einige der ersten Zeitungen in Deutsch¬
land es nicht verschmähen, die vom Correspondenzburea" gelieferten
Auszüge und Uebersetzungen als leitende Artikel über England, Frank¬
reich u. s. w. abzudrucken.


U.
Aus Wien.

Der Eisenbahnbau. -- Die Akademie der Künste und der Kunstverein. --
Mosaik von Raffaelli. -- Musikalische Genüsse. -- Französisches Theater. --
Journalistik. -- Die "Gegenwart" unter l)>. Frank!. -- Rrdactionsweishcit.
^- Die Flüchtlinge von Rimini. -- Jubiläum des Tridenter Concils.

Die Bahnstrecke zwischen Gratz und Eilli an der Kärnthnerschen
Grenze ist bereits vollkommen hergestellt und die Fahrten könnten in
jedem Augenblicke beginnen, allein man hält den jetzigen Zeitpunkt für
die Eröffnung einer Eisenbahnstraße für sehr unpassend und das mit
Recht, denn der Winter hat schon sein Schneetuch über die ganze Ge¬
gend im Thale der Mur ausgebreitet und wie mild auch die Lüfte
diesseits des Sömmerings wehen, jenseits dieser Gebirgswand ist die
Natur bis über die Ohren in den Pelz des Winters eingehüllt und
träumt von den schönen Tagen des Lenzes. Auf diese schönen Tage
wird man warten, und wenn der Frühling des Jahres 1846 die Lo-
comotive bis an die Grcnzbäume der Steiermark heranbrausen sieht,
so wird der Herbst desselben Jahres den ersten Eisenbahntrain nach
Laibach führen in das Herz Illyriens. Die großartige Felsenarbeit an
der sogenannten Bodlwand ist nunmehr ebenfalls vollendet und das
Nothgeleise weggenommen worden. Die Fortsetzung der nördlichen
Staatseisenbahn von Prag an die sächsische Grenze ist gleichfalls in
Angriff genommen und über zwei Meilen die Erdarbeit vollendet, wo¬
bei im Ganzen 4We1 Arbeiter beschäftigt sind. Wie man hört, haben
die Arbeiten auf der sächsischen Linie bei Dresden gleichfalls begonnen,
und so verspricht die ersehnte Verbindung mit dem nördlichen Deutsch¬
land in Kürze realisirt zu sein.

Unsere künstlerischen Kreise werden jetzt durch mancherlei Erschei¬
nungen und Reformen bewegt. Dahin gehören die Zerwürfnisse im
Schoße der Akademie selbst, von welcher Viele wünschen, daß sie sich
so bald als möglich ganz auflösen möge, indem sie in ihrer gegenwär¬
tigen Verfassung mehr ein Hemmniß jedes Kunftschwunges ist, als ein
Förderungsmittel zum Gedeihen der Kunst. Auch im Ausschüsse des
Kunstvereins lodert die Flamme der Zwietracht, indem neuerdings in
Vorschlag gebracht wurde, den Ankauf von Bildern nicht blos auf die
einheimischen Künstler zu beschränken, sondern zum Vortheil der diesen
Verein bildenden Mitglieder auch auf fremde Maler auszudehnen.
Mochte nun auch daS Motiv dieser Maßregel, nämlich die Unzufrie-


Bestehen gesichert, da selbst einige der ersten Zeitungen in Deutsch¬
land es nicht verschmähen, die vom Correspondenzburea» gelieferten
Auszüge und Uebersetzungen als leitende Artikel über England, Frank¬
reich u. s. w. abzudrucken.


U.
Aus Wien.

Der Eisenbahnbau. — Die Akademie der Künste und der Kunstverein. —
Mosaik von Raffaelli. — Musikalische Genüsse. — Französisches Theater. —
Journalistik. — Die „Gegenwart" unter l)>. Frank!. — Rrdactionsweishcit.
^- Die Flüchtlinge von Rimini. — Jubiläum des Tridenter Concils.

Die Bahnstrecke zwischen Gratz und Eilli an der Kärnthnerschen
Grenze ist bereits vollkommen hergestellt und die Fahrten könnten in
jedem Augenblicke beginnen, allein man hält den jetzigen Zeitpunkt für
die Eröffnung einer Eisenbahnstraße für sehr unpassend und das mit
Recht, denn der Winter hat schon sein Schneetuch über die ganze Ge¬
gend im Thale der Mur ausgebreitet und wie mild auch die Lüfte
diesseits des Sömmerings wehen, jenseits dieser Gebirgswand ist die
Natur bis über die Ohren in den Pelz des Winters eingehüllt und
träumt von den schönen Tagen des Lenzes. Auf diese schönen Tage
wird man warten, und wenn der Frühling des Jahres 1846 die Lo-
comotive bis an die Grcnzbäume der Steiermark heranbrausen sieht,
so wird der Herbst desselben Jahres den ersten Eisenbahntrain nach
Laibach führen in das Herz Illyriens. Die großartige Felsenarbeit an
der sogenannten Bodlwand ist nunmehr ebenfalls vollendet und das
Nothgeleise weggenommen worden. Die Fortsetzung der nördlichen
Staatseisenbahn von Prag an die sächsische Grenze ist gleichfalls in
Angriff genommen und über zwei Meilen die Erdarbeit vollendet, wo¬
bei im Ganzen 4We1 Arbeiter beschäftigt sind. Wie man hört, haben
die Arbeiten auf der sächsischen Linie bei Dresden gleichfalls begonnen,
und so verspricht die ersehnte Verbindung mit dem nördlichen Deutsch¬
land in Kürze realisirt zu sein.

