Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.flochtenen Körbchen an den Wagen, und ließen uns Körbchen und Grcnzbvtc", I8is. IV. 5
flochtenen Körbchen an den Wagen, und ließen uns Körbchen und Grcnzbvtc», I8is. IV. 5
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flochtenen Körbchen an den Wagen, und ließen uns Körbchen und
Inhalt für ein Billiges ab, und der Conducteur war auch ein christ¬
lich gesinnter Mann, der uns aus kurzer Wirthshausrast nicht gleich
durch ein Donnerwort aufschreckte, ja selbst als vor Butlar das eine
Wagenrad Anstalt machte in Brand zu gerathen, die dadurch ver¬
säumte Zeit nicht auf unsere Kosten einzuholen suchte. Kurz, so oft
ich mich auch schon im Leben dem Fürsten von Thurn und Tarif in
die Arme geworfen habe, nie habe ich mich so gut bei ihm befun¬
den, alö in dem neu eingerichteten, zwar theuern, aber sehr bequemen
Eilwagen, der diesen Namen mit Recht verdient. Zufällig traf eS
sich noch, daß wir vier Reisegefährten ungestört zusammenblieben und
Nahr-, Wehr- und Lehrstand vollständig repräsentirten; ein hoher
Beamter nämlich aus Düsseldorf, ein alter polnischer Obrist, jetzt
Gutsbesitzer in der Nähe von Posen, ein sehr gebildeter Frankfurter
Kaufmann und ich. Unbedingt der Jnteressanteste von Allen war der
Obrist, einst lange in Spanien wie in Nußland Ordonnanzoffizier
Napoleons; ein Greis von jugendlichem Feuer und kindlicher Lie¬
benswürdigkeit, und wie mir später in Bonn sein ausgezeichneter
Landsmann Gras V. erzählte, einer der tapfersten Männer, die er je
kennen gelernt. Er wollte seinen in Bonn studirenden Sohn besu¬
chen und war nicht wenig erfreut, zu hören, daß sein Aufenthalt
gerade in die Zeit des Festes falle. — Natürlich wandte sich daS
Gespräch im Wagen bald auf Napoleon, zu dem es nach kurzen
Unterbrechungen immer wieder zurückkehrte, und wir Anderen schöpften
hier begierig aus der reinen Quelle. So habe ich den Rückzug und
das Elend an der Beresina nie schildern hören, selbst Segur erbleicht
dagegen. Merkwürdig waren mir jedoch besonders zwei Momente,
die den Obristen persönlich betrafen, jedoch in eine andere Zeit fallen.
Als Ordonnanzoffizier hatte er Napoleon, nach einem sehr blutigen
und heißen Tage Bericht zu erstatten, fiel vor Ermüdung und Er¬
schöpfung fast um, wollte, da der Rapport lange dauerte, sich, um
sich aufrecht zu halten, an den Thürpfosten lehnen und wankte dabei,
da dieser nicht so dicht hinter ihm war, wie er glaubte. Napoleon
sah das, erkundigte sich anfangs barsch nach der Ursache, holte ihm
dann, als er diese erfahren, selbst einen Stuhl, ließ ihn sitzend den
Rapport abstatten und blieb während der ganzen Zeit vor ihm stehn.
Dann befahl er Einem aus seiner Umgebung für den, damals noch
Grcnzbvtc», I8is. IV. 5
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