Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.vertrat, that wieder bei jeder Gelegenheit, was in seinen Kräften Der Landtag hatte eine ungewöhnlich lange Dauer, vom 11. Im Mai hatte Herr von Hassenpflug das Ministerium deS vertrat, that wieder bei jeder Gelegenheit, was in seinen Kräften Der Landtag hatte eine ungewöhnlich lange Dauer, vom 11. Im Mai hatte Herr von Hassenpflug das Ministerium deS <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0402" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271663"/> <p xml:id="ID_1079" prev="#ID_1078"> vertrat, that wieder bei jeder Gelegenheit, was in seinen Kräften<lb/> stand, um die Gemüther zu beschwichtigen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1080"> Der Landtag hatte eine ungewöhnlich lange Dauer, vom 11.<lb/> April 1831 bis in den Juli 1832 hinein und würde noch länger<lb/> gewährt haben, wenn er nicht am 2V. des zuletzt genannten Mo¬<lb/> nats von der Regierung aufgelöst worden wäre. An allen Ver¬<lb/> handlungen, welche Lebensfragen der Verfassung betrafen, nahm<lb/> Jordan den thätigsten Antheil, aber nicht immer gelang es ihm,<lb/> den Widerstand der Gegenpartei und mehr noch die Aengstlichkeit<lb/> und Trägheit seiner Mitkämpfer zu überwinden. So war z. B. am<lb/> 17. April der Antrag auf „Oeffentlichkeit und Mündlichkeit des Ge¬<lb/> richtsverfahrens über Preßvergehen" nicht durchzusetzen. Ein wahrer<lb/> Sturm brach bei dieser Verhandlung über Jordan los. Am folgen¬<lb/> den Tage wurde ihm von Casseler Bürgern eine Adresse überreicht,<lb/> worin sie sagten, sie seien mit Schmerz dem Gange der ständischen<lb/> Verhandlungen über die freie Presse gefolgt und das Ergebniß der¬<lb/> selben hielten sie für etwas, das allerdings eine Unmöglichkeit ge¬<lb/> wesen wäre, wenn nicht — „Warschau gefallen, die deutsche Bun¬<lb/> desversammlung mit einem Quasipreßgesetz beschäftigt und die Re¬<lb/> action auch in Hessen von kühnen Hoffnungen berauscht und hin¬<lb/> gerissen wäre." Am meisten habe sie geschmerzt ,,der fast allgemeine<lb/> Sturm gegen eine königliche Eiche, welche von den Gebirgen Ty-<lb/> rols in das geliebte Hessen verpflanzt, in so kurzer Zeit ihre Wur¬<lb/> zeln in dem neuen Boden verbreitete, daß es schiene, sie sei eben<lb/> hier entsprossen und aufgewachsen."</p><lb/> <p xml:id="ID_1081" next="#ID_1082"> Im Mai hatte Herr von Hassenpflug das Ministerium deS<lb/> Innern übernommen, welches seit dem Februar vacant gewesen war.<lb/> Die gewaltsame Unterdrückung der liberalen Presse war die erste<lb/> That dieses energischen Mannes, der mit eiserner Willenskraft und<lb/> mit großer Rücksichtslosigkeit hinsichtS der Wahl seiner Mittel für<lb/> den Sieg der unbedingten Herrschergewalt kämpfte. Die Censur<lb/> wurde aufs äußerste geschärft, Redactoren wurden verdrängt, Mit¬<lb/> arbeiter verfolgt, besonders wenn sie Staatsdiener waren. Auch<lb/> eine neue Besetzung des OberappellationsgerichtS ließ sich Has¬<lb/> senpflug angelegen sein. Zwei neue Oberappellationsräthe wurden<lb/> sogleich ernannt, ohne daß man, wie es bis dahin üblich gewesen<lb/> das Oberappellationsgcricht selbst dabei zu Rathe gezogen hätte.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0402]
vertrat, that wieder bei jeder Gelegenheit, was in seinen Kräften
stand, um die Gemüther zu beschwichtigen.
Der Landtag hatte eine ungewöhnlich lange Dauer, vom 11.
April 1831 bis in den Juli 1832 hinein und würde noch länger
gewährt haben, wenn er nicht am 2V. des zuletzt genannten Mo¬
nats von der Regierung aufgelöst worden wäre. An allen Ver¬
handlungen, welche Lebensfragen der Verfassung betrafen, nahm
Jordan den thätigsten Antheil, aber nicht immer gelang es ihm,
den Widerstand der Gegenpartei und mehr noch die Aengstlichkeit
und Trägheit seiner Mitkämpfer zu überwinden. So war z. B. am
17. April der Antrag auf „Oeffentlichkeit und Mündlichkeit des Ge¬
richtsverfahrens über Preßvergehen" nicht durchzusetzen. Ein wahrer
Sturm brach bei dieser Verhandlung über Jordan los. Am folgen¬
den Tage wurde ihm von Casseler Bürgern eine Adresse überreicht,
worin sie sagten, sie seien mit Schmerz dem Gange der ständischen
Verhandlungen über die freie Presse gefolgt und das Ergebniß der¬
selben hielten sie für etwas, das allerdings eine Unmöglichkeit ge¬
wesen wäre, wenn nicht — „Warschau gefallen, die deutsche Bun¬
desversammlung mit einem Quasipreßgesetz beschäftigt und die Re¬
action auch in Hessen von kühnen Hoffnungen berauscht und hin¬
gerissen wäre." Am meisten habe sie geschmerzt ,,der fast allgemeine
Sturm gegen eine königliche Eiche, welche von den Gebirgen Ty-
rols in das geliebte Hessen verpflanzt, in so kurzer Zeit ihre Wur¬
zeln in dem neuen Boden verbreitete, daß es schiene, sie sei eben
hier entsprossen und aufgewachsen."
Im Mai hatte Herr von Hassenpflug das Ministerium deS
Innern übernommen, welches seit dem Februar vacant gewesen war.
Die gewaltsame Unterdrückung der liberalen Presse war die erste
That dieses energischen Mannes, der mit eiserner Willenskraft und
mit großer Rücksichtslosigkeit hinsichtS der Wahl seiner Mittel für
den Sieg der unbedingten Herrschergewalt kämpfte. Die Censur
wurde aufs äußerste geschärft, Redactoren wurden verdrängt, Mit¬
arbeiter verfolgt, besonders wenn sie Staatsdiener waren. Auch
eine neue Besetzung des OberappellationsgerichtS ließ sich Has¬
senpflug angelegen sein. Zwei neue Oberappellationsräthe wurden
sogleich ernannt, ohne daß man, wie es bis dahin üblich gewesen
das Oberappellationsgcricht selbst dabei zu Rathe gezogen hätte.
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