Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.geistthor und auf den Monte Mario nach Sant' Ouofrlo; dort un¬ Ja wohl -- sie sind zu klein für Rom, jene Bewegungen, die geistthor und auf den Monte Mario nach Sant' Ouofrlo; dort un¬ Ja wohl — sie sind zu klein für Rom, jene Bewegungen, die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0471" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271732"/> <p xml:id="ID_1286" prev="#ID_1285"> geistthor und auf den Monte Mario nach Sant' Ouofrlo; dort un¬<lb/> ter der bekannten Tassoseiche sah ich auf die Stadt nieder, die herr¬<lb/> lich ausgebreitet mit ihren zahllosen Kuppeln, Palästen, Ruinen und<lb/> Weingarten zu meinen Füßen lag. Welch ein Stück Weltgeschichte!<lb/> Aber wohin ist deine Niesenglorie, Rom, Rom? Stolz bist du noch<lb/> in deinem mühselig geflickten Bettlermantel; wie solltest du es ver¬<lb/> gessen können, was du warst? Jeder von den geringsten deiner<lb/> Söhne verräth noch in Haltung, Rede, Ton, Geberde den Stolz dei¬<lb/> ner Erinnerungen. Und doch werden sie laufen, diese stolzen Römer,<lb/> und neugierig in den sechsspännigen Reisewagen schauen, der bald<lb/> deinen furchtbarsten Widersacher, den Koloß des eisigen Nordens, den<lb/> Gewaltigen der in jeder Hinsicht dein Antipode ist, gastlich in deine<lb/> Mauern führt. Man wird ihn gut empfangen, Se. Heiligkeit wird<lb/> lächeln, mit Bitterkeit im Herzen, man wird dem Czaren alle Ehre<lb/> erzeigen; wer weiß, ob nicht der stolze Thron Samt Peters auf dem<lb/> Vaticane selbst sich mit seinen tausend Lichterperlen wie eine Braut schmük-<lb/> ken wird zu Ehren des Mannes, der Sanct Peter Perl auf Perl<lb/> aus seiner Krone bricht. „Unter Catharine," heißt es in dem Schrift¬<lb/> chen, „5,000,000 >lo I^olor-iis etc. etc." — es ist Ihnen wol be¬<lb/> kannt geworden — „sollen 3,160,000 Unirte gezwungen worden sein,<lb/> der griechischen Kirche beizutreten. Paul sandte Missionen unter mi-<lb/> litairischer Begleitung von Dorf zu Dorf, um den Katholicismus zu<lb/> vertreiben, die Kirchen umzuweihen, Popen an die Stelle widerspen¬<lb/> stiger Pfarrer zu setzen. Die Ortsbehörden mußten die Einwohner<lb/> versammeln, um sie aufzufordern, die — „Religion ihrer Väter" wie¬<lb/> der anzunehmen; wenn die Leute nicht wollten, wurde mit Knute und<lb/> Dvbys (dem an den Füßen schleppenden Holzklötze) nachgeholfen. Alexan¬<lb/> der ernannte nach Willkür Metropolitanen in den ruthenischen Pro¬<lb/> vinzen, verhinderte die Communication mit Rom, verlegte bischöfliche<lb/> Sitze u. s. f. Aber das alles ist nichts gegen die varosrie non^»Je<lb/> «In «lespote piu se prüde, »occ une ironie blas^tiemittlice, it'itvvir<lb/> I» Mission «le lletiuirv le ?,»1onismv et le Vuminus-Vobiscum."<lb/> Das muß man nun alles hinunterschlucken und den freundlichen<lb/> Wirth machen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1287" next="#ID_1288"> Ja wohl — sie sind zu klein für Rom, jene Bewegungen, die<lb/> nur im Volke vor sich gehen. Mit den Herrschern hat man es zu<lb/> thun, mit ihnen allein. Sind es doch schon Jahrhunderte, daß die<lb/> Kirche eine diplomatische Anstalt ist. War es doch schon im 16.<lb/> Jahrhunderte nichts Unerhörtes, daß man Päpste im geheimen Bunde<lb/> mit den Interessen der Protestanten gegen katholische Häupter, Päpste<lb/> verbündet sogar mit dem Erbfeinde des Glaubens, mit dem Türken<lb/> sah. Wenn die Monarchen auftreten und handeln, dann — spricht<lb/> Rom; dann, nachdem es sich seinen Mann besehen, eifert es oder<lb/> giebt schöne gute Worte, je nachdem. Warum hatte es nicht eisern</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0471]
geistthor und auf den Monte Mario nach Sant' Ouofrlo; dort un¬
ter der bekannten Tassoseiche sah ich auf die Stadt nieder, die herr¬
lich ausgebreitet mit ihren zahllosen Kuppeln, Palästen, Ruinen und
Weingarten zu meinen Füßen lag. Welch ein Stück Weltgeschichte!
