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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

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(letztere natürlich ohne Oeffentlichkeit) und um anderer solcher Wich¬
tigkeiten willen hier so sehr gewohnt. Nachher siel mir ein, daß ge¬
heimes Konsistorium gewesen sein mußte; eines, von welchem man
sich im Voraus eine donnernde Allocution gegen Deutschland verspro¬
chen hatte, wenigstens in untergeordneten Kreisen; indessen war mir die
Sache gleich von Anfang nicht sehr wahrscheinlich vorgekommen. Ich
war auf dem Wege zu einem gewissen Monsignore, der mir die Er-
laubniß zum Eintritt in das Museo Gregoriano für eine deutsche Fa¬
milie zu besorgen versprochen hatte. Ich war jetzt begierig, ob er
etwas von dem Consistorium wüßte und beeilte meinen Schritt. --
Nun, sagte ich nach der ersten Begrüßung, was Hat'S gegeben ? --
diente! antwortete er mit einer gleichgültigen Kopfbewegung; der hei¬
lige Vater hat dem AltKri den Mund geöffnet und ein Dutzend Erz-
bischöfe und Bischöfe ernannt, da in Lissabon, Neapel, Ungarn, Frank¬
reich, Böhmen, was weiß ich, Antiochien, auf dem grünen Vorge¬
birge ... -- Er wollte mich Roms Allgegenwart sehen lassen, und die
Gleichgültigkeit, mit welcher er dieses Lissabon, Antiochien u. s. w.
nannte, sollte dem Glänze der Sache nur desto mehr Relief geben.
-- Was das Oeffnen des Mundes betrifft, so ist dies eine Ceremonie,
welche bei der Einführung neuer Cardinäle in den Staatsrath des
Papstes stattfindet. Der Papst veranstaltet ein geheimes Consistorio,
bei welchem der neue Cardinal erscheint. Der Papst erhebt sich und
spricht die Worte (versteht sich, lateinisch): "Wir schließen Dir den
Mund, daß Du weder in Consistorien, noch in Congregationen oder
andern Caroinalsfunctionen Deine Meinung sagen kannst." Kaum
sind diese Worte gesprochen, so hat der neue Cardinal den Saal zu
verlassen. Der Papst wendet sich an die übrigen Cardinäle und fragt,
ob man dem Hinausgegangenen wohl den Mund öffnen solle. Na¬
türlich sagt Niemand Nein. Der Neue tritt wieder herein und Se.
Heiligkeit spricht: "Wir öffnen Dir den Mund, daß Du in Consi¬
storien u. s. w. Deine Meinung sagen kannst. Im Namen des
Vaters u. s. f." Hiermit hat der neue Cardinal nicht nur Sitz im
Caroinalscollegio, sondern auch Stimme. Er kniet nach dieser Cere¬
monie vor dem heiligen Vater nieder, empfangt Ring und den soge¬
nannten Titel und was noch sonst bräuchlich. Es ist wahr, daß der¬
gleichen Ceremonien sich im Jahrhundert der Eisenbahnen seltsam aus¬
nehmen; aber wir sind hier in Rom; und in Berlin müssen ja doch,
wie ich im (^i"ri'"z lie^Il Keneclii neulich in der "Allgemeinen" las,
bei Feierlichkeiten die Herren Professoren jetzt auch wieder ^i>>">>o und
ti,reell, anlegen, kroß unsern Cardinälen. Da könnte man wohl auch
leicht wieder es zu einem Onclmlimus ni>i bringen; -- ja so! das
"Wir verschließen Dir den Mund" braucht freilich bei mir daheim
nicht erst eingeführt zu werden.

Nun also, -- monte! sagte mein Monsignore, und prunkte mit


(letztere natürlich ohne Oeffentlichkeit) und um anderer solcher Wich¬
tigkeiten willen hier so sehr gewohnt. Nachher siel mir ein, daß ge¬
heimes Konsistorium gewesen sein mußte; eines, von welchem man
sich im Voraus eine donnernde Allocution gegen Deutschland verspro¬
chen hatte, wenigstens in untergeordneten Kreisen; indessen war mir die
Sache gleich von Anfang nicht sehr wahrscheinlich vorgekommen. Ich
war auf dem Wege zu einem gewissen Monsignore, der mir die Er-
laubniß zum Eintritt in das Museo Gregoriano für eine deutsche Fa¬
milie zu besorgen versprochen hatte. Ich war jetzt begierig, ob er
etwas von dem Consistorium wüßte und beeilte meinen Schritt. —
Nun, sagte ich nach der ersten Begrüßung, was Hat'S gegeben ? —
diente! antwortete er mit einer gleichgültigen Kopfbewegung; der hei¬
lige Vater hat dem AltKri den Mund geöffnet und ein Dutzend Erz-
bischöfe und Bischöfe ernannt, da in Lissabon, Neapel, Ungarn, Frank¬
reich, Böhmen, was weiß ich, Antiochien, auf dem grünen Vorge¬
birge ... — Er wollte mich Roms Allgegenwart sehen lassen, und die
Gleichgültigkeit, mit welcher er dieses Lissabon, Antiochien u. s. w.
nannte, sollte dem Glänze der Sache nur desto mehr Relief geben.
— Was das Oeffnen des Mundes betrifft, so ist dies eine Ceremonie,
welche bei der Einführung neuer Cardinäle in den Staatsrath des
Papstes stattfindet. Der Papst veranstaltet ein geheimes Consistorio,
bei welchem der neue Cardinal erscheint. Der Papst erhebt sich und
spricht die Worte (versteht sich, lateinisch): „Wir schließen Dir den
Mund, daß Du weder in Consistorien, noch in Congregationen oder
andern Caroinalsfunctionen Deine Meinung sagen kannst." Kaum
sind diese Worte gesprochen, so hat der neue Cardinal den Saal zu
verlassen. Der Papst wendet sich an die übrigen Cardinäle und fragt,
ob man dem Hinausgegangenen wohl den Mund öffnen solle. Na¬
türlich sagt Niemand Nein. Der Neue tritt wieder herein und Se.
Heiligkeit spricht: „Wir öffnen Dir den Mund, daß Du in Consi¬
storien u. s. w. Deine Meinung sagen kannst. Im Namen des
Vaters u. s. f." Hiermit hat der neue Cardinal nicht nur Sitz im
Caroinalscollegio, sondern auch Stimme. Er kniet nach dieser Cere¬
monie vor dem heiligen Vater nieder, empfangt Ring und den soge¬
nannten Titel und was noch sonst bräuchlich. Es ist wahr, daß der¬
gleichen Ceremonien sich im Jahrhundert der Eisenbahnen seltsam aus¬
nehmen; aber wir sind hier in Rom; und in Berlin müssen ja doch,
wie ich im (^i»ri'«z lie^Il Keneclii neulich in der „Allgemeinen" las,
bei Feierlichkeiten die Herren Professoren jetzt auch wieder ^i>>»>>o und
ti,reell, anlegen, kroß unsern Cardinälen. Da könnte man wohl auch
leicht wieder es zu einem Onclmlimus ni>i bringen; — ja so! das
„Wir verschließen Dir den Mund" braucht freilich bei mir daheim
nicht erst eingeführt zu werden.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/469>, abgerufen am 05.02.2025.