Unsere künstlerischen Kreise werden jetzt durch mancherlei Erschei¬
nungen und Reformen bewegt. Dahin gehören die Zerwürfnisse im
Schoße der Akademie selbst, von welcher Viele wünschen, daß sie sich
so bald als möglich ganz auflösen möge, indem sie in ihrer gegenwär¬
tigen Verfassung mehr ein Hemmniß jedes Kunftschwunges ist, als ein
Förderungsmittel zum Gedeihen der Kunst. Auch im Ausschüsse des
Kunstvereins lodert die Flamme der Zwietracht, indem neuerdings in
Vorschlag gebracht wurde, den Ankauf von Bildern nicht blos auf die
einheimischen Künstler zu beschränken, sondern zum Vortheil der diesen
Verein bildenden Mitglieder auch auf fremde Maler auszudehnen.
Mochte nun auch daS Motiv dieser Maßregel, nämlich die Unzufrie-


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[0511] Bestehen gesichert, da selbst einige der ersten Zeitungen in Deutsch¬ land es nicht verschmähen, die vom Correspondenzburea» gelieferten Auszüge und Uebersetzungen als leitende Artikel über England, Frank¬ reich u. s. w. abzudrucken. U. Aus Wien. Der Eisenbahnbau. — Die Akademie der Künste und der Kunstverein. — Mosaik von Raffaelli. — Musikalische Genüsse. — Französisches Theater. — Journalistik. — Die „Gegenwart" unter l)>. Frank!. — Rrdactionsweishcit. ^- Die Flüchtlinge von Rimini. — Jubiläum des Tridenter Concils. Die Bahnstrecke zwischen Gratz und Eilli an der Kärnthnerschen Grenze ist bereits vollkommen hergestellt und die Fahrten könnten in jedem Augenblicke beginnen, allein man hält den jetzigen Zeitpunkt für die Eröffnung einer Eisenbahnstraße für sehr unpassend und das mit Recht, denn der Winter hat schon sein Schneetuch über die ganze Ge¬ gend im Thale der Mur ausgebreitet und wie mild auch die Lüfte diesseits des Sömmerings wehen, jenseits dieser Gebirgswand ist die Natur bis über die Ohren in den Pelz des Winters eingehüllt und träumt von den schönen Tagen des Lenzes. Auf diese schönen Tage wird man warten, und wenn der Frühling des Jahres 1846 die Lo- comotive bis an die Grcnzbäume der Steiermark heranbrausen sieht, so wird der Herbst desselben Jahres den ersten Eisenbahntrain nach Laibach führen in das Herz Illyriens. Die großartige Felsenarbeit an der sogenannten Bodlwand ist nunmehr ebenfalls vollendet und das Nothgeleise weggenommen worden. Die Fortsetzung der nördlichen Staatseisenbahn von Prag an die sächsische Grenze ist gleichfalls in Angriff genommen und über zwei Meilen die Erdarbeit vollendet, wo¬ bei im Ganzen 4We1 Arbeiter beschäftigt sind. Wie man hört, haben die Arbeiten auf der sächsischen Linie bei Dresden gleichfalls begonnen, und so verspricht die ersehnte Verbindung mit dem nördlichen Deutsch¬ land in Kürze realisirt zu sein. Unsere künstlerischen Kreise werden jetzt durch mancherlei Erschei¬ nungen und Reformen bewegt. Dahin gehören die Zerwürfnisse im Schoße der Akademie selbst, von welcher Viele wünschen, daß sie sich so bald als möglich ganz auflösen möge, indem sie in ihrer gegenwär¬ tigen Verfassung mehr ein Hemmniß jedes Kunftschwunges ist, als ein Förderungsmittel zum Gedeihen der Kunst. Auch im Ausschüsse des Kunstvereins lodert die Flamme der Zwietracht, indem neuerdings in Vorschlag gebracht wurde, den Ankauf von Bildern nicht blos auf die einheimischen Künstler zu beschränken, sondern zum Vortheil der diesen Verein bildenden Mitglieder auch auf fremde Maler auszudehnen. Mochte nun auch daS Motiv dieser Maßregel, nämlich die Unzufrie-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/511>, abgerufen am 05.02.2025.