Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.den; aber warum? "Denn," sagt er, und daS sind seine eigenen H"o "einet est imlmta receris "ervilbit oijorem l'est". -- Man suche dem Juristen eine Vorstellung von einer mündlichen den; aber warum? „Denn," sagt er, und daS sind seine eigenen H»o «einet est imlmta receris «ervilbit oijorem l'est». — Man suche dem Juristen eine Vorstellung von einer mündlichen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0484" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271745"/> <p xml:id="ID_1319" prev="#ID_1318"> den; aber warum? „Denn," sagt er, und daS sind seine eigenen<lb/> Worte, „die Jury ist ein mit dem Jnquisitionsprincip noth¬<lb/> wendig zusammenhängendes Institut!"— und ferner: „in dem Ver-<lb/> dict ist die Stellvertretung des Gewissens, die Subjektivität des<lb/> Angeschuldigten (also sein Geständniß) enthalten." Darf es nun<lb/> wundern, wenn deutsche Staatsmänner in der Preßfreiheit die Cen¬<lb/> sur wiederfinden und diese deshalb vertheidigen, weil sie die wahre<lb/> Preßfreiheit sei? Wenn solche Ergötzlichkeiten für Deutschland nicht<lb/> gerade sehr segenbringend sein dürften, so lassen sie sich doch wenig¬<lb/> stens leicht erklären. Denn die Begriffe, in welchen wir auferzogen<lb/> sind, sie sind mit uns verwachsen, — sie sind das Licht, in welchem<lb/> uns unsere eigenen Verhältnisse erscheinen, sie sind das Prisma, wo¬<lb/> durch wir die uns fremden Verhältnisse erblicken und auffassen.</p><lb/> <quote> H»o «einet est imlmta receris «ervilbit oijorem l'est». —</quote><lb/> <p xml:id="ID_1320" next="#ID_1321"> Man suche dem Juristen eine Vorstellung von einer mündlichen<lb/> Gerichtsverhandlung beizubringen. Vergebliche Mühe! Er kann sich<lb/> nicht von dem Gedanken losringen, daß Acten ein unerläßliches Be¬<lb/> dürfniß seien. Man lasse ihn einer mündlichen Gerichtsverhandlung<lb/> beiwohnen — er wird euch einen nach den Regeln der Referirkunst<lb/> ausgearbeiteten Bericht darüber bringen, der einem dürren und ab¬<lb/> gelebten Actenauszuge so ähnlich sieht, wie ein El dem andern. Man<lb/> suche ihm die Oeffentlichkeit der Gerichte in ihrem Wesen, Zusam¬<lb/> menhang, Einfluß begreiflich zu machen — umsonst; er hat keine<lb/> Anknüpfungspunkte. Muß er nicht Acten haben, hinter denen er sich<lb/> so wichtig fühlt? und diese Heiligthümer sollte er profaniren? Vor<lb/> wem? wie? wann? warum? — Etwa vor den unwissenden Nicht-<lb/> juristen? Wie konnten diese verstehen, was ein Jurist geschrieben<lb/> hat? Was sollte der nichtjuristische Laienverstand damit machen? Ist<lb/> es doch eine vom Staate anerkannte Sache, daß nur Juristen etwas<lb/> verstehen; deswegen muß jeder Staatsbeamte, deswegen müssen selbst<lb/> Bürgermeister Juristen sein. Wie öffentlich? Daß man etwa die<lb/> Acten drucken läßt? Das geschieht ja schon ohnedies bei interessanten<lb/> und lehrreichen Fällen, — lehrreich nämlich für Juristen. Wann<lb/> öffentlich? Etwa bei Civilprocessen? Aber man wird doch nicht gar<lb/> Familiengeheimnisse an die Oeffentlichkeit bringen wollen? Oder etwa<lb/> gar bei Untersuchungen von Verbrechen und Vergehen? Man erzähle<lb/> immerhin dem Juristen, daß in England, daß in Nordamerika in</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0484]
den; aber warum? „Denn," sagt er, und daS sind seine eigenen
Worte, „die Jury ist ein mit dem Jnquisitionsprincip noth¬
wendig zusammenhängendes Institut!"— und ferner: „in dem Ver-
dict ist die Stellvertretung des Gewissens, die Subjektivität des
Angeschuldigten (also sein Geständniß) enthalten." Darf es nun
wundern, wenn deutsche Staatsmänner in der Preßfreiheit die Cen¬
sur wiederfinden und diese deshalb vertheidigen, weil sie die wahre
Preßfreiheit sei? Wenn solche Ergötzlichkeiten für Deutschland nicht
gerade sehr segenbringend sein dürften, so lassen sie sich doch wenig¬
stens leicht erklären. Denn die Begriffe, in welchen wir auferzogen
sind, sie sind mit uns verwachsen, — sie sind das Licht, in welchem
uns unsere eigenen Verhältnisse erscheinen, sie sind das Prisma, wo¬
durch wir die uns fremden Verhältnisse erblicken und auffassen.
H»o «einet est imlmta receris «ervilbit oijorem l'est». —
Man suche dem Juristen eine Vorstellung von einer mündlichen
Gerichtsverhandlung beizubringen. Vergebliche Mühe! Er kann sich
nicht von dem Gedanken losringen, daß Acten ein unerläßliches Be¬
dürfniß seien. Man lasse ihn einer mündlichen Gerichtsverhandlung
beiwohnen — er wird euch einen nach den Regeln der Referirkunst
ausgearbeiteten Bericht darüber bringen, der einem dürren und ab¬
gelebten Actenauszuge so ähnlich sieht, wie ein El dem andern. Man
suche ihm die Oeffentlichkeit der Gerichte in ihrem Wesen, Zusam¬
menhang, Einfluß begreiflich zu machen — umsonst; er hat keine
Anknüpfungspunkte. Muß er nicht Acten haben, hinter denen er sich
so wichtig fühlt? und diese Heiligthümer sollte er profaniren? Vor
wem? wie? wann? warum? — Etwa vor den unwissenden Nicht-
juristen? Wie konnten diese verstehen, was ein Jurist geschrieben
hat? Was sollte der nichtjuristische Laienverstand damit machen? Ist
es doch eine vom Staate anerkannte Sache, daß nur Juristen etwas
verstehen; deswegen muß jeder Staatsbeamte, deswegen müssen selbst
Bürgermeister Juristen sein. Wie öffentlich? Daß man etwa die
Acten drucken läßt? Das geschieht ja schon ohnedies bei interessanten
und lehrreichen Fällen, — lehrreich nämlich für Juristen. Wann
öffentlich? Etwa bei Civilprocessen? Aber man wird doch nicht gar
Familiengeheimnisse an die Oeffentlichkeit bringen wollen? Oder etwa
gar bei Untersuchungen von Verbrechen und Vergehen? Man erzähle
immerhin dem Juristen, daß in England, daß in Nordamerika in
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