Aber wohin ist deine Niesenglorie, Rom, Rom? Stolz bist du noch
in deinem mühselig geflickten Bettlermantel; wie solltest du es ver¬
gessen können, was du warst? Jeder von den geringsten deiner
Söhne verräth noch in Haltung, Rede, Ton, Geberde den Stolz dei¬
ner Erinnerungen. Und doch werden sie laufen, diese stolzen Römer,
und neugierig in den sechsspännigen Reisewagen schauen, der bald
deinen furchtbarsten Widersacher, den Koloß des eisigen Nordens, den
Gewaltigen der in jeder Hinsicht dein Antipode ist, gastlich in deine
Mauern führt. Man wird ihn gut empfangen, Se. Heiligkeit wird
lächeln, mit Bitterkeit im Herzen, man wird dem Czaren alle Ehre
erzeigen; wer weiß, ob nicht der stolze Thron Samt Peters auf dem
Vaticane selbst sich mit seinen tausend Lichterperlen wie eine Braut schmük-
ken wird zu Ehren des Mannes, der Sanct Peter Perl auf Perl
aus seiner Krone bricht. „Unter Catharine," heißt es in dem Schrift¬
chen, „5,000,000 >lo I^olor-iis etc. etc." — es ist Ihnen wol be¬
kannt geworden — „sollen 3,160,000 Unirte gezwungen worden sein,
der griechischen Kirche beizutreten. Paul sandte Missionen unter mi-
litairischer Begleitung von Dorf zu Dorf, um den Katholicismus zu
vertreiben, die Kirchen umzuweihen, Popen an die Stelle widerspen¬
stiger Pfarrer zu setzen. Die Ortsbehörden mußten die Einwohner
versammeln, um sie aufzufordern, die — „Religion ihrer Väter" wie¬
der anzunehmen; wenn die Leute nicht wollten, wurde mit Knute und
Dvbys (dem an den Füßen schleppenden Holzklötze) nachgeholfen. Alexan¬
der ernannte nach Willkür Metropolitanen in den ruthenischen Pro¬
vinzen, verhinderte die Communication mit Rom, verlegte bischöfliche
Sitze u. s. f. Aber das alles ist nichts gegen die varosrie non^»Je
«In «lespote piu se prüde, »occ une ironie blas^tiemittlice, it'itvvir
I» Mission «le lletiuirv le ?,»1onismv et le Vuminus-Vobiscum."
Das muß man nun alles hinunterschlucken und den freundlichen
Wirth machen.
Ja wohl — sie sind zu klein für Rom, jene Bewegungen, die
nur im Volke vor sich gehen. Mit den Herrschern hat man es zu
thun, mit ihnen allein. Sind es doch schon Jahrhunderte, daß die
Kirche eine diplomatische Anstalt ist. War es doch schon im 16.
Jahrhunderte nichts Unerhörtes, daß man Päpste im geheimen Bunde
mit den Interessen der Protestanten gegen katholische Häupter, Päpste
verbündet sogar mit dem Erbfeinde des Glaubens, mit dem Türken
sah. Wenn die Monarchen auftreten und handeln, dann — spricht
Rom; dann, nachdem es sich seinen Mann besehen, eifert es oder
giebt schöne gute Worte, je nachdem. Warum hatte es nicht eisern
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