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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

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lagsverein hat bis dahin noch nichts von sich hören lassen, und wenn
er in der bisher befolgten Weise zu wirken fortfährt, so wird Cöln
wahrlich durch ihn keine größere Bedeutung als Verlagsort erhalten.

Als neue zu erwartende belletristische Erscheinung führen wir
das von dem Buchhändler L. Kohner angekündigte "Rheinische Jahr¬
buch" an, welches früher bei Dumont-Tchauberg erschien, und jetzt
von dem als Redacteur des Feuilletons der (kölnischen Zeitung hier
lebenden Levin Schücking herausgegeben werden soll; die Ausstattung
soll der Ankündigung nach sehr prachtvoll werden, und ist auch der
Preis auf 4 und 5 Thaler gestellt. Aber der Speculationsgeist des
Herrn Kohner macht es sich mit der Ausstattung leicht; er gibt als
Beischau zwölf Holzschnitte, welche als Illustration eines Romans
des Antwerpener Schriftstellers Felix Bogaerts "Lord Stratford" im
Jahre 184L von N. de Keyser gezeichnet und von Brown in Ant¬
werpen geschnitten wurden. Der Roman erschien 1843 bei Alex. Ja-
mar 6i! (5H. Hen in Brüssel, gedruckt bei Buschmann in Antwerpen.
Der Verleger oder Drucker hat ein gutes, unerwartetes Geschäft ge¬
macht, und De Keyser gewiß nie im Schlafe daran gedacht, daß seine
Zeichnungen noch einmal zur Ausstattung eines Rheinischen Jahr¬
buches dienen würden.

Professor Maßmann war verwichenen Sommer längere Zeit
hier, um in Verbindung mit den betreffenden Behörden die nöthigen
Vorbereitungen zur Einführung des Turnens an den hiesigen höhern
Lehr-Anstalten zu treffen. Bis jetzt ist aber noch kein passender
Turnplatz ermittelt und auch kein durchgebildeter praktischer Turnleh¬
rer angestellt. Was bisher an den Gymnasien geschah -- an der
Realschule ist noch nichts dafür gethan -- konnte der so wichtigen
Sache des Turnens nicht zweckförderlich sein, war nur halbes Werk.
Wir wollen aber hoffen, daß die Sache bald mit größerm Ernste be¬
trieben wird -- es thut unserer Jugend wirklich Noth. -- Alle An¬
erkennung verdienen die Bemühungen des bestehenden Turnvereins
für Erwachsene, der über hundert Mitglieder zählt, und zwar Medi¬
ciner, Juristen und angehende Kaufleute, welche sich an drei Abenden
der Woche versammeln und es in ihren ganz systematisch geleiteten
Uebungen schon weit gebracht haben. Um den Sinn für das Turnen
im Allgemeinen zu wecken, veranstaltet der Verein zuweilen öffentli¬
ches Schau-Turnen, welches stets viele Zuschauer anzieht und dem
Vereine immer mehr Freunde gewinnt. Man sieht daraus, daß recht
lebendiger Sinn für die Sache vorhanden; möchte sich nun auch die
Behörde, in Bezug auf die Schulanstalten, derselben nur mit mehr
Nachdruck annehmen und die bei den ersten Anlagen und Einrichtun¬
gen durchaus unvermeidlichen Kosten nicht scheuen. Bei unserem
Militair ist das Turnen schon eingeführt. Daß aber die dabei be¬
folgte Weise die rechte, dem eigentlichen Zwecke der Leibesübungen


lagsverein hat bis dahin noch nichts von sich hören lassen, und wenn
er in der bisher befolgten Weise zu wirken fortfährt, so wird Cöln
wahrlich durch ihn keine größere Bedeutung als Verlagsort erhalten.

Als neue zu erwartende belletristische Erscheinung führen wir
das von dem Buchhändler L. Kohner angekündigte „Rheinische Jahr¬
buch" an, welches früher bei Dumont-Tchauberg erschien, und jetzt
von dem als Redacteur des Feuilletons der (kölnischen Zeitung hier
lebenden Levin Schücking herausgegeben werden soll; die Ausstattung
soll der Ankündigung nach sehr prachtvoll werden, und ist auch der
Preis auf 4 und 5 Thaler gestellt. Aber der Speculationsgeist des
Herrn Kohner macht es sich mit der Ausstattung leicht; er gibt als
Beischau zwölf Holzschnitte, welche als Illustration eines Romans
des Antwerpener Schriftstellers Felix Bogaerts „Lord Stratford" im
Jahre 184L von N. de Keyser gezeichnet und von Brown in Ant¬
werpen geschnitten wurden. Der Roman erschien 1843 bei Alex. Ja-
mar 6i! (5H. Hen in Brüssel, gedruckt bei Buschmann in Antwerpen.
Der Verleger oder Drucker hat ein gutes, unerwartetes Geschäft ge¬
macht, und De Keyser gewiß nie im Schlafe daran gedacht, daß seine
Zeichnungen noch einmal zur Ausstattung eines Rheinischen Jahr¬
buches dienen würden.

Professor Maßmann war verwichenen Sommer längere Zeit
hier, um in Verbindung mit den betreffenden Behörden die nöthigen
Vorbereitungen zur Einführung des Turnens an den hiesigen höhern
Lehr-Anstalten zu treffen. Bis jetzt ist aber noch kein passender
Turnplatz ermittelt und auch kein durchgebildeter praktischer Turnleh¬
rer angestellt. Was bisher an den Gymnasien geschah — an der
Realschule ist noch nichts dafür gethan — konnte der so wichtigen
Sache des Turnens nicht zweckförderlich sein, war nur halbes Werk.
Wir wollen aber hoffen, daß die Sache bald mit größerm Ernste be¬
trieben wird — es thut unserer Jugend wirklich Noth. — Alle An¬
erkennung verdienen die Bemühungen des bestehenden Turnvereins
für Erwachsene, der über hundert Mitglieder zählt, und zwar Medi¬
ciner, Juristen und angehende Kaufleute, welche sich an drei Abenden
der Woche versammeln und es in ihren ganz systematisch geleiteten
Uebungen schon weit gebracht haben. Um den Sinn für das Turnen
im Allgemeinen zu wecken, veranstaltet der Verein zuweilen öffentli¬
ches Schau-Turnen, welches stets viele Zuschauer anzieht und dem
Vereine immer mehr Freunde gewinnt. Man sieht daraus, daß recht
lebendiger Sinn für die Sache vorhanden; möchte sich nun auch die
Behörde, in Bezug auf die Schulanstalten, derselben nur mit mehr
Nachdruck annehmen und die bei den ersten Anlagen und Einrichtun¬
gen durchaus unvermeidlichen Kosten nicht scheuen. Bei unserem
Militair ist das Turnen schon eingeführt. Daß aber die dabei be¬
folgte Weise die rechte, dem eigentlichen Zwecke der Leibesübungen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/381>, abgerufen am 05.02.2